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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zerren. Kreischend zerriss der Stoff.
    Mit Mühe zwang er sich, die Hände davon zu nehmen.
    Ruhe. Ruhe. Ganz ruhig musste er überlegen.
    Sie mussten vernichtet werden. Die faule Brut musste vertilgt werden. Die Brutstätte des Verderbens vernichtet, ausgebrannt, ausgelöscht werden. Nur reinigendes Feuer konnte das Übel beseitigen.
    Es würde ihm guttun, in die lodernden Flammen zu blicken, unter deren Gewalt die Balken barsten, der First einstürzte, die Wände bis auf die Grundmauern niederbrannten und nur noch schwarze Trümmer übrig blieben.
    So wie das Komödienhaus.
    Es konnte nicht so schwer sein, diesen verseuchten Salon Vaudeville in Schutt und Asche zu legen. Er hatte ihn schon zweimal aufgesucht, sich die ordinären Lieder und provokanten Tänze angesehen und dabei das Interieur gemustert. Die Vorstellung, was eine Gruppe kräftiger Männer darin anstellen konnte, hatte ihn weit mehr ergötzt als die Zurschaustellung der schwarzbestrumpften Frauenbeine.
    Montags fanden keine Vorstellungen statt – ein trefflicher Termin, sich dort näher umzuschauen.
    Das Zucken in seiner Wange ließ endlich nach, und seine Gedanken kreisten nun ausschließlich um die Durchführung der Säuberungsmaßnahme.

    Es war gegen fünf, als er im Schutz der Toreinfahrt sein Jackett ablegte und sorgfältig in einer Tasche verstaute. Er krempelte die Hemdsärmel bis zu den Ellenbogen hoch, zog die abgewetzte Lederschürze über den Kopf, band sie im Rücken zu, steckte sich demonstrativ einige Werkzeuge in die Tasche und setzte sich die speckige Kappe auf den Kopf.Alles das waren Requisiten aus der Rumpelkammer seiner Vermieterin. Die Tasche mit seiner Jacke stellte er hinter einem Ascheneimer ab. Hier würde sie kaum auffallen. Dann wartete er eine Weile, bis wieder ein Fuhrwerk in das Geviert hinter dem Theater fuhr. Hinterhöfe waren vielfrequentierte Orte. Lieferanten, Handwerker, fliegende Händler, Bettler, Hausierer, Straßenmusikanten trafen sich hier, jemand in schlichter Arbeitskleidung fiel nicht weiter auf. Er hatte sogar großes Glück: Der Mann, der den Karren lenkte, hatte Weinkisten geladen, die für das Theater bestimmt waren. Eine dunkel gekleidete Frau öffnete ihm, und als er mit den ersten Kisten hineinstapfte, folgte Charnay ihm durch die Hintertür. Er musste sich einen Augenblick neu orientieren, bis er herausfand, dass neben ihm die Personalräume lagen, davor erst die kleine Bühne und der Zuschauerraum.Vorsichtig betrat er die leere Halle. Es roch muffig nach kaltem Zigarrenrauch, dem Petroleum der Beleuchtung, süßlichem Puder, verschüttetem Wein. Die langen Samtvorhänge waren halb zugezogen, Pappmaché-Möbel, papierbezogenes Sperrholz,Tüllbahnen mit Seidenblumenranken lagen bereit, um die Kulisse zu gestalten.
    Zufrieden nickte er und schlenderte leise in den Anrichteraum. Hier war alles aufgeräumt und gewischt, Batterien von Flaschen standen auf den Borden, Gläser,Teller, Bestecke waren ordentlich eingeräumt. In der Ecke stand eine Petroleumkanne. Er merkte sie sich vor. Der Zuschauerraum mit seinen Holztischen und -stühlen, den Draperien und künstlichen Pflanzen inspizierte er nur kurz, die Türen zu den Garderoben waren geschlossen. Eine hölzerne Stiege führte ins nächste Stockwerk. Auch hier war alles vollkommen ruhig. Ein wenig knarrte der Fußboden unter seinen Schritten, und als er hier auf die Klinken
drückte, musste er mit Bedauern feststellen, dass auch diese Türen abgeschlossen waren. Die Stiege aber führte weiter zur Mansarde hinauf, und hier bemerkte er unter einer Tür einen Lichtschein.
    Natürlich, eine Frau hatte dem Weinhändler geöffnet.
    Ein Lächeln stahl sich über sein Gesicht.
    Er tastete nach dem Hammer in seiner Schürzentasche. LouLou wollte er lieber nicht unbewaffnet gegenübertreten. Die letzte Begegnung mit der hinterlistigen Schlange war ihm eine Warnung.
     
    LouLou faltete das neue Tanzkleid sorgfältig zusammen. Bisher hatte sie jedes private Wort vermieden und lediglich den Sitz des Kleides kommentiert, das ich fertiggestellt hatte.
    Jetzt aber setzte sie sich auf das Sofa und sah mich an.
    »Was gedenkst du meinem Bruder zu sagen, Ariane?«
    Das war eine berechtigte Frage, die ich mir auch schon gestellt hatte.
    »Die Wahrheit, nehme ich an.«
    »Und wie sieht die aus?«
    »Ich kann ihn nicht heiraten, LouLou. Ich bin zwar geschieden und rechtlich gesehen frei, und Drago wird im nächsten Jahr wieder nach China reisen – aber – nein. Ich kann

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