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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Trauer.
    Tiefstes, reinstes Glück siegte über Schmerzen, Angst und Sorgen.
    Drago lebte. Er war zu mir zurückgekommen. Er hatte mich gesucht und... er erinnerte sich.
    Ich griff nach der Seife, die zart nach Flieder duftete, und schäumte mir die Haare ein. Eigentlich praktisch, dass sie nun so kurz waren.Vielleicht sollte ich es dabei belassen – allen Konventionen zum Trotz.
    Allmählich kühlte das Badewasser ab. Ich griff nach der Kanne und spülte mich noch einmal ab, dann wickelte ich mich in das flauschige Handtuch. Bald zwei Uhr war es geworden, aber ich verspürte keine Müdigkeit. Das Nachthemd hatte man mir bereitgelegt und auch den Morgenmantel. Ich bürstete die feuchten Haare aus und ging in mein Schlafzimmer. Eine Karaffe Wein stand bereit, ein Teller mit Obst und Keksen. Ich nahm davon und überlegte, ob ich es wagen sollte, auf den Gang hinauszuschlüpfen und an Dragos Tür zu klopfen, als er bereits eintrat.
    »Na, sauber?«
    »So gut wie neu. Nur hier und da noch ein paar blaue Flecken.«
    Er trug noch immer den schwarzen Anzug, ein dunkler Schatten lag über Kinn und Wangen und seine Locken hingen ihm zerzaust in die Stirn.
    Abenteurer!
    Glücksritter!
    Draufgänger!
    Was hatte ich ihn nicht alles geschimpft.
    Was hätte ich denn lieber gehabt? Einen Weichling, einen Angstmeier, einen Pedanten?
    Ich machte einen Schritt auf ihn zu. Er wartete, rührte sich nicht, überließ mir die Entscheidung. Ich machte noch einen und noch einen. Stand direkt vor ihm. Seine Augen, dunkelbraun,
ruhig – und weise. Das war neu an ihm, und es berührte mich zutiefst.
    Ich hob meine Hand und strich ihm über die stoppelige Wange.
    Er ergriff sie und drückte sie an seine Stirn, dann legte er sie an sein Herz.
    Es schlug hart unter meinen Fingern.
    Wieder fühlte ich mich eingewoben in ein Gespinst goldener Fäden, und mit einer kaum merklichen Bewegung drückte ich meine Hand gegen seine Brust. Er legte seinen Arm um meine Schulter und führte mich den kurzen Weg über den Gang in sein Zimmer.
    Offensichtlich hatte er noch etwas geschrieben. Auf dem Tisch lagen mehrere beschriftete Bögen und einige adressierte Umschläge. Dann aber fiel mein Blick auf den langen blonden Zopf, der auf einem Stück weißen Leinens wie eine goldene Schlange ruhte.
    Ich trat hinzu und berührte die Flechten mit den Fingerspitzen.
    Meine Haare.
    Wie eine Opfergabe lagen sie hier.
    Und in meinen kurzen Locken spürte ich nun seine Hände.
    »Morgen wird der beste Coiffeur von Köln sich darum kümmern.«
    »Dranheften wird auch er sie nicht können. Aber vielleicht einen falschen Fifi daraus knüpfen.Tante Caro hat so einen.«
    Doch Drago schien den Sinn für Leichtigkeit noch nicht wiedergefunden zu haben. Er streichelte den blonden Strang und murmelte: »Sie sind schön, kleine Tigerin. Ich habe so lange immer nur schwarze Haare gesehen.«
    »Nun, dann erlaube ich dir, sie mitzunehmen, wenn du wieder nach China zurückkehrst.«
    Er spielte mit den feuchten Strähnchen in meinem Nacken.
    »Zarte, weiße Haut habe ich auch lange nicht mehr berührt.«
    »Nein? Hat dort niemand einen hellen Teint?«

    »Nur einige sehr prüde Engländerinnen aus dem Settlement.«
    »Sie zeigten sich nicht zugänglich? Das überrascht mich.«
    »Es sind nur wenige europäische Frauen dort, meist Gattinnen von Offizieren, ein, zwei Ehefrauen von Handelsherren. Und natürlich die Missionarinnen.«
    »Man ist als Herr also gezwungen, sich an das einheimische Personal zu wenden. Ich verstehe. Sind die chinesischen Mädchen sehr anders als wir?«
    »Sie zeigen weit mehr Unterwürfigkeit.«
    »Ah, wie wünschenswert.«
    »Mhm.«
    Ich spürte die Wärme seines Körpers durch meinen dünnen Morgenmantel und das seidene Nachthemd.
    »Dann wirst du sicher bald wieder eine willige Gespielin finden«, sagte ich leise.
    »Mhm.«
    Sein Atem traf die Haut in meinem Nacken.
    »Sehr bald, hoffe ich«, wisperte es an meinem Ohr, und Schauder flogen mir über den Leib.
    Aber nachgeben mochte ich noch nicht.
    »Du verlangst Unterwürfigkeit?«
    Seine Hände wanderten zu meinen Brüsten und umfassten sie. Leicht rieb die glatte Seide auf meiner Haut.
    »Vielleicht?«
    Seine Zunge glitt über meine Ohrmuschel. Seine Rechte öffnete die Schärpe, die den Morgenmantel zusammenhielt. Dann lag seine Hand auf meinem Bauch. Ganz ruhig.
    Darunter erhob sich ein Heer von Schmetterlingen.
    »Und wenn nicht?«
    Wenn er wüsste, wie nah ich der Unterwerfung war.
    »Dann müsste ich

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