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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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die ihm den Schaden zugefügt hatten. Doch jetzt war er nicht wütend, fühlte keinen Rachedurst, der in seinem Innern mit Macht darauf drängte, gestillt zu werden.
    Ich bin schwächer ohne meine Schlüssel , erkannte Arthur . Aber ich bin auch mehr ich selbst.
    Sie hielten auf eine neue Landmarke zu, einen hohen, grünen Hügel, der noch einige Kilometer entfernt war. Er sah fast wie der Türstopperhügel im Unteren Haus aus, nur dass er wesentlich höher und die unteren Hänge terrassenförmig angelegt und mit Bäumen übersät waren. Da war auch etwas auf dem Gipfel, ein flaches Gebäude oder irgendeine Anlage, aber sie waren noch zu weit weg, als dass Arthur es hätte genau erkennen können.
    Direkt unter ihm wechselten sich immer noch die unterschiedlichsten Gärten ab, eingeschlossen und voneinander getrennt durch die hohen grünen Hecken. Arthur beobachtete, wie sie vorbeihuschten, und versuchte unterdessen verzweifelt, irgendeine List zu ersinnen, die ihm die Freiheit brächte. Er ließ seinen Blick ins Nirgendwo gleiten, senkte die Augenlider halb gegen den brausenden Wind, und die Gärten unter ihm verschwammen zu einem Flickenteppich aus vielen Grün- und Braun- und Blau tönen.
    Blau, ging es Arthur durch den Kopf.
    Er blinzelte und sah genauer hin. Da war ein See und, ungefähr einen Kilometer weiter, einer dieser sonderbaren, beschnittenen Ozeane, der seine Wellen an ein zweihundert Meter langes Strandstück spülte.
    Schiffbare Gewässer!, dachte Arthur, und sofort stand ihm ein einzelnes, gestochen scharfes Bild vor Augen: das eines großen, weißbärtigen Seemanns mit tief liegenden Augen, der eine Harpune führte, die vor mächtigster Zauberei funkelte und strahlte.
    Das war der Mariner, zweiter Sohn der Architektin und des Alten, der geschworen hatte, Arthur dreimal zu helfen, und dies bereits zweimal getan hatte. Wo immer es schiffbare Gewässer gab, konnte der Mariner segeln. Und wenn irgendetwas außer dem Siebten Schlüssel seine Ketten sprengen konnte, dann war es die Harpune des Mariners!
    Ich muss ihn sofort rufen, denn es könnte lange dauern, bis er hier eintrifft. Das heißt, dass ich mein Medaillon brauche.
    Das Medaillon des Mariners steckte in der Tüte in Arthurs Gürteltasche, und das war ein Problem: Aufgehängt wie er war, die Handgelenke mit Handschellen aneinandergekettet, konnte er nicht einfach nach unten langen, die Tasche öffnen und es hervorholen.
    Auch war es nicht möglich, wie sich nach ein paar Versuchen zeigte, sich so weit hochzuziehen, dass die Tasche in Reichweite seiner Hände kam, denn wenn er das tat, begann er, sich unkontrolliert um sich selbst zu drehen.
    Als Nächstes versuchte Arthur, die Beine hochzuschwingen, sodass er mit dem Kopf nach unten zu hängen kam. Aber auch hier stellte sich bald heraus, dass er zwar die gewünschte Stellung einnehmen und die Hände in die Nähe der Gürteltasche bringen konnte, ohne ins Rotieren zu geraten, es aber undenkbar war, auf diese Weise die Tasche zu öffnen und das Medaillon aus der Tüte zu nehmen – wenigstens nicht, ohne das hohe Risiko einzugehen, dass das Medaillon und sein gelber Elefant herausfielen und für immer verloren waren.
    Er suchte immer noch krampfhaft nach einer Möglichkeit, an das Medaillon zu kommen, als die Libelle in den Sinkflug ging. Sie hielt nach wie vor auf den terrassierten Hügel zu, den Arthur gesehen hatte, nur dass sie jetzt nicht mehr die Kuppe ansteuerte, sondern einen unbestimmten Punkt in halber Höhe.
    Arthur schwang sich wieder so herum, dass er mit den Füßen nach unten hing, und versuchte, die Rotation zu stoppen.
    Da war etwas auf einer der Terrassen, das seine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte, und er wollte einen genaueren Blick darauf werfen.
    Das tat er – und es überkam ihn ein Frösteln, das kälter als die Kälte war, die vom eisigen Stahl seiner Handschellen ausging: Auf der Terrasse, auf halber Höhe des Hügels, lag flach auf dem Boden ein Zifferblatt. Es hatte einen Durchmesser von etwa sieben Metern, mit senkrecht stehenden Ziffern aus blauem, zauberischem Metall. Die Uhr besaß lange, spitz zulaufende Zeiger, und neben der Nabe war eine kleine Tür in den Boden eingelassen.
    Es war eine kleinere Nachbildung des Gefängnisses des Alten, nur dass hier niemand an die Uhrzeiger gekettet war.
    Jedenfalls noch nicht … , dachte Arthur.

KAPITEL NEUN

    Der Aufzug sank schneller, als normal war, und die Fahrt ging weit weniger ruhig vonstatten. Susi und Giac

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