Goldener Sonntag
als das Insekt im Vorbeigehen die Büsche zur Seite drückte, ehe es über den Rand der Terrasse verschwand.
Eine Minute später tauchte Elefant aus seinem Versteck auf und stapfte über das Gras. Mit seinem Rüssel zog er sich an einer der Uhrenziffern aufs Zifferblatt hoch; dann trottete er zu Arthur hin.
»Ich habe meine Augen noch, Elefant«, sagte Arthur. »Und weitere zwölf Stunden, um mir was Neues einfallen zu lassen. Ich kann nicht einfach auf den Mariner warten; um zur Grenzsee zu kommen, hat er Wochen gebraucht.«
Elefant nickte.
»Ich hab nicht gefragt«, sagte Arthur, »weil ich nicht daran gedacht hab, aber kannst du jetzt sprechen?«
Elefant schüttelte langsam den Kopf und stieß ein leises, verneinendes Tröten aus.
»Ich dachte, ich könnte dich vielleicht losschicken, um ein Telefon zu suchen«, fuhr Arthur fort. »Um Dame Primus anzurufen. Aber wenn du nicht sprechen kannst … außerdem will ich auch gar nicht, dass du irgendwo hingehst …«
Elefant nickte und setzte sich mit einem lauten Bums neben Arthur.
Arthur starrte weiter in den Himmel und grübelte nach.
»Vielleicht könntest du den Hügel hinter uns hochgehen«, meinte er langsam. »Dorthin hat Sonntags Mittag meine Schlüssel mitgenommen. Wenn du die finden könntest und sie noch in dem Netz sind, dann könntest du sie mir bringen.«
Elefant richtete sich schwerfällig wieder auf und ließ ein kurzes, ungeduldiges Trompeten erschallen.
»In Ordnung«, sagte Arthur. »Du gehst los und siehst dich um. Aber sei sehr vorsichtig! Lass dich nicht in einen Kampf verwickeln oder verletzen! Versuch dich auch weiterhin zu verbergen! Und denk dran: Die Schlüssel selbst darfst du nicht berühren, nur das Netz! Komm zurück, wenn es zu gefährlich ist!«
Elefant nickte, salutierte mit dem Rüssel und stampfte los.
»Ich meine es ernst!«, rief Arthur ihm nach. »Versuch nicht, die Schlüssel zu berühren! Sei vorsichtig!«
Als sein treuer Begleiter die Uhr verlassen hatte, ließ er den Kopf wieder aufs Zifferblatt sinken. Leise fügte er hinzu: »Du bist alles, was mir noch geblieben ist. Was mich daran erinnert, wer ich wirklich bin.«
KAPITEL ACHTZEHN
Dame Primus beugte sich zu Blatt hinab und berührte ihre Schwerthand mit einem behandschuhten Finger.
»Au!«, schrie Blatt gellend auf, als ein glühend heißer Schmerz durch ihre Finger bis zum Ellbogen fuhr und ihren Arm völlig gefühllos zurückließ. Ihre tauben Finger ließen den Schwertgriff los. Die Schlaufe löste sich von ihrer Hand, und das Schwert kam ganz aus dem Vordereingang heraus und fiel klirrend zu Boden.
»Oh!«, sagte Blatt und blickte auf die daliegende Klinge. »Heißt das, ich bin jetzt nicht mehr der Leutnant Hüter? Kann ich nach Hause?«
»Nein und nein«, erwiderte Dame Primus. »Du wurdest lediglich vom Dienst im Vordereingang abkommandiert. Ich habe eine andere Aufgabe für dich.«
»Aber ich will keine Aufgaben!«, protestierte Blatt. Sie massierte sich den Arm, in den langsam das Gefühl zurückkehrte, begleitet von einem heftigen Kribbeln. »Ich will nach Hause!«
»Schon möglich, dass du das willst«, meinte Dame Primusnaserümpfend. »Aber ob es dir gefällt oder nicht, du tust entweder, was ich von dir verlange, oder du kehrst in die Tür zurück und übernimmst dort wieder deine alten Pflichten!«
Blatt ballte eine Faust – die Finger an ihrer rechten Hand verweigerten ihr noch immer den Dienst.
»Ich schätze, ich hab keine Wahl«, sagte sie wütend. »Was ist das für eine Aufgabe?«
»Du nimmst dein Schwert wieder auf und gehst mit General Susi Blau zum Oberen Haus. Dort eroberst du mit ihr so viele Aufzugssteuerungen, dass wir unsere Invasion beginnen können. Solltest du das überleben, so erwarte ich, dass du dich unserem nachfolgenden Sturm auf die Unvergleichlichen Gärten anschließt.«
»Damit bin ich für den Augenblick einverstanden«, sagte Blatt, kreuzte dabei jedoch die Finger hinter dem Rücken. »Aber sobald ich Arthur sehe, werde ich ihn dazu bringen, mich wieder nach Hause zu schicken. So stehen die Dinge.«
Dame Primus lächelte – ein schmallippiges Lächeln, das keine gute Laune ausdrückte.
»Wie du möchtest«, sagte sie. »Da wir nicht wissen, wo Lord Arthur sich aufhält, und wir ihn auch nirgends in unserem Einflussbereich ausfindig machen können, sei es im Haus oder außerhalb davon, kann ich nur wünschen, dass du ihn findest, und das schnell. Nun sage mir, hat Sonntags Abenddämmerung erwähnt,
Weitere Kostenlose Bücher