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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Vertrauensbruchs der Architektin gegenüber.«
    »Wollt Ihr damit sagen, dass er auch tot ist?«, fragte Susi.
    »Ja«, bestätigte Abenddämmerung. »Heute Morgen in seiner Zelle. Auch die Wachen vor seiner Tür wurden ermordet, und von Sir Donnerstag selbst blieben nur die Stiefel übrig.«
    »Hört sich eher danach an, als wäre er entkommen«, meinte Susi.
    »Seine Füße steckten noch in den Stiefeln«, führte Abenddämmerung aus. »Der Rest von ihm war vom Nichts zersetzt worden.«
    Susi hob eine Braue und kratzte sich am Kopf.
    »Dann sind sie also alle tot«, grübelte sie. »Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag … aber wer hat sie umgebracht?«
    »Was ist mit Lady Freitag?«, fragte das Vermächtnis. »Wie ich hörte, war sie ebenfalls in der Zitadelle eingesperrt?«
    »Sie lebt noch, soviel ich weiß«, antwortete Abenddämmerung. »Aber sie wurde vor einigen Stunden von der Vorhut ins Mittlere Haus mitgenommen.«
    Das Vermächtnis dachte einen Augenblick lang darüber nach, bevor es den Kopf neigte und fragte: »Und die anderen Teile des Vermächtnisses? Wo sind die? Haben sie sich als Dame Primus neu geschaffen, oder sind sie noch getrennt?«
    »Ich glaube, sie haben … äh … sie hat … das heißt Dame Primus hat … sich … wiedervereinigt und hält sich derzeit im Mittleren Haus auf, wo sie eine Kommandostelle eingerichtet hat«, berichtete Abenddämmerung. »Als Vorbereitung auf Lord Arthur, selbstverständlich. Apropos, Ihr wisst nicht zufällig, wo Lord Arthur ist?«
    »Nein, wissen wir nicht«, entgegnete das Vermächtnis mit einem Blick auf Susi. »Aber er hat mir Befehl gegeben, eine Streitmacht aufzustellen, um das Obere Haus zu stürmen. Wenn die Armee den Rückzug ins Mittlere –«
    Abenddämmerung fiel ihm ins Wort. »Nicht ›Rückzug‹, bitte! Wir haben nur eine alternative Stellung bezogen, in Vorbereitung für weitere Offensivaktionen.«
    »Wenn die Armee und Dame Primus im Mittleren Haus sind, dann müssen wir dorthin gehen«, fuhr das Vermächtnis fort. »Aber von diesem Aufzug aus ist das nicht möglich.«
    »In der Tat«, stimmte Abenddämmerung ihm zu. »Es überrascht mich, dass Ihr überhaupt angekommen seid: Doktor Scamandros hielt den Schacht für zu sehr vom Nichts gefährdet, sonst hätten wir ihn selbst benutzt.«
    »Sieht Euch ähnlich, einen maroden Fahrstuhl zu rufen!«, sagte Susi zum Vermächtnis.
    Der Rabe klapperte sie mit seinem Schnabel an und flog auf Giacs Schulter. Der versteifte sich und sah nervös weg, als ob er so die Anwesenheit des zauberischen Vogels ignorieren könnte.
    Marschall Abenddämmerung zog eine silberne Taschenuhr aus dem Ärmel und klappte sie auf.
    »Kommt! Uns bleibt weniger als eine Stunde; wir müssen sofort zur nächsten Platte marschieren! Sie bewegt sich zur Zitadelle, und in der Zitadelle befindet sich unser letzter noch funktionierender Aufzug.«
    »Dann bewegen sich die Platten also noch?«, fragte Susi. »Sie sind nicht kaputtgegangen?«
    »Manche bewegen sich noch«, antwortete Abenddämmerung. »Wir können nur hoffen, dass die, die wir brauchen, uns auch mitnehmen wird. Wenn nicht …«
    »Wenn nicht …?«, hakte Susi nach, als Marschall Abenddämmerung seinen Satz nicht beendete.
    »Dann werden wir vom Nichts vernichtet«, schloss der Bürger.

KAPITEL ZEHN

    Blatt war nur noch einen Schritt vom Vordereingang entfernt und hatte den Blick abgewendet, als der Schnitter sie hart in den Rücken stieß. Sie taumelte nach vorn, streckte die Arme aus, um sich abzufangen – und traf auf keinen Widerstand. Stattdessen stolperte sie geradewegs durch den Eingang und stürzte schreiend in Finsternis.
    Sie schrie noch immer, als der Schnitter, dessen Sense ihren Träger in ein helles, grünliches Licht tauchte, sie einholte. Erst da wurde Blatt klar, dass sie gar nicht wirklich fiel, sondern ihre Sinne ihr einen Streich spielten. Am ehesten ließ sich ihr Zustand als Schweben beschreiben, doch sobald sie vom Schnitter wegsah oder die Augen schloss, stellte sich das Gefühl des Fallens wieder ein.
    »Wo sind wir?«, fragte sie.
    »Im Inneren des Vordereingangs«, entgegnete der Schnitter. »Wir sollten nicht trödeln. Steig auf meinen Rücken, aber mach keinen Unsinn!«
    »Warum sollte ich Ihnen vertrauen?«, wollte Blatt wissen und fragte sich gleichzeitig, ob sie versuchen sollte, den Schnitter zu würgen oder so was. Damit verbunden war die vage Hoffnung, auf diese Weise eine Art Sieg davonzutragen, wenn sie ihre Ankunft dort, wo

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