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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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wurden gegen die Wände geworfen, und Teil Sechs des Vermächtnisses musste unaufhörlich mit den Flügeln schlagen, um das Gleichgewicht zu halten, bis er sich schließlich einfach an Susis Schulter festkrallte. Auch da hörte er nicht zu flattern auf, während Susi versuchte, sich in einer Ecke zu verkeilen, um Halt zu finden, und Giac es ihr gegenüber gleichtat.
    Noch beunruhigender war, dass von Zeit zu Zeit ein winziges Tröpfchen Nichts durch den Boden brach und durch die Decke wieder verschwand. Das passierte hauptsächlich im hinteren Teil des Aufzugs, und so hielten sich die drei Passagiere aus diesem Bereich fern, so gut es ging. Das Nichts würde alles zersetzen, was ihm bei seinem Aufstieg im Weg war; schon eine flüchtige Berührung konnte eine Hand oder einen Fuß, eine Kralle oder einen Flügel zerstören.
    Die Sache war ebenfalls ein erschreckender Hinweis darauf, dass Nichts weiterhin ins Haus eindrang. Wenn es in den Aufzugsschächten freie Nichtspartikel gab, dann war es wahrscheinlich, dass die Leere weitere Verteidigungsanlagen durchbrochen hatte.
    »Seid Ihr sicher, dass Ihr den richtigen Knopf gedrückt habt?«, erkundigte sich Susi. »Ich meine nur … ihr wisstja, das halbe Haus ist inzwischen nur noch Nichts, und wenn wir da reinfahren –«
    »Die korrodierten Knöpfe deuten auf eine hohe Kontaminierung durch Nichts hin«, antwortete das Vermächtnis, das die Reihen der Bronze- und ehemaligen Bronzeknöpfe genau untersucht hatte. »Diejenigen, die schwarz und abgebröckelt sind, zeigen verlorene Teile des Hauses an.«
    »Dann war der fürs Große Labyrinth also noch hell?«, fragte Susi. »Das ist gut!«
    »Nicht ganz«, erwiderte das Vermächtnis. »Es gibt mehrere Knöpfe für alle Punkte im Großen Labyrinth, von wo aus Aufzüge verkehren. Einige davon sind schwarz. Der, den ich gewählt habe, war ein wenig angelaufen, aber selbst in dieser kurzen Zeitspanne hat sich die Patina darauf ausgebreitet.«
    »Das Labyrinth löst sich auf?«, fragte Susi. »Auch dort breitet sich das Nichts aus?«
    »Es hat den Anschein«, bestätigte das Vermächtnis. »Ich denke, wir sollten diesen Aufzug besser beschleunigen.«
    Es flog von Susis Schulter herunter und zur Decke hoch und zertrümmerte, indem es den Schnabel wie einen Eispickel benutzte, über den Knöpfen ein kleines Paneel mit Nussbaum-Elfenbein-Furnier, das ins Holz eingesetzt war. Hinter dem Paneel kam ein goldener Ring zum Vorschein.
    Das Vermächtnis warf einen Blick nach unten und sagte: »Hockt euch hin, und macht euch bereit!«
    Susi und Giac gehorchten. Der Rabe ergriff den Ring, legte die Flügel zusammen und ließ sich wieder auf Susis Schulter fallen, wodurch an dem Ring eine dünne Goldkette aus der Decke gezogen wurde. So wie die Kette länger wurde, erhöhte sich auch die Geschwindigkeit des Aufzugs, und als das Vermächtnis auf Susis Schulter landete, merkte sie, wie sie in die Luft gehoben wurde, plötzlich schwerelos durch die enorme Abwärtsbeschleunigung des Aufzugs.
    »Ich schwebe!«, kreischte Susi. »Das ist großartig!«
    »Tatsächlich?«, fragte Giac gequält. »Bist du sicher?«
    »Haltet euch fest!«, ermahnte das Vermächtnis sie. »Wir werden genauso schnell wieder langsamer werden. Oder sehr hart aufschlagen. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs –«
    Bei »sechs« ließ der Rabe den Ring los, und die Kette schoss wieder zurück in die Decke. Unvermittelt wurde auch der Aufzug langsamer, sodass Susi und Giac auf den Boden knallten. Ein paar Sekunden später erfolgte ein entsetzlicher Aufprall, und sie wurden erneut in die Luft geschleudert, zusammen mit einem Hagel aus Splittern und geborstenen Fußbodendielen. Bevor sie wieder herunterfallen konnten, neigte sich das, was vom Aufzug übrig war, zur Seite. Die drei rutschten die Wand hinunter und landeten als wirres Knäuel in der gefährlichen Ecke, wo das Nichts die Kabine in ein Sieb verwandelt hatte.
    Schließlich machte ein Gong pling! Die Innentür glitt auf und enthüllte eine verbeulte und verbogene Gittertür, die in den Angeln hing. Dahinter lag ein Wachraum, in dem ein Dutzend ziemlich überraschter Bürger, die inden Ledermänteln und grauen Hosen der Mäßig Ehrenwerten Artillerie-Kompanie steckten, ihre Musketen, Pistolen, Gnarzbarten und Schwerter aufrafften und sich kampfbereit machten.
    »Schätze, wir sind da«, meinte Susi, während sie über Giacs Beine krabbelte und sich die Flügel des Vermächt-nisses aus dem Gesicht streifte, denn das

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