Gold
schiefgelaufen. Es stank heiß und metallisch nach Blut, die Hebamme war aufgeregt und sprach kein Wort. Sie konzentrierte sich ganz auf das, was am anderen Ende des Kreißsaals vor sich ging, wo Ärzte und Krankenschwestern sich um einen Tisch drängten und ihm die Sicht versperrten.
Zoe lag flach auf dem Rücken, völlig erschöpft. »Ist es in Ordnung?«, fragte sie im Flüsterton.
Tom drückte ihre Hand und kämpfte mit der Übelkeit. »Ja, alles bestens.«
Eine Krankenschwester griff nach dem Ding, das soeben aus Zoe herausgekommen war. Tom sah zu, wie sie die nachgiebige Masse in eine große Schale aus Edelstahl legte, mit einem grünen Tuch abdeckte und kommentarlos ins mittlere Fach des Rollwagens neben dem Kreißbett stellte. Natürlich, dachte er, so etwas kam hier ab und zu vor. Es war nur natürlich, unsentimental damit umzugehen.
Das war’s dann, dachte er. Das Ding war nicht lebensfähig.
Er konnte den Gedanken an die furchtbare Missgestalt nicht verdrängen. War nur dankbar, dass Zoe es nicht hatte sehen müssen.
Er kniete sich wieder neben sie. »Hör mal, Schätzchen«, sagte er. »Ich will ehrlich sein. Es war wunderschön, aber tot geboren.«
Sie schaute ihn an, und er sah die Erleichterung in ihren Augen.
Wenige Minuten später brachten die Ärzte herüber, womit sie sich beschäftigt hatten. Es war eine durchsichtige Acrylbox, umgeben von Monitoren, von Schläuchen durchbohrt. Darin lag ein winziges Frühgeborenes, viel kleiner als das scheußliche Ding, das in der Schale gelandet und entsorgt worden war. Das Neugeborene war fast gänzlich unter Beatmungs-und Transfusionsschläuchen, einem Mützchen und einer Decke verborgen. Tom fragte sich, weshalb sie Zoe das Baby einer anderen Frau zeigten. Vielleicht aus psychologischen Gründen. Vielleicht musste man ein ganz normales Kind sehen, wenn man gerade etwas so Monströses geboren hatte.
»Was ist das?«, erkundigte er sich.
Die Hebamme ignorierte ihn und lächelte Zoe an. »Das ist Ihre Tochter.«
Zoe erklärte ruhig und mit deutlicher Stimme, es sei schon in Ordnung – es sei nett von ihnen, aber sie brauche das Baby einer anderen Frau nicht zu sehen. Eine Totgeburt sei kein Weltuntergang.
Tom sah, wie verblüfft alle reagierten.
»Es sind nur noch neun Monate bis Athen«, erklärte Zoe. »Ich muss wieder trainieren.«
Die Ärzte berieten sich im Flüsterton und brachten das Baby eilig auf die Neugeborenen-Intensivstation.
Selbst als Tom begriff, was geschehen war, und Zoe darüber aufklärte, schien sie für das Wesen in dem Inkubator nichts zu empfinden. Die Ärzte sagten, ihre Tochter atme schon fast allein. Sie freuten sich – eine bessere Nachricht konnte es bei einer Geburt in der sechsundzwanzigsten Woche nicht geben. Sie stellten Zoes Bett neben den Inkubator und zeigten ihr, wie sie ihre Hände reinigen und durch die Lüftungsschlitze in den Kasten fassen konnte. Sie sollte das Baby berühren. Stattdessen schlief Zoe ein, völlig erschöpft.
Tom bestellte Jack und Kate ins Krankenhaus. Sie kamen sofort und standen Hand in Hand neben dem Bett. Sie betrachteten das Baby in dem Kasten. Kate seufzte, und Jack hielt sie ganz fest.
»Sie ist wunderschön«, sagte Kate.
»Ja«, stimmte Jack zu.
»Sie hat dein Gesicht in klein.«
Jack schwieg; er schaute nur seine Tochter an, während ihm die Tränen übers Gesicht liefen.
Kate blickte zu Tom. »Hat sie dir gesagt, dass es Jacks Baby ist?«
Er nickte.
Sie schaute auf Jacks Hände, die ihre hielten. »Was denkst du?«
Tom zuckte mit den Schultern. »Ich denke gar nichts. Ich bin nur hier, um zu helfen.«
Sie betrachteten die schlafende Zoe, die mit angezogenen Knien auf der Seite lag. Ihr schwarzes Haar war vom Schweiß feucht und strähnig. Sie versuchten, das Blut auf dem Bettlaken zu ignorieren.
Kate streichelte ihr übers Gesicht. Zoe rührte sich nicht.
Sie kniete sich neben das Bett. »Sieh dir das nur an, Jack«, sagte sie leise.
»Es tut mir so leid.«
Kate reagierte nicht. »Sie sieht so schwach aus. Zoe? Zoe? Oh Gott, wird sie wieder gesund?«
»Es ist alles in Ordnung. Die Ärzte sagen, sie wird eine Weile brauchen, aber du kennst doch Zoe. Die reißt die Bude ab, wenn sie nicht in ein paar Tagen nach Hause darf.«
Er sprach in leichtem Ton, doch Kate lächelte nicht.
»Ich hätte einfach mit ihr reden sollen. Wir haben seit Monaten nicht miteinander gesprochen. Ich kann nicht fassen, dass ich sie … mit alldem alleingelassen habe.«
Tom berührte
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