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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Teller Erbsensuppe.
    Hannah kam dazu und berichtete, ihre Befragungen seien fruchtlos geblieben. Niemand kannte Ferdi, den Kaminfegerjungen. Er war vor drei Tagen erstmals aufgetaucht, vorher hatte niemand ihn getroffen.
    »Hilde, welcher Kaminfeger ist für dieses Haus zuständig? Du kennst doch die Handwerker alle.«

    »Der Schmitzens Johann.Aber dessen Junge heißt Alfons. Und dass er einen neuen hätte, wüsst ich nicht.«
    »Kommt mir alles ein bisschen seltsam vor. Wisst ihr was, wenn wir mit dem Essen fertig sind, werden Hannah und ich das Spukhaus aufsuchen. Ich will mir das mal genauer ansehen. Ihr findet den Weg dahin ja noch, oder?«
    »’türlich.«
    Es klang ein bisschen erleichterter und nicht mehr ganz so furchtbar gedrückt.
    Das erleichterte auch mich, wenn ich ehrlich sein sollte.
     
    Bei Tageslicht wirkte das Geviert aus verfallenen Häusern und von Unkraut überwachsenem Hof nicht besonders gespenstisch, sondern nur traurig.
    »Das da ist es, Mama«, sagte Laura und wies auf das kleine Häuschen mit den zugenagelten Fenstern. Ich trat näher und begutachtete die Tür. Sie war offen, der Riegel hing nach unten. Als ich sie nach innen drückte, schwang sie lautlos auf.
    »Hannah, du bleibst draußen und achtest darauf, dass mir der gleiche Streich nicht auch gespielt wird.«
    »Ja, Ariane.«
    Und dann sah ich die zusammengebrochene Stiege. Mir wurde angst und bange. Wenn die Kinder mit ihr in der Dunkelheit eingestürzt wären – nicht auszudenken.
    »Ihr seid wahnsinnig gewesen, da hochzuklettern!«
    Lauras Hand schlüpfte in die meine.
    »Ja, Mama. Aber …«
    Sie verstummte und starrte die Trümmer an.
    »Was aber …«
    »Sie hat gesagt, da sei eine Frau gewesen, die sie geführt hat«, erklärte Philipp mit zittriger Stimme. »Aber ich hab nichts gesehen. Deshalb war ich auch sehr vorsichtig.«
    Eine Gänsehaut zog sich über meinen Rücken.
    »Ich hab sie aber gesehen. Oder so. Die hatte ein graues Kleid an und ein liebes Gesicht.«

    »Und sie hat dir den Weg über die Treppe gezeigt. Im Dunkeln.«
    »Ja, Mama. Auch die Stufen, auf die wir nicht treten sollten. Aber die Treppe ist erst kaputt gegangen, als wir beide oben waren.«
    Ich musste schlucken. Dann wollte ich wissen: »Und was war oben?«
    »Das haben wir dir doch erzählt. In dem Zimmer mit den Fässern war das Fenster, und wir sind da mit Lauras Unterrock raus.«
    »Das war Philipps Idee. Und die war richtig gut. Nur dass das Seil ganz zum Schluss sich doch gelöst hat.«
    »Das war nicht … also da war … Ach, Mama, das war so komisch. Da war ein schwarzer Mann, der hat mir das mit dem Fass gezeigt. Und dann hat er so gemacht.«
    Philipp zog ein Kreuzzeichen wie die Katholischen.
    Und ich bekam zum zweiten Mal Gänsehaut.
    »Dann seid ihr wirklich zwei Gespenstern begegnet?«
    »Ich weiß nicht.Vielleicht hab ich es auch bloß geträumt. Jedenfalls hab ich den schwarzen Mann nicht gesehen.«
    Man sieht, was man sich vorstellt. Im Dunkeln, bei Mondlicht, ängstlich, müde …
    »Gut, gehen wir raus. Hier können wir nicht mehr tun. Jetzt braucht man eine Leiter, um nach oben zu kommen.«
    Die beiden liefen nach draußen. Ich folgte ihnen und machte die Tür zu.
    Etwas ließ mich stutzen.
    Alte Türen knarrten und quietschten gewöhnlich. Ich hatte gerade erst die Angeln meiner Eingangstür geölt, weil sie schon fast das Klingen der Glocke übertönten.
    Diese Tür ging ganz leise. Ich stippte mit dem Finger an die Angel und wischte das Öl an dem Holz ab.
    Und dann fiel mein Blick auf den Riegel. Eisen verrostet mit der Zeit, hier wären rostige Beschläge zu erwarten. Aber sie waren neu, blankes Metall, die Schrauben frisch ins Holz gedreht.

    Irgendjemand hatte den Streich verdammt gut vorbereitet.
    Und nun schlich sich zum dritten Mal Gänsehaut über meinen Rücken.
    Wer?
    Und warum?

Mit anderen Augen
    Wenn Verminderung mit Aufrichtigkeit verbunden ist,
wird makelloses Heil folgen.
Es ist förderlich, etwas zu unternehmen -
Auch mit kleinen Mitteln kann man Großes ausdrücken.
     
    I Ging, Sun – die Verminderung
    Es war eine eigentümlich herbe Landschaft, die sie durchquerten. Der Herbst hatte die hohen Gräser vergilben lassen, der Staub des trockenen Sommers lastete auf den Blättern der Büsche, die den steinigen Weg säumten.Wie gebleichte Knochen ragten die grauweißen Felsen aus dem Erdreich, und in verkrüppelten Eichen schimpften Elstern über die Störung ihrer Ruhe.
    George, wie üblich schweigend, ritt

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