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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Rosenkranz. Auf dem Tisch lag eine schwarze Gugel, die offenbar ihm gehörte.
    »Gern komme ich Eurer Aufforderung nach, verehrter Herr Baumeister.« Die Hand auf die Brust gelegt, verbeugte er sich wie vor einem hohen Herrn. »Mein Name ist Strack, und ich bin Stellmachermeister. Mein Vater und mein Vatersvater sowie dessen Ahnen haben ihr Handwerk in Konitz ausgeübt. Doch Ihr wisst alle, was sich vor fast genau einem Jahr in meiner Heimatstadt zugetragen hat. Die Ordensritter unter Bernhard von Zinnenberg sind dort gegen die polnischen Truppen unter dem ehrwürdigen König Kasimir  IV . höchstselbst zu Felde gezogen. Die Polen haben als Verbündete der preußischen Städte zum Schwert gegriffen. Leider sind sie zwar mutig, aber nicht sonderlich erfolgreich gewesen, denn die Kreuzherren haben sich der Dienste der unerschrockenen Söldner aus Böhmen, Mähren und Schlesien bedient. Damals habe ich alles verloren: meine ganze Familie sowie unsere Werkstatt und unseren Besitz. Gewiss hätte ich bleiben und in Konitz noch einmal von vorn beginnen können, wie es viele meiner Mitbürger getan haben. Doch ich konnte das Leben dort nicht mehr ertragen. Aus jedem Stock, jedem Stein sah mir das Gesicht eines meiner grausam getöteten Kinder, meiner mehrfach geschändeten Frau oder meiner niedergemeuchelten Verwandten entgegen. Seither wandere ich durch die Lande, stets auf der Suche nach einem Ort, an dem man einen tüchtigen Stellmacher wie mich braucht.«
    Kaum waren seine Worte verklungen, wischte sich Agnes beschämt die Augenwinkel. Auch die Männer wirkten betroffen von dem traurigen Schicksal ihres Spielkumpans. Laurenz fasste sich als Erster, ihn ihrer aller Unterstützung zu versichern. »Ich danke Euch für Eure Offenheit, lieber Strack. Lasst uns einen Krug Bier miteinander trinken und einen Imbiss einnehmen. Wenn Ihr wollt, setze ich Euch eine Empfehlung auf, mit der Ihr zur Marienburg reisen könnt. Ein tüchtiger Stellmacher wird dort immer gebraucht. Auch meinen beiden Kunstdienern werde ich Eure Dienste ankündigen.«
    »Das ist zu gütig von Euch.« Strack war überrumpelt.
    »Bier und einen Imbiss für alle, das ist eine hervorragende Idee!«, griff der Wirt händereibend Laurenz’ ersten Vorschlag auf. »Wer gemeinsam isst und trinkt, wird nicht so leicht die Fäuste gegeneinander heben.«
    Gleich machte er Anstalten, die beiden Tische zusammenzuschieben, wischte emsig mit dem Leinentuch, das an seiner Schürze gesteckt hatte, darüber und eilte zum Herd. Laurenz, Strack und die anderen Männer steckten die Köpfe zusammen, um das weitere Vorgehen zu bereden. Agnes beobachtete, wie der Wirt mit einer jungen Magd und der Krügerin Brot, Käse, Schinken sowie einige Kannen Bier richteten. Wie in einer kleinen Prozession kehrten die drei mit den Köstlichkeiten zu den Gästen zurück. Froh, etwas tun zu können, half Agnes ihnen beim Auftischen. Hungrig fielen Rottinger und seine Gefährten darüber her, Strack und Laurenz dagegen hielten sich zurück.
    »Selege, Ihr seid schon da!« Laut polterte ein großgewachsener Mann zur Tür herein. Überrascht fuhren alle herum. »Warum gibt mir keiner Bescheid? Auf, auf! Wir müssen uns sputen, wollen wir bis Anbruch der Dunkelheit den Löbenicht erreichen.«
    »Ihr habt recht, Meister Friedrich. Lasst uns aufbrechen! Viel zu lange sitzen wir schon hier. Packt uns von dem Brot und dem Schinken ein, lieber Wirt, und denkt an eine Kanne Bier.«
    Laurenz sprang von der Bank und griff nach seinem Barett. Kaum hatte er es sich aufs Haupt gesetzt, zählte er dem Wirt einige Münzen auf den Tisch.
    »Wenn Ihr schon beim Zahlen seid, dann vergesst auch mich nicht, lieber Werkmeister.« Flink streckte der halbkahle Tischler Rottinger seine Hand aus. »Euer lieber Kunstdiener Wollrode schuldet mir noch seinen Einsatz von gestern Abend. Als guter Meister solltet Ihr für ihn zahlen. In Zeiten wie diesen kann niemand sagen, wann er wieder in der Gegend ist. Außerdem wollt Ihr wohl kaum, dass es heißt, Ihr beschäftigt Gesellen, die anderen Geld schuldig sind.«
    Laurenz’ Antlitz verfinsterte sich. Schon kramte er von neuem nach dem Geldbeutel an seinem Gürtel. »Wie viel ist es dieses Mal?«
    »Zehn Schillinge«, erwiderte Rottinger. »Ihr solltet Eurem Gesellen einmal gründlich ins Gewissen reden, was seine Leidenschaft für das Würfeln anbetrifft. Das mag allerdings umso schwieriger werden, je mehr Ihr Euch selbst in Verruf bringt.« Frech schnippte er mit den

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