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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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mochte mehr Aufschluss geben. Als er durch die Toreinfahrt in den Hinterhof trat, hatte er sich erst einmal an den Giebeln orientieren müssen, welches das richtige Haus war. Er wollte selbstverständlich kein Aufsehen erregen und nicht an die falsche Tür geraten.
    Es war eine heruntergekommene, schmutzige Umgebung. Abfall lag in den Ecken, es stank nach Kloake, Pfützen standen auf dem unebenen Pflaster, eine abgebrochene Regenrinne baumelte von einem Dach. Doch dann sah er die Tür, die mit einer Kette und einem neuen, noch glänzenden Vorhängeschloss gesichert war. Alle anderen Türen hatten mehr oder weniger verrostete Riegel.Wie auch bei dem Spukhaus hatte sich hier jemand vor ganz kurzer Zeit bemüht, eine sichere Verriegelung anzubringen.
Das Schloss war nicht leicht aufzubringen, zumindest nicht ohne reichlichen Lärm zu machen. Aber zunächst hatte er sich versichern wollen, ob Ariane wirklich hier gefangen gehalten wurde. Eine gründliche Überlegung führte ihn zu dem Schluss, dass Charnay sie sicher nicht in den oberen Zimmern eingesperrt hatte.Viel zu leicht hätte sie sich durch die Fenster bemerkbar machen können. Die schwere Holzkiste brachte ihn auf die richtige Spur. Sie versperrte das Kellerfenster.
    Und tatsächlich, hier hatte er sie gefunden.
     
    Jetzt war er zurückgekehrt und sann im Schutz der Schatten darüber nach, wie er sie so leise wie möglich herausholen konnte. Der Mond, noch immer fast voll, war inzwischen aufgegangen, und wenn die fliehenden Wolken sein Antlitz freigaben, war es hell genug, um die Fenster zu prüfen. Die Läden waren morsch, die Farbe abgeblättert. Alles zeugte von Verfall, wie an so vielen Ecken des alten Köln. Die Wohlhabenderen hatten sich in den neu erschlossenen Gebieten im Norden und im Süden niedergelassen, hier in der mittelalterlichen Innenstadt lebten in den besseren Straßenzügen noch die Nachkommen der Patrizier und des gehobenen Bürgertums, in den Gassen und Gossen aber verarmten die Handwerker und Arbeiter. Sie hatten selten Geld für die notwendigsten Reparaturen.
    Er mochte es beklagen, doch derzeit kam dieser Umstand ihm zupass.
    Mit dem Messer gelang es ihm, den Riegel des Fensterladens aufzuhebeln, und mit der Klinge kratzte er den bröselnden Glaserkitt los. Die kleine Scheibe fiel fast lautlos nach innen, er langte durch die Öffnung und drehte den Griff um. Da das Fenster recht hoch gelegen war, brauchte er zwei Anläufe, um sich hineinzuschwingen. Mit Georges Hilfe wäre es schneller und leichter gegangen. Aber dem Jungen musste er nun einmal Zeit geben, zu sich zu kommen. Er sperrte den Gedanken aus und sah sich um. Einst hatte sich die Küche in diesem Raum befunden, ein geschwärzter Kamin und ein geborstener Spülstein
gaben Zeugnis davon. Eine bedenklich knarrende Stiege führte nach unten. Hier war es so finster, dass er sich selbst einen Idioten nannte, nicht an eine Lampe und Zündhölzer gedacht zu haben. Tastend bewegte er sich an der Wand entlang, sammelte Spinnweben unter seinen Fingern, und feuchte Ziegelsteine bröckelten unter seinen Händen. Eine Türzarge, die Tür, auch hier ein glatter, kühler Eisenriegel.
    Er klopfte vorsichtig an das Holz.
    Keine Antwort.
    Natürlich – Ariane erwartete dahinter mit dem Schürhaken in der Hand Charnay.
    »Kleine Tigerin. Leg die Waffen nieder«, rief er.
    Etwas scharrte. Nun gut, er musste das Risiko eingehen, dass sie ihn angriff.
    Langsam schob er die Riegel auf, drückte sich aber noch gegen die Tür.
    »Ariane, lass den Schürhaken unten.«
    Nur sie und er wussten, dass sie ihn bereithielt.
    Er öffnete die Tür einen Spalt, und in dem Dämmerlicht erkannte er sie. Das Eisen fiel aus ihrer Hand, und sie stolperte auf ihn zu.
    Er fing sie auf und hielt sie fest umarmt.
    Ihr Kopf lag an seiner Schulter, sie gab keinen Laut von sich, aber ihre Hände krallten sich in seinen Rücken.
    »Wir haben es fast geschafft, meine Tigerin. Erzähl mir rasch, was er vorhatte.«
    »Ich weiß nicht. Vermutlich wollte er mich töten, denn ich weiß ja, wer er ist.Aber vorher...« Sie schauderte. »Das mit dem Daumen meinte er ernst.«
    »Du kannst dir nicht vorstellen, was ich alles ernst meine.Aber hat er etwas verlauten lassen, wann er wiederkommen wollte?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich hatte Angst, er würde heute Nacht kommen. Er wollte das Lösegeld schon morgen früh. Aber ich hab ihn überzeugt, dass Gernot Zeit braucht. Ich hatte gehofft...«

    »Sehr klug von dir. Ariane, ich

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