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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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ausbalanciert hatte.
    »Giac!«, rief er eindringlich. Ohne sich umzudrehen oder zur Seite zu blicken, durchstach der Zauberer die Dose an zwei Stellen und begann, die hellrote Flüssigkeit in den Trichter zu gießen. »Seht in meiner rechten Tasche nach! Ich brauche eine amtliche Uhr!«
    Susi gab sich Mühe, nicht zuzusehen, wie Scamandros und Giac an der lebensgefährlich verwundeten Blatt arbeiteten. Dafür ließ sie das Biestwurz nicht aus den Augen, denn man konnte nicht wissen, was es tun würde, falls Blatt tatsächlich starb.
    »Ich weiß, ich hab gesagt, ich will General sein«, sagte Fred. »Aber ich wollte nie – es ist einfach in meine Hand gekommen. Ich wusste nicht mal, was es war –«
    Susi schaute zu ihm hoch: Fred war fast einen halben Meter gewachsen, seitdem er – nur wenige Augenblicke nachdem Blatt gestürzt war und vom Biestwurz in eine ferne Ecke des Stockwerks gebracht worden war – das Schwert des Leutnant Hüters aufgehoben hatte.
    Daisys Rückzug hatte beinah zum Verlust der Schlacht geführt, aber Freds Amtsübernahme und seine schwertgeübten Muskeln hatten geholfen. Trotzdem wären Susis Räuber überwältigt worden, wenn die Vorausabteilungen der Armee nicht früher als erwartet eingetroffen wären. Angeführt von Donnerstags Morgengrauen, Mittag und Abenddämmerung hatten sie mit den Neunichtsen nicht viel Federlesens gemacht, woraufhin diese schnell den Rückzug angetreten hatten. Nach oben, wie Susi bemerkte.
    Mehr als die Hälfte ihres eigenen Stoßtrupps war gefallen. Neununddreißig Pfeiferkinder waren umgekommen, und auch wenn Susi immer davon sprach, dass ihre sehr langen, ereignisreichen Leben irgendwann einmal enden mussten, fiel es ihr doch schwer, fröhlich zu bleiben.
    »Blau steht dir gut«, sagte sie jetzt. »Ist auch ein bisschen Gold dran – das passt.«
    »Ich weiß nicht, was ich machen soll«, sagte Fred, und seine Stirn legte sich in tiefe Falten. »Ich kann den Vordereingang spüren, und das Schwert … das Schwert will zurück. Doc Scamandros sagt, was immer Dame Primus getan hat, die Wirkung verliert sich. Er hat gesagt, das Schwert ist selbst eine Art Bürger; die Architektin hat es gemacht.«
    »Das hab ich gewusst«, sagte Susi halbherzig. Doktor Scamandros stand auf, und gleich darauf erhob sich auch Giac. Beide nahmen ihre Kopfbedeckungen ab.
    »Nein!«, flüsterte Susi.

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

    Doktor Scamandros wischte sich mit einem großen Seidentaschentuch die Stirn ab und Giac mit dem Ärmel seine. Dann drehten sich beide um und lächelten.
    »Sie wird leben!«, sagte Scamandros.
    Susi stürzte auf die beiden zu.
    »Untersteht euch, noch einmal so theatralisch die Hüte abzusetzen!«, schimpfte sie. »Seid ihr sicher, dass es ihr gut geht?«
    »Es war ein wenig heikel«, erwiderte Scamandros. »Sterbliche sind so zerbrechlich. Aber mit genügend Ruhe wird sie wieder vollständig genesen.«
    Er hielt inne, und ein dunkler Tsunami türmte sich auf einer Seite seines Gesichts auf, während auf der anderen ein Turm von einem dunklen Loch im Boden verschlungen wurde.
    »Vorausgesetzt, wir werden nicht vernichtet«, ergänzte er. »Wir sollten sie nach Hause schaffen«, sagte Susi. Ihre Augen sahen sehr alt aus, als sie auf das ohnmächtige Mädchen hinabblickte. »Sie ist noch keine dreizehn; manchmal vergesse ich das.« Sie sah Fred an. »Denkst du, du könntest sie auf die Erde zurückbringen?«
    »Wahrscheinlich«, antwortete Fred. »Kommt drauf an, was diese Nichtlinge im Vordereingang im Schilde führen. Aber meinst du, Dame Primus wird mich lassen?«
    »Frag sie einfach nicht!«, sagte Susi. »Sie hat nie gesagt, dass du was machen sollst. Es ging ja immer nur um Blatt, solang sie das Schwert hatte. Und außerdem ist die olle Primel eh nicht hier …«
    »Doch, ist sie«, widersprach ihr Giac. »Da drüben.«
    Wie ein Kreisel wirbelte Susi herum. Und tatsächlich, Dame Primus war aus einem der Aufzüge herausgetreten, an der Spitze einer schnatternden Schar höherer Bürger.
    »Heb sie hoch, und bring sie fort-jetzt!«, befahl Susi.
    Fred warf einen besorgten Blick auf das Biestwurz. »Was ist mit Daisy? Sie wird mich bestimmt nicht –«
    »Oh, ich glaube, hier kann ich von Hilfe sein!«, schaltete sich Doktor Scamandros ein. Er griff in seine Tasche und zog etwas halb heraus, bevor er es wieder zurücksteckte und hinter Giac trat. Dann bedeutete er den anderen, sich um sie zu scharen und die Köpfe zu senken, damit von außen nicht zu erkennen

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