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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Augen berauben würden. Er war zwar ziemlich zuversichtlich, dass sie wieder nachwachsen würden, aber das machte die Sache auch nicht besser.
    Elefant spürte seine Angst und kam an seine Seite. Nachdem er das Medaillon zurückgebracht hatte, war Arthurs Freund noch eine Zeit lang weitergewachsen, bis er die Größe eines großen Hundes erreicht hatte – oder vielmehr die Höhe, denn Elefant war inzwischen sehr rund und wog mit Sicherheit viel mehr als selbst der stämmigste Hund.
    »Du musst bald gehen und dich verstecken«, sagte Arthur. »Lord Sonntag hat gesagt, er würde vor zwölf wieder da sein, und ich will nicht, dass die Puppen auch deine Augen nehmen.«
    Elefant senkte den Kopf und vollführte eine streitlustige Bewegung mit seinen Stoßzähnen; sie waren mittlerweile ungefähr dreißig Zentimeter lang und sehr spitz.
    Arthur schüttelte den Kopf.
    »Nein. Du kannst nicht gegen Sonntag kämpfen. Oder gegen die Puppen. Aber ich danke dir.«
    Elefant gab ein tiefes Grollen von sich.
    »Nein, ich könnte es nicht ertragen, wenn du verletzt oder gar getötet würdest«, sagte Arthur. Er erinnerte sich daran, wie er vor vielen Jahren Elefant verloren hatte. Der Schmerz über den Verlust war immens gewesen und nie ganz vergangen, auch wenn er mit der Zeit etwas nachgelassen hatte. »Du solltest jetzt besser gehen und dich verstecken.«
    Elefant salutierte mit dem Rüssel und polterte davon, um sich unter einer Gruppe hoher, blühender Sträucher zu verstecken.
    Arthur drehte sich, um einen Blick auf die Tür im Zifferblatt zu werfen. Er konnte jetzt rasselnde und scharrende Geräusche dahinter vernehmen: Die Puppen wurden lebendig und machten ihre Hackbeile und Korkenzieher bereit.
    »Ich werde euch die Rinde von den kleinen Holzköpfen treten!«, drohte Arthur und versuchte, die Wut in sich heraufzubeschwören, die in der Vergangenheit schon öfter in ihm aufgestiegen war. Aber seiner Stimme fehlte die Überzeugung, und er fand keinen Zorn in sich. Er würde versuchen, sie zu treten, aber er hatte berechtigte Zweifel daran, dass dies möglich sein würde. Wenn die Ketten ganz angezogen waren, würden sie ihn gegen das Zifferblatt drücken, und die Puppen würden von hinten auf ihn losgehen; um in dieser Position nach ihnen zu treten, müsste man schon eine Art Schlangenmensch sein …
    »Ich werde auch beißen!«, ergänzte Arthur.
    Nicht, dass meine Zähne diesen Puppen viel anhaben könnten, selbst wenn ichs schaffen würde zuzubeißen. Dafür bräuchte ich viel gefährlichere Zähne. Ich könnte auch einfach aufgeben.
    Arthur verscheuchte diesen Gedanken: Er würde nicht aufgeben!
    Ich muss außerhalb normaler Bahnen denken, wie Eric ständig sagt. Vielleicht könnte ich mir spitze Zähne wachsen lassen. Oder zusätzliche Arme. Ich könnte meine Macht einsetzen, um mich zu verändern!
    Arthur sah auf seine gefesselten Handgelenke herab, und plötzlich kam ihm ein neuer Gedanke.
    Vielleicht kann ich meine Hände richtig klein machen und so die Handschellen abstreifen!
    Er starrte auf seine Handgelenke und konzentrierte sich auf sie, versuchte, sie mittels Willenskraft zum Schrumpfen zu bringen.
    Nichts geschah, außer dem Ticken der Uhr und dem Rasseln der Kette, als ein weiteres Glied mit seinem Nachbarn verschmolz.
    Arthur versuchte es noch weitere zehn Minuten, aber es funktionierte nicht: Seine Hände und Handgelenke blieben unverändert. Er war so darin vertieft, seinen Körper zu zwingen, sich umzubilden, dass er Lord Sonntag erst bemerkte, als dieser am Rand des Zifferblatts auftauchte.
    »Nur noch eine Viertelstunde bis zwölf«, sagte Lord Sonntag. »Werdet Ihr mir die Schlüssel und den Atlas geben?«
    Arthur sah zu ihm hoch. Es waren zwar viele Stunden vergangen, aber die Sonne in den Unvergleichlichen Gärten bewegte sich nur langsam und hatte ihre Position am gemalten Himmel kaum verändert. Lord Sonntag stand so, dass ihre Scheibe hinter seinem Kopf war und ihm einen strahlenden und blendenden Heiligenschein verlieh.
    »Nein«, sagte Arthur langsam. »Das werde ich nicht.«
    Lord Sonntag runzelte die Stirn und wandte sich ab. Arthur blinzelte und blickte nach oben, aber er sah keine Libelle. Wie auch immer Lord Sonntag hergekommen war, es war nicht auf einem seiner geflügelten Geschöpfe geschehen.
    »Ich werde warten«, sagte Lord Sonntag. »Womöglich überlegt Ihr es euch danach anders.«
    Arthur reckte den Hals und schaute um sich. Sonntag hatte sich dicht bei der Uhr auf einem

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