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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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gleichmäßigem Tempo und hatte seinen Vormarsch weder verlangsamt noch beschleunigt. Die vorderen Reihen hatten zwar noch nicht auf ihn angelegt, aber er vermutete, dass er sich inzwischen in ihrer Reichweite befand. Arthur starrte auf das Loch in seinem Arm: Es war sauber verätzt, aber er konnte problemlos hindurchblicken. Nur sein auf zauberische Weise veränderter Körper ermöglichte es ihm, mit einer solchen Verletzung fertig zu werden. Sie schmerzte inzwischen nicht mehr, als hätte er sich an einem Stück Papier geschnitten.
    Aber er war sich darüber im Klaren, dass er nicht Hunderte – oder Tausende – solcher Wunden überleben konnte. Ebenso wusste er, dass die Wut, die er nur mit knapper Not unterdrücken konnte, lange vorher aus ihm hervorbrechen und er die Schlüssel einsetzen würde, um Zerstörungen anzurichten, wie sie sich selbst diese Krieg führenden Aliens nicht vorstellen konnten.
    Ich muss hier raus, dachte Arthur . Bevor ich noch was Schreckliches anrichte …
    Er sprang wieder in den Graben und versuchte sich die Unwahrscheinliche Treppe vorzustellen. Das hier könnte die erste Stufe sein, der blassblaue Sandsack, der die Grabenstufe darstellte. Er musste bloß weiß und leuchtend werden, und schon hätte Arthur den Einstieg.
    »Weiß und leuchtend«, sagte Arthur. »Der Einstieg in die Unwahrscheinliche Treppe.«
    Oben nahmen die klickenden Geräusche an Tempo und Lautstärke zu: Die Insektensoldaten begannen zu stürmen.
    »Weiß! Leuchtend! Treppe!«, schrie Arthur.
    Ein Quietschen zischte über seinen Kopf hinweg, aber er drehte sich nicht um und sah auch nicht nach oben: Seine ganze Aufmerksamkeit galt jenem einen blauen Sandsack, der langsam, qualvoll langsam anfing, sein Farbe zu verändern.

KAPITEL ZWEI

    Susi Türkisblau, ehemalige Tintenbefüllerin Sechster Klasse, Montags Terz und General der Armee Lord Arthurs, zuckte mit dem linken Fuß, gerade so viel, dass sie anfing, sich linksherum zu drehen. Die letzte Stunde über hatte sie sich langsam rechtsherum gedreht, und ihr war nach einer Abwechslung zumute. Zum Glück konnte sie diese Veränderung mit nur einer leichten Bewegung ihres Fußes herbeiführen. Der Fuß war der einzige Teil von ihr, der nicht fest in den zolldicken scharlachroten Strick eingewickelt war, an dem sie vom Ausleger eines Krans hing, der wiederum auf der Ostseite des Turms von Erhabener Samstag in zirka fünftausend Metern Höhe ausgeschwenkt worden war.
    »Hör auf damit!«, rief ein Zauberkundiger Zaungast, der am Fuß des Krans saß. Er las in einem großen, ledergebundenen Buch und ließ die Beine über den Rand des Turms baumeln. »Gefangene dürfen sich nicht gegen den Uhrzeigersinn drehen!«
    »Sacht wer?«, wollte Susi wissen.
    »Das sagt das Handbuch«, antwortete der Zaungast ziem-lieh steif und tippte dabei auf das Buch, das er in der Hand hielt. »Ich habe es gerade gelesen: ›Um der Entstehung zauberischer Wirbel vorzubeugen, dürfen Gefangene sich nicht gegen den Uhrzeigersinn drehen.‹«
    »Dann solltest du mich besser reinkurbeln«, meinte Susi, »sonst werd ich mich weiterdrehn!«
    Sie hing jetzt schon seit über sechs Stunden dort. Genauer gesagt, seitdem die Gewandten Ruher sie beim Regenreservoir, wo Arthur auf der Suche nach Teil Sechs des Vermächtnisses im Abfluss verschwunden war, gefangen genommen hatten. Und weil es eindeutig besser war, eine Gefangene zu sein als tot – mit Letzterem hatte sie gerechnet, als die Ruher angegriffen hatten –, war Susi recht vergnügt.
    »Hier steht: ›Gefangene müssen zu jeder Zeit in Wind und Regen hängen gelassen werden, sofern von einer Geeigneten Autoritätsperson nichts anderes angeordnet wurde‹«, zitierte der Zaungast.
    »Es hat aufgehört zu regnen«, bemerkte Susi. »Und so windig ist’s auch nicht. Eigentlich ist’s recht angenehm. Außerdem, bist du denn keine Geeignete Autoritätsperson?«
    »Dass ich nicht lache!«, brummte der Zaungast. »Du weißt sehr gut, dass ich nicht hier wäre, wenn nicht alle anderen oben wären und gegen Sonntag kämpften! Oder unten, gegen den Pfeifer.«
    Und das ist nur die halbe Wahrheit, dachte Susi mit einem Lächeln, das den Zaungast geärgert hätte, wenn er es gesehen hätte. Über uns in den Unvergleichlichen Gärten kämpft Erhabene Samstag gegen Lord Sonntag; in den unteren Teilen des Oberen Hauses kämpft der Pfeifer gegen die Streitkräfte Erhabener Samstags; Dame Primus bemüht sich, dem Nichts Einhalt zu gebieten, das das Haus

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