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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ist, dass ich damals, während du mein Kleid geflickt hast, bei dem Namen Kusan aufmerkte, mit dem du dich vorgestellt hast. Und ich habe natürlich umgehend einige diskrete Erkundigungen über dich eingezogen.«
    Ich zuckte zusammen.
    »Die Spur war schon ziemlich kalt, aber es gab Leute, die sich erinnerten. Die beiden Kusans waren nicht unbemerkt geblieben. Von Servatius hörte ich nur, dass er wieder nach Asien gegangen war, Drago konnte ich besser verfolgen. Er war nach Münster gezogen, um dort seine juristische Ausbildung zu beenden. Es war nicht schwer, eins und eins zusammenzuzählen, als ich hörte, dass deine Familie von dort stammt.«
    »Was willst du von mir, LouLou? Ich weiß, du tust nie etwas ohne Hintergedanken.«
    Besser gefragt:Womit wollte sie mich erpressen?
    »Oh, nichts, Ariane. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ich habe versucht, an dir meine Schuld gegenüber dem Namen Kusan abzutragen.«
    Ich musste sie wie ein verstörtes Kalb angestarrt haben, denn sie lachte leise auf.
    »Ich bin eine Erbsenzählerin, ich kann nicht anders. Aber stört es dich? Es hat sich doch zu unser beider Vorteil entwickelt, oder?«

    »Ja, das hat es. Aber …«
    »Ja, ich habe mich gewundert, dass du erst jetzt den Tod deines Gatten beweinst.«
    Ich atmete tief ein, um die Kraft zu finden, das Unaussprechliche zu formulieren.
    »Ich bin – falsch, ich war – bisher keine Witwe, LouLou. Ich habe mich damals von Drago scheiden lassen. Nur – das konnte ich doch niemandem hier sagen.«
    »Nein, das konntest du im Kreis dieser bigotten Heuchler natürlich nicht.«
    LouLou polierte ihre Fingernägel jetzt mit einem kleinen Wildlederlappen weiter und versank in Nachdenken. Ich warf die Decke beiseite und stand auf, um mich wieder anzuziehen. Irgendwie war mir eine Last von der Seele genommen, und ich fühlte einen neuen Tatendrang. Es war nun ja wirklich alles egal – mein sorgfältig gehütetes Geheimnis hatte keine Bedeutung mehr, ich war tatsächlich verwitwet, konnte frei und unbelastet ein neues Leben führen.
     
    Die ersten Tage nach meiner Genesung hatte ich damit verbracht, die Muster, die Leander skizziert hatte, so umzusetzen, dass sie als Webvorlage dienen konnten. Das lenkte mich recht nachhaltig von meinen Gedanken ab. Allerdings war da noch eine kleine Ungewissheit. Die Nachricht von Dragos Tod war nicht offiziell bis zu mir gelangt und würde vermutlich auch nicht bei mir eintreffen. Ich war nicht mehr seine Ehefrau, seine nächste Angehörige. Wenn, dann hatte man seinen Vater benachrichtigt, und hier wurde die Angelegenheit heikel. Der alte Kusan war mir nun mal nicht gerade freundlich gesinnt, und freiwillig würde er mir nie eine Information über seinen Sohn zukommen lassen. Blieb mir also nur übrig, selbst an das Handelshaus in China zu schreiben und zu hoffen, binnen Jahresfrist eine Bestätigung seines Todes zu erhalten.
    Der Brief fiel mir unsäglich schwer, und ich war völlig niedergedrückt, als ich ihn auf seine lange Reise geschickt hatte.

    So traf mich Gernot Wever an, der sich in der Stadt aufgehalten hatte und mir einen unangemeldeten Besuch abstattete, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen. Einen bunten Sommerblumenstrauß hatte er mitgebracht, und ich gab mir alle Mühe, ihn zu bewundern und Gernot die heitere Genesende vorzuspielen. Aber entweder war ich noch nicht stabil genug in meinen Gefühlen, oder reine körperliche Schwäche überwältigte mich.Als er sich nach Laura und Philipp erkundigte, packte mich wie aus heiterem Himmel ein weiterer Weinkrampf.
    Gernot mochte von steifer Höflichkeit sein, tief in ihm verborgen lauerte aber wohl doch ein Endchen menschlichen Mitgefühls. So kam es, dass ich kurz darauf schluchzend in seinen Armen lag und er mir mit unbeholfener Zärtlichkeit den Rücken streichelte.
    »Es ist schwer für Sie, Ariane. Ich kann das gut verstehen. Die Krankheit hat Ihnen gezeigt, wie unsicher das Leben für eine alleinstehende Frau ist, nicht wahr?«
    Ja, unter anderem hatte die böse Grippe mir auch das gezeigt. Ich hatte mehrere lukrative Aufträge ablehnen müssen, und ob die neu geworbenen Kundinnen noch einmal bei mir vorsprechen würden, war fraglich. Die Konkurrenz war einfach zu groß.
    Meine Tränen versiegten, ich sammelte meine Fassung aus den Scherben meines Selbstmitleids auf und löste mich aus seiner Umarmung.
    »Ich werde wieder von vorne anfangen, Gernot. Wie schon zuvor.«
    »Sie könnten auch eine andere Möglichkeit in Betracht

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