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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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breiten Teil der Griffe, winkelte die Ellbogen an und ging in ihre Aeroposition. Ihr Gehirn plapperte wild drauflos. Scheiße, Scheiße, Scheiße, ich verliere . Und dann: Schuhe, ich brauche neue Schuhe. Es sagte: Her name is Rio and she dances on the sand. Inzwischen schlug ihr Herz hundertvierzigmal in der Minute, und ihre Verdauung war abgeschaltet, um Energie zu sparen. Zorn verwandelte sich in Muskelbrennen. Aus dem Muskelbrennen erwuchs Geschwindigkeit. Ihr Gehirn sagte: Indium, Zinn, Antimon, Tellur. Ihr Gehirn sagte: Ich habe Dinge gesehen, die ihr niemals glauben würdet. Als sie in die zweite Steilkurve fuhr, fand sie Linie und Rhythmus, ihr Herz schlug schon hundertfünfzigmal, ihr Verstand war wie betäubt, der Rand ihres Blickfelds verschwamm. Ihr Körper kappte die Blutversorgung aller Systeme, die nicht lebensnotwendig waren. Ihr Herzschlag lag bei hundertsiebzig. Ein unfreiwilliges Stöhnen drang aus ihrem Körper. Nach sechs Runden schlug ihr Herz hundertneunzigmal in der Minute. Sie konnte nicht mehr denken, wusste ihren Namen nicht mehr, war fast blind. Dann passierte etwas Überraschendes.
    Allmählich kam ein großer Friede über sie. Jedes Joule ihres bitteren Zorns hatte sich in Tempo verwandelt. Sie war leer. Verspürte keinen Schmerz. Die Luft pfiff an ihren Ohren vorbei. Sie horchte eindringlich. Hörte nur die lautlose Musik. Es war das Geräusch des Universums, das ihr Gnade erwies. Endlich war sie niemand.
    Um diese Augenblicke ging es.
    Dann aber lief etwas schief. Irgendwann, zuerst als Flüstern und dann immer lauter, hörte sie Jacks Räder hinter sich, hörte seinen abgehackten Atem. Noch acht Runden, und er holte sie schon ein. Sie arbeitete an der oberen Grenze, genau wie er. Er war einfach nur schneller. Das ließ sich nicht ändern.
    Von einem anderen Menschen gejagt zu werden, ist eine sehr intime Erfahrung. Sie war noch nie eingeholt worden. Sie hörte jedes Keuchen aus Jacks Lungen. Sie hörte den kleinen Sprung in seinem Atem, wann immer er den Höhepunkt des Antritts erreichte. Sie hörte, wie die Luft um ihn herum zischte und die Tonlage änderte, als er noch enger mit dem Rahmen verschmolz. Ihr Gesichtsfeld war nur noch ein hellgrüner Tunnel, gesäumt von tiefem Schwarz, so als fahre sie im Licht eines farbigen Scheinwerfers. Hinter dem dahinrasenden Rand der Dunkelheit gab es nur noch ihren und Jacks Atem, der näher kam. Irgendwo dort draußen skandierten andere menschliche Wesen seinen Namen. Die Dunkelheit füllte sich mit Halluzinationen. Sie sah die Stämme hoher Buchen vorbeisausen. Sie sah einen grün gesprenkelten Schatten und eine asphaltierte Straße, die eine Linkskurve beschrieb. Sie hörte ein Kind über das Zischen der Luft hinweg kichern und trat fester, hoffte, ihr Herz möge bersten, damit sie es nicht mehr hören musste.
    Und dann sagte Jack etwas zu ihr. Er musste nicht schreien, weil er so nah hinter ihr war. Er sagte: »Tut mir leid, Zoe.«
    Es tat ihm leid. Sie wusste, dass dies die einzige Art von Entschuldigung war, die etwas bedeutete. Ihre Herzen schlugen zweihundert Mal pro Minute, und während der Friede der Erschöpfung über sie kam, begriff sie, welche Anstrengung in diesen Worten lag. Welche Mühe sie ihn gekostet haben mussten.
    Sie hätte es einfach akzeptieren können. Sie hätte langsamer treten, die Beine noch ein paar Runden rotieren lassen und einfach aufhören können. Das wollte sie auch. Doch irgendein dummer Zorn, der sich in vielen Jahren eingebrannt und die Kontrolle über ihre Gliedmaßen übernommen hatte, trieb sie bis an die Grenze des Blackouts. Sie gab alles. Verlor allmählich das Bewusstsein. Ihr Rad ruckte und wackelte.
    Dann ein Knall.
    Zuerst wusste sie nicht, ob er von ihr oder Jack gekommen war.
    Vor ihren Augen wurde es wieder hell. Die Farben kehrten zurück. Sie saß immer noch aufrecht und fuhr.
    Als Tom ihr später erklärte, was geschehen war, sagte er, noch nie habe er jemanden so hart gegen die innere Bande prallen sehen. Anscheinend hatte Jack ihr Hinterrad gestreift. Die Sanitäter gaben ihm noch auf der Bahn eine Betäubungsspritze. Dann schnallten sie ihn auf eine Tragbahre, um ihn wegzubringen.
    Später fragte man Zoe, weshalb sie weitergefahren sei. Sie erwiderte, sie habe wohl unter Schock gestanden. In Wahrheit wollte sie nicht, dass jemand ihr Gesicht sah. Sie wollte den Helm anbehalten, weil das Visier ihre Augen verbarg und sie beim Fahren erst wieder zu sich finden musste. Am liebsten wäre

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