Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldfalke (German Edition)

Goldfalke (German Edition)

Titel: Goldfalke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
Vom Netzwerk:
Meerhengst kämpfte sich auf rutschendem Sand eine Anhöhe hinauf und blieb oben auf dem Dünenkamm stehen. Kiana flog hinzu, hielt den Teppich auf Schulterhöhe des Pferdes in der Luft an und schaute zusammen mit ihren Freunden hinunter auf den See.
    Unzählige Skorpionkrieger tri eben mit dem Bauch nach oben auf der Wasseroberfläche. Die überlebenden kletterten auf die toten und ertrinkenden. Die Ifrit und Afrit waren eifrig dabei, ihnen den Rest zu geben, und gingen so sehr in dieser Tätigkeit auf, dass sie Nesrin, Amir und Kiana nicht mehr beachteten. Die Graugewandeten, die noch auf Teppichen saßen, versuchten zu retten, was von ihren Gefährten noch zu retten war, und wurden dabei reihenweise von den Ifrit und Afrit ins Wasser geschubst.
    „Schnell weg von hier, bevor die uns bemerken!“, stieß Nesrin hervor und stieg hinüber zu Kiana und Baski. Amir versuchte das auch, doch der Teppich drohte zu kippen.
    Nesrin wehrte ihn ab. „Lass das! Teppiche dieser Größe sind nur für eine Person ausgelegt. Mehr als zwei Leute packen die nicht. Du musst reiten, wenn du schon einen Gaul als Dschinn hast. Also, Alter, trab an!“
     
    Der Meerhengst kam schneller voran als erwartet. Der flossenartige Schweif flatterte im Wind, als Amirs Dschinn über die Sanddünen galoppierte, dem Teppich der Mädchen hinterher. Kiana überließ Nesrin das Steuern. Oder Baski. Wem von den beiden auch immer, denn das konnte man nie genau sagen. Das Kätzchen saß vorne am äußersten Teppichrand und sichtete konzentriert die Umgebung.
    I n sicherer Entfernung hielten sie an. Falls es so was wie eine sichere Entfernung überhaupt gab. Erschöpft sanken sie am Fuße eines Hügels zu Boden, den sich die Hitze aus verhärtetem Sand zurechtgebacken hatte. Braun und vertrocknet kündeten ein paar armselige Grasbüschel von einem vergangenen Leben, an das man hier nicht so recht glauben konnte.
    Die beiden Mädchen verschwanden hinter dem H ügel, um sich dort endlich zu erleichtern, dann kehrten sie zu Amir zurück. Indem Nesrin den Teppich schräg in die Luft stellte, gelang es ihr, etwas Schatten zu erzwingen, in dem sie und ihre Begleiter sich niederlassen konnten. Der Meerhengst blieb neben ihnen stehen und ließ seine Augen schweifen. Als würde er die Umgebung ausspähen.
    „ Oh Mann, das war ja so was von krass, hey!“ Ohne Rücksicht darauf, dass sich eine Schicht Sand auf ihr noch feuchtes Haar klebte, legte sich Nesrin auf den Rücken. „Und ich wollte mich gerade beschweren, dass das blöde, stundenlange Fliegen über die Wüste auf die Dauer etwas langweilig wurde.“ Unvermittelt setzte sie sich auf und boxte gegen Amirs Schulter. „Wie kannst du Idiot so einfach abstürzen! Ich hab mir vor Schreck in die Zunge gebissen.“ Sie streckte die Zunge seitlich heraus, zeigte mit ihrem Finger darauf und lispelte: „Siehst du? Hier!“
    Amir warf ihr einen finsteren Blick zu. „Deine Zunge ist wohl unser geringstes Problem. Außerdem bist du genauso ins Wasser gefallen. Und dabei habe ich dich noch extra hin zu Kianas Teppich geschubst, als meiner auseinander gefallen ist.“
    Nesrin winkte ab. „Ist doch egal jetzt! Wichtig ist, dass wir diesem Horror en tkommen sind.“
    Noch immer glaubte Kiana, die Gischt zu riechen und die Schreie der Graugewandeten zu hören. Der Graugewandeten und … „Da war ein Mädchen unter diesen Menschenfressern!“
    „Ja, ich hab sie auch gesehen“, erwiderte Nesrin. „Das muss die Wildstreune gewesen sein, eine von Damons engsten Vertrauten. Echt schräg, die Tussi, was?“
    Nun , da sich die Anspannung löste, wartete Kiana vergeblich auf das Gefühl unendlicher Erleichterung, das eigentlich jetzt kommen musste. Immerhin hatten sie überlebt. Nicht nur überlebt, sondern gesiegt. War das nicht ein gewisses Maß an Erleichterung wert? Doch alles, was sie fühlte, war Elend. Böse Dschinns zu erledigen, die nicht wirklich sterben konnten und die man damit lediglich für einige Zeit ausschaltete, war eine Sache. Aber heute hatte der Falke, der jetzt majestätisch am Himmel kreiste, Menschen getötet. Menschenfresser zwar, aber zumindest sahen sie aus wie Menschen. Einigermaßen.
    „Ein Mädchen soll die Vertraute des Schrecklichen Sultans sein?“ Amir schü ttelte den Kopf.
    „Jetzt kommt wohl wieder dein beschissenes Mädchen-sind-zu-doof-zu-allem-Blabla!“
    „ Meine Meinung über Mädchen ist …“ Er stoppte mitten im Satz und verzog den Mund.
    „ Falsch“, ergänzte Nesrin.

Weitere Kostenlose Bücher