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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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könntest, und dich, Laura, würde ich gerne wirklich gut ausgestattet in die Gesellschaft einführen. Ich habe zwar ein kleines Guthaben für euch angelegt, das seine Zinsen trägt, aber es würde nur für recht geringe Ansprüche ausreichen.«
    »Hast du ihn denn lieb?«
    Laura, mit kühnem Hieb, hatte die wundeste aller Stellen getroffen.
    »Ich mag ihn sehr gerne.« Das war in etwa das Äquivalent zu »ziemlich nett« und »ganz in Ordnung«.
    »So gerne, wie du Papa hattest?«
    Den Dolchstoß versetzte mir mein Sohn.
    »Nein, anders, Philipp. Das kann man nicht vergleichen.«
    »Du musst ihn aber nicht heiraten, oder?«
    Ich seufzte. Nein, ich musste es nicht. Aber es kam noch etwas anderes dazu, und das mochte ich nicht vor meinen Kindern erörtern.
    Ich sehnte mich noch immer, nach meiner Krankheit sogar noch mehr, nach Zärtlichkeit. Die kleinen Tändeleien mit Marquardt oder Vetter Thomas waren nicht das, wonach mir der Sinn stand.
    »Nein, ich muss ihn nicht heiraten, aber ich würde es vielleicht gerne.«
    Wieder sahen meine beiden Kinder einander an. Na gut, hätten sie wirklich gravierende Einwände gehabt, hätten sie mich weit mehr in meiner Entscheidung beeinflusst. Es würde zwar Veränderungen bedeuten, aber sie würden nicht darunter leiden, wenn wir nach Mülheim zogen.

    »Ich verspreche euch eines, Philipp, Laura. Ich werde nichts überstürzen. So eine Heirat muss gut überlegt sein, und wir werden alle Fragen auch gemeinsam klären. Einverstanden?«
    »Ja, Mama.«
    Euphorisch klang es nicht.
     
    Inzwischen hatte ich den Zopf geflochten und mit einem guten Dutzend Haarnadeln zu einem Knoten im Nacken aufgesteckt. Einige Löckchen zupfte ich an den Schläfen heraus, damit die Frisur nicht zu streng wirkte. Dann warf ich das Kleid über. Darin hatte ich es inzwischen zu großem Geschick gebracht, denn durch die zahllosen Anproben wusste ich inzwischen, wie man das bewerkstelligte, ohne die Haare dabei zu zauseln. Es war ein ganz neues Tageskleid aus steifem Tarlatan, einem höchst modischen, halbtransparenten Baumwollstoff. Weiß mit schmalen rosaroten Längsstreifen, einem schwarzen Satinband am Saum und vielen Metern Chantilly-Spitzen als Abschluss. Auch das Dekolleté bedeckten diese Spitzen, und die sehr schmale Taille betonte eine breite, rosenrote Satinschleife. Als Laura mich zum ersten Mal darin gesehen hatte, verglich sie mich umgehend mit einem Zuckerbäckertörtchen. So falsch lag sie damit gar nicht, inspiriert zu dieser Kreation hatte mich tatsächlich eine Praliné-Schachtel, die mir Julia mitgebracht hatte, als sie mir einen Krankenbesuch abstattete.
    Eine Spitzen-Toque und ein rosa-weiß gestreifter Sonnenschirm – und fertig war der Leckerbissen. Mal sehen, wie Gernot Wever auf ein so appetitlich präsentiertes Praliné reagieren würde.
     
    Mit Anerkennung im Blick, wie ich kurz darauf registrierte. Das Wasser ließ ihm meine Erscheinung allerdings nicht im Munde zusammenlaufen, sehr förmlich beugte er sich über meine Hand und half mir dann in die offene Kutsche. Eine Spazierfahrt am Rhein, so lautete seine Einladung, mit einer Rast an einem Gartenlokal, wo wir Kaffee trinken wollten. Ich musste ihm zugute
halten, er fiel nicht mit der Tür ins Haus. Die Konversation über allerlei Tagesaktualitäten nahm mir die Nervosität, und als schließlich bei einem Erdbeertörtchen die Frage plötzlich im Raum stand, war ich in der Lage, gefasst zu antworten.
    »Ja, Gernot, ich habe Ihren ehrenvollen Antrag sehr gut erwogen.«
    »Aber Sie sind noch zu keinem abschließenden Urteil gekommen?«
    »Sagen wir so – es gibt da noch eine kleine Schwierigkeit.«
    Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Verantwortung hatte er gesagt, schätze er an mir. Und ehrlich sollte ich wohl zu ihm sein. Das bedeutete auch, über Drago zu sprechen.
    »Kann ich behilflich sein, sie aus dem Weg zu räumen, oder ist sie grundlegender Natur?«
    »Es ist eine hinderliche Formalie.« Ich hatte mir reiflich überlegt, wie ich mein kleines Lügengewebe anfertigen musste, sodass es der Wahrheit am nächsten kam, und hatte mir folgende Argumentation zurechtgelegt.
    »Mein Gatte starb in China, und es hat einige bürokratische Verwicklungen gegeben. Dummerweise bin ich daher nicht in Besitz einer gültigen Sterbeurkunde. Bisher habe ich die Angelegenheit nicht weiter verfolgt, zu Anfang war ich viel zu verstört, mich durch den ganzen Wust von Papieren und notwendigen Bescheinigungen zu arbeiten, dann geriet es –

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