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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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der grauen Begine und dem schwarzen Mönch, die dort umgehen sollen, immer wieder neue Nahrung, weil solche Tunichtgute wie Ihre Kinder dort etwas gesehen haben wollen.«
    »Begine? Mönch?«
    »Ursprünglich, heißt es, war diese Gebäudegruppe ein Beginenkonvent.«
    »Verzeihen Sie, aber was sind Beginen?«
    »Das waren im Mittelalter Frauen, unverheiratet oder verwitwet,
die sich zu frommen Gemeinschaften zusammengeschlossen haben und wohltätige Dienste ausübten. Ihren Unterhalt haben sie vielfach mit Seidweberei verdient.«
    »Eine Art von Nonnen?«
    »Nein, sie haben kein Gelübde abgelegt. Es gab viele von diesen Beginenhäusern hier in Köln, aber nach der Reformation verschwanden sie langsam.«
    »Und eine dieser Beginen geht dort um und erschreckt kleine Neugiernasen?«
    Madame Mira lachte.
    »Sie hat den Ruf, ein sehr freundliches Gespenst zu sein. Ganz anders als der Schwarze Pater. Der verschreckt die Neugiernasen offensichtlich gründlich. Aber Sie wissen schon, man sieht, was man erwartet.«
    »Ja, das nehme ich auch an. Philipp und Laura haben zwar nichts von derartigen Erscheinungen berichtet, trotzdem verschweigen sie mir noch etwas. Jedenfalls werde ich mir Ferdi, diesen Rotzlöffel, gründlich vorknöpfen. Das eine ist, die Kinder mit einer Gespenstergeschichte in das alte Haus zu locken, aber bösartig war es, sie darin einzusperren.«
    Madame Mira stimmte mir zu, aber da alles erzählt war, verbrachten wir anschließend noch eine sehr gemütliche Stunde mit Plaudereien über meine Kundinnen und ihre Kleiderwünsche. Aber dann überraschte mich Madame Mira mit der Bemerkung, wie freundlich es sei, dass ich Tante Caros Apanage erhöht hätte.
    »Das habe ich aber gar nicht. Sie bekommt immer noch den gleichen Betrag für den Unterhalt der Kinder wie seit Monaten.«
    »Nun, dann muss sie anderweitig zu Geld gekommen sein. Sie hat sich drei neue Kleider machen lassen, davon eine recht … mhm … farbenprächtige Abendrobe aus Samt.«
    »Vielleicht hat sie meinen Verlobten um Stoff angegangen.«
    »Dann hat sie noch immer eine gute Schneiderin bezahlen müssen.«

    »Sie wissen doch, sie hat einige ziemlich wertvolle Schmuckstücke, die zu verkaufen sie sich immer geweigert hat. Möglicherweise erscheint ihr diese Methode, zu Geld zu kommen, nicht mehr ganz so undenkbar und die hässlichen Rubine sind inzwischen geopfert worden.«
    »Ah, das wäre natürlich eine Erklärung. Sie engagiert sich ja sehr rege im Gesellschaftsleben und zieht im Windschatten der edlen Dichterfürstin durch die Salons. Aber mir kommt es beinahe so vor, als stecke sogar noch etwas mehr dahinter. Ich sah neulich, dass ein Herr sie nach Hause brachte.«
    »O lálá, Tante Caro hat einen Kavalier! Hat ein Vogelfänger sein Netz nach ihr ausgeworfen?«
    »Wieso Vogelfänger?«
    »Ach, das ist eines meiner ganz privaten Scherzchen. Durch ihre bunten Kleider und ihre Liebe zu Federaufputz im Haar erinnert sie mich immer an einen munteren kleinen Vogel.«
    Das brachte Madame Mira zum Kichern.
    »Sie haben auch einen frechen kleinen Schnabel, Ariane. Aber nicht ganz unrecht. Ihre Tante Caro verhält sich auch in meinen Augen dann und wann wie ein hohlköpfiges Hühnchen. Wo wir vorhin gerade von Gespenstern sprachen – sie bildet sich neuerdings übrigens ein, dass es unter ihrem Dach ebenfalls spukt.«
    »O nein!«
    »O doch. Aber, Ariane, wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann vermute ich eigentlich ein sehr menschliches Treiben dahinter. Ich habe zwar keine Beweise, aber die große Vorliebe Ihrer beiden Sprösslinge für Geistergeschichten lassen mich ahnen, dass dahinter ein Schabernack steckt, um sie vom oberen Stockwerk fernzuhalten.«
    »Aha. Nun, das werde ich aufzuklären wissen.Vielen Dank für den Hinweis, Madame Mira.«
    Ich räumte unser Frühstückstablett zusammen und machte mich, nachdem ich es in der Küche unbeschadet, aber ratzekahl leergegessen abgeliefert hatte, zu einer Stubenkontrolle auf.

    Hannah mochte sich sehr um meine Sprösslinge bemühen und ihnen ein gutes Kindermädchen sein – das mütterlichwachsame Auge hatte sie noch nicht erworben. Ich brauchte lediglich eine Viertelstunde, dann zog ich ein verräterisches corpus delicti aus Philipps unterster Sockenschublade.
    Die weiße Seidengaze und den feinen Tüll erkannte ich sofort als aus meiner Schneiderwerksatt stammend, die hastigen Stiche, mit denen das Gewand zusammengefügt worden war, verrieten mir Lauras eifrige Finger. Aber anerkennen

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