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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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dreißig oder vierzig Meter Höhe, so steil, dass er vermutlich die Hände zu Hilfe nehmen musste, um sie zu erklimmen.
    Arthur hatte gerade einmal die Hälfte der Strecke über den Rasen im Sprint hinter sich gebracht, als der Boden unter ihm erbebte und einsackte. Er stürzte und rollte und hüpfte auf dem Gras herum wie ein Pingpongball auf einer Tischtennisplatte, während der Hügel nicht aufhörte zu beben. Als der Untergrund endlich zur Ruhe kam, lag Arthur flach auf dem Rücken, und von den Sträuchern waren alle Blüten abgefallen.
    »Was war das denn?«, dachte er laut, während er aufstand und sich umschaute. Auf den ersten Blick sah alles aus wie vorher, bis ihm auffiel, dass in weiter Ferne eine hohe Rauch- oder Staubfahne hing und dass die Sonne ein beträchtliches Stück in die Richtung gesunken war, die er willkürlich als Westen festgelegt hatte, denn sein Schatten war länger geworden.
    Die Drasils sind verwelkt, sagte Teil Sieben des Vermächtnisses. Die Gärten haben sich gesenkt, und Samstags Turm ist hindurchgebrochen.
    Jetzt reden Sie mit mir!, dachte Arthur . Wo sind Sie? Wissen Sie, ob es Elefant gut geht?
    Ich bin im Elysium, auf dem Hügel über dir, kam die Antwort. Jedoch bin ich in einen Käfig eingesperrt, und meine Fähigkeit, mit dir zu sprechen, ist beschränkt und unstet, sofern du nicht ganz in der Nähe bist. Komm zu mir … nein, warte –
    Die Stimme des Vermächtnisses brach ab. Arthur kniff die Augen zusammen, um sie vor dem grellen Licht der tief stehenden Sonne zu schützen, und starrte auf das, was er für bloßen Dunst gehalten hatte. Jetzt, wo sich der Rauch oder Staub ein wenig zerteilt hatte, stellte sich die vermeintliche Rauchfahne als Festkörper heraus, der die Hecken um weit über hundert Meter überragte und die Landschaft der Unvergleichlichen Gärten beherrschte. Es sah so aus, als ob sich die obersten fünfzig Stockwerke von Samstags Turm durch die Unterseite der Unvergleichlichen Gärten gebohrt hatten wie eine Nadel durch ein Stück Stoff.
    Das wird Sonntag Kopfschmerzen bereiten!, dachte Arthur zufrieden. Abertausende weiterer Zauberer, die in die Gärten einfallen.
    Er drehte sich um, um sich auf den Weg zur Böschung zu machen, die zur Hügelkuppe hinaufführte, als von fern das Summen einer Libelle an sein Ohr drang. Sofort wechselte er die Richtung und rannte auf den nächstbesten Baum zu. Er kauerte sich unter die tieferen Äste und suchte den Himmel ab.
    Die Libelle, auf deren Rücken sich eine Menge Bürger befanden, hielt direkt auf ihn zu. Als sie näher kam, hob Arthur den Fünften Schlüssel und begann, einen weiteren Ausstoß blendender, intensiver Hitze aufzubauen. Als er die Energie gerade freisetzen wollte, spürte er die Macht des Siebten Schlüssels, die von der Libelle ausstrahlte. Es war, als ob die Hand eines Riesen über die Terrasse streifte, deren Finger nach etwas Verborgenem tasteten … unsichtbare Finger, die nach Arthur suchten.
    Augenblicklich unterbrach Arthur sein Tun und rief stattdessen die Macht seiner beiden Schlüssel an, auf dass sie ihn vor Lord Sonntag versteckten.
    Vom Fünften Schlüssel spürte er keine Reaktion, doch durch die Knöchel seiner rechten Hand schoss plötzlich ein arthritischer Schmerz. Ohne seine bewusste Anweisung begann der Sechste Schlüssel etwas in die Luft zu skizzieren und ließ Arthurs Hand hin und her sausen wie eine Schwalbe auf der Jagd nach fliegenden Insekten. Zurück blieb ein spinnfadendünner Schweif aus blassgrüner Tinte, der in der Luft hängen blieb und sich nicht auflöste.
    Binnen weniger Sekunden hatte der Sechste Schlüssel eine rostbraune Pflanze gezeichnet, deren breite, weit ausladende Blätter den am Boden kauernden Arthur bedeckten und die genauso aussah wie die anderen Pflanzen, die am Rand des Rasens wuchsen. Von innen betrachtet kam Arthur das Ganze wie eine simple, dreidimensionale Skizze vor, die niemanden auch nur einen Moment lang zum Narren halten konnte, aber er hoffte, dass er von außen jetzt wirksam als Pflanze getarnt war und diese Tarnung zumindest der Fernsuche Lord Sonntags standhalten würde.
    Die Libelle flog über ihn hinweg und blieb über der Hügelkuppe schweben. Mit angehaltenem Atem beobachtete Arthur, wie die Strickleiter entrollt wurde. Sonntag, sein Mittag und sein Morgengrauen stiegen herab und entschwanden seinem Blick.
    Bleib versteckt! , sagte das Vermächtnis, das plötzlich wieder in seinem Kopf war. Bleib –

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

    Eine

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