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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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ansehen durfte, weil sie sonst so tief hineingezogen würde, dass sie den Verstand verlöre.
    Denn was sie sah, war der Vordereingang des Hauses.

KAPITEL ACHT

    Die beiden Bürger legten Arthur Handschellen an, die mit einem eigenen, intensiven blauen Licht leuchteten. Er hatte diesen zauberischen Stahl früher schon einmal gesehen – der Alte war damit an seine Uhr gefesselt gewesen –, deshalb sträubte er sich umso heftiger. Aber die Bürger waren zu stark, und obendrein half ihnen die unsichtbare Macht. Die Macht, die Arthur auf sich lasten spürte und von der er wusste, dass sie vom Siebten Schlüssel ausging, den Lord Sonntag in der Hand halten musste.
    Als einer der Bürger eine Kette an der Handschelle um sein rechtes Handgelenk befestigte, bot Arthur all seine Kraft auf. Mit einem Ruck entwand er seinen Arm dem Griff des Bürgers, zeigte direkt auf Sonntag und rief: »Ich, Arthur, gesalbter Erbe des Königreichs, beanspruche den Siebten Schlüssel –«
    Lord Sonntags Augen verengten sich. Eine leichte Bewegung mit dem Schlüssel, der in seiner gewölbten Hand verborgen war, und sofort verlor Arthur die Stimme. Die nächsten Worte gerieten ihm zu einem unverständlichen Krächzen.
    »Ihr könnt den Schlüssel nicht ohne die Hilfe von Teil Sieben des Vermächtnisses beanspruchen«, sagte Lord Sonntag. »Und ich wünsche nicht, Eurem Geschwafel zuzuhören.«
    Die Bürger hatten die Ketten angebracht und zogen Arthur die Hände hinter den Rücken. Er konnte die Zauberei in den Handschellen spüren, wie eine entsetzlich kalte Strömung im Metall, die unveränderlich gegen den Uhrzeigersinn um seine Handgelenke floss. Sie fühlten sich unglaublich stark an, und er bezweifelte, sie sprengen zu können, selbst wenn es ihm gelingen sollte, den Fünften und Sechsten Schlüssel zurückzubekommen – was unwahrscheinlich schien. Die Schlüssel hüpften und flogen noch immer in dem Silbernetz umher, das Sonntag in Armeslänge von sich hielt, während seine andere Hand den Siebten Schlüssel umfasste. Arthur wünschte, er könnte sehen, was genau dieser Schlüssel war, aber er blieb seinen Blicken vollständig entzogen. Was es auch war, es musste klein sein – allerdings war nicht ausgeschlossen, dass es wachsen und sich verändern konnte, denn Sonntag hatte das ja auch getan.
    Lord Sonntag schaute hoch, und Arthur folgte seinem Blick: Über ihnen war etwas – ein schwarzer Punkt an diesem wunderschönen blauen Himmel mit seinen hingehauchten Wolken. Der Punkt wuchs und wurde immer größer, während er aus großer Höhe auf sie herabstieß, und Arthur sah, dass es sich um eine riesige Libelle handelte. Sie senkte sich sehr schnell zu ihnen herunter und verharrte dann schwebend über ihren Köpfen, wobei ihre Flügel beinah den oberen Rand der Hecken berührten.
    Es war eine sehr große Libelle. Ihr Körper maß ungefähr zwanzig Meter, und jeder ihrer netzartig geäderten, surrenden Flügel war gut und gern doppelt so lang. Arthur konnte es von unten nicht genau erkennen, aber da war etwas auf ihrem Rücken. Eine Art Kabine oder ein Deckhaus, mit Farbglasfenstern und einem Holzziegeldach.
    Ein Bürger, der einen einteiligen Arbeitsanzug aus weichem, gegerbtem Leder und einen Jägerhut mit Feder trug, warf eine lange Strickleiter vom Hinterleib der Libelle herab. Die Leiter entrollte sich beim Fallen und blieb dicht neben Lord Sonntag hängen, der sie rasch zu erklimmen begann, wobei er mühelos immer mehrere Sprossen auf einmal nahm.
    Während Lord Sonntag auf das Insekt kletterte, warf der Handlanger auf der Libelle ein Seil herab, an dessen Ende sich ein großer Haken befand. Die Bürger, die Arthur festhielten, schlangen seine Kette um den Haken, der Bürger oben gab irgendeiner unsichtbaren Crew ein Zeichen, und das Seil wurde hochgezogen, bis Arthur ungefähr zehn Meter unter der Libelle baumelte. Es war eine äußerst schmerzhafte Position, weil die Handschellen an seinen Handgelenken, die ihm auf den Rücken gedreht worden waren, nun sein ganzes Gewicht trugen. Arthur wusste, dass ihm das Ganze vor seiner Verwandlung die Arme ausgekugelt und er vor Schmerz geschrien hätte; jetzt indes verzog er bloß das Gesicht und unterdrückte den Schmerz, denn die Wut in ihm war stärker als jedes andere Gefühl.
    Ein Teil dieser Wut galt ihm selbst.
    Wie konnte ich nur so dumm sein!, dachte er . Ich hätte von hier verschwinden sollen, als klar war, dass das die Unvergleichlichen Gärten sind. Stattdessen habe ich

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