Goldfalke (German Edition)
ihnen flogen mindestens dreißig oder noch mehr grau gekleidete, vermummte Männer auf grauen Teppichen, die den Skorpionen etwas zuriefen. Befehle, wie es schien.
Ganz langsam schob en sich die Mädchen zurück in die Höhle. Mit dem Bauch fast auf dem Boden schlich Baski nebenher. „Jetzt bloß keine ruckartige Bewegung!“, raunte Nesrin. Doch es war zu spät. Die Männer auf den Teppichen hatten sie bereits entdeckt.
Ein kurzer Ruf eines Mannes, und alle, Graugewandete wie Skorpione, drehten sich wie die Glieder eines einzigen todbringenden Organismus mit einem gemeinsamen Ruck zu den Mädchen um. Und schon schossen die Männer auf sie zu. Wie graue Kampfflugzeuge.
„ Scheiße!“ Nesrin sprang in die Höhle. „Renn, Ki!“
Zusammen hetzten sie zurück in die Grotte und weiter in den Gang.
Amir stand mit dem Gesicht zur Felswand und war offenbar gerade dabei, sich seinerseits des getrunkenen Quellwassers zu entledigen.
„ Weg hier! “, brüllte Nesrin. „ Schnell! “
Hastig brachte Amir seine Kleidung in Ordnung, und schon waren die Feinde da. Zehn, elf, zwölf graugewandete Männer auf ihren Teppichen. Sie kamen von oben über die Gipfelkante der Felswand, fielen im Sturzflug nach unten, formierten sich im Halbkreis um Amir und die Mädchen, zückten armlange Krummsäbel.
Es gab ein metallisches Geräusch, als Amir die drei Außenklingen seiner Waffe aufschnappen ließ. Zeitgleich zogen die Mädchen ihre Dolche. Mit ihrer freien Hand öffnete Kiana die Glasphiole an ihrem Hals und schickte den Falken hinaus.
Nesrins Kätzchen hüpfte auf den Teppich des ersten heranfliegenden Feindes, landete darauf als Säbelzahntiger, brachte so Mann und Teppich zum Absturz, begrub beides unter sich. Der Schrei des Mannes wurde verschluckt von Baskis Raubtiergrollen und Baskis Zähnen.
Urplötzlich erschien ein Gesicht vor Kiana, entmenschlicht durch die nagelspitzen Zähne in einem gehässig fletschenden Mund. Der Mann war ihr so nah, dass die Vorderkante seines grauen Teppichs gegen ihre Knie stieß und eine Woge seines fauligen Atems in ihre Nase wehte.
Mit einem Schrei sprang sie zurück, fuchtelte panisch mit ihrem Dolch, erntete nur höhnisches Gelächter, das jedoch schlagartig stoppte, als der Falke vom Himmel stürzte und sich mit dem Schnabel voran in die rechte Augenhöhle des Angreifers bohrte. Flatternd ließ der Vogel von seinem um sich schlagenden Opfer ab, nur um sich dann mit blitzartiger Präzision dem zweiten Auge zu widmen. Der Graugewandete schaffte es zwar, den Falken wegzuschleudern, fiel dabei aber vom Teppich. Schreiend presste er die Hände auf die blutige Masse, die einmal ein Gesicht gewesen war. Kiana glaubte, vor Entsetzen nie mehr atmen zu können.
Der Falke driftete waagrecht durch die Luft und warf sich noch im selben Schwung auf den nächsten Graugewandeten. Baskis Gebiss zermalmte einen Schwertarm, Amirs Dolch traf die Brust eines brüllenden Menschenfressers, der sich gerade auf Nesrin stürzen wollte. Doch es kamen immer mehr Graugewandete über die Felskante geflogen.
Amir drängte Nesrin zur Felswand und schirmte sie mit seinem Körper ab. „Versucht, euch in Sicherheit zu bringen! Ich halte die hier so lange wie möglich auf!“
„ Keine gute Idee!“ Nesrin zerrte Teppiche, Taschen und den Proviantkorb an Amirs Beinen vorbei in die Felsspalte und holte das Gierige Töpfchen heraus. „Schnell, hier rein!“
Sofort sprangen Kiana und Baski in den Schutz des Felsganges, während Amir noch immer den Eingang mit ausladendem Umherschwingen des Vierklingendolchs verteidigte.
Nesrin kreischte ihn an: „ Hier rein, Alter, sonst endest du gleich als Kannibalen-Snack! “
E ndlich gehorchte er ihr, trat rückwärts in den Felsgang und wehrte dabei zwei Graugewandete ab, die ihm nachfolgen wollten.
Nesrins Dolch durchtrennte den himmelblauen Stoff, mit dem der Zaubertopf zugebunden war. Sie zog den Deckel ab, warf ihn mitsamt dem Topf dem nächsten Graugewandeten an den Kopf - „Viel Spaß damit, Jungs!“ - wich zurück in die Felsspalte, stellte ihren Teppich wie eine Tür senkrecht in den Eingang und sperrte so die Angreifer aus.
Während draußen ein bestialisches Geheul losbrach, entrollte Amir seinen Teppich, ließ ihn in der Luft schweben und rief: „Flieg los, Kiana!“ Er hob die überraschte Nesrin auf seine Arme, warf sie auf seinen Teppich und saß schwungvoll hinter ihr auf. Mit einem beherzten Sprung schnellte Baski hinterher und landete als
Weitere Kostenlose Bücher