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Goldfalke (German Edition)

Goldfalke (German Edition)

Titel: Goldfalke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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getäuscht hatte. Dass das, was sie für kostbare Kommoden gehalten hatte, nur Gesteinsbrocken waren, der Diwan und die Sitzkissen ebenfalls. Das Fenster entpuppte sich als eine Felsspalte und die Wandgemälde als Maserungen im Gestein. Aber im Schatten, dort wo sich das Licht nicht hinwagte, lag noch etwas anderes.
    Etwas , das sich aufrichtete.
    Ein Mensch, der aufstand vom Boden und sich auf Kiana zu bewegte. Als er den Lichtstrahl durchquerte, der aus der Felsspalte trat, wurde klar, dass es doch kein Mensch war.
    S ondern eine Riesenschlange.
    M it einem Leib so dick wie ein Menschenkörper, schuppig schillernd, das gemusterte Nackenschild gesträubt, die gespaltene Zunge auf Augenhöhe mit Kianas schockgeblähten Nasenflügeln, die lähmenden Pupillen unerwartet rund.
    Kiana konnte sich nicht bewegen, konnte nicht atmen, konnte nicht mal vor Schreck tot u mfallen, konnte gar nichts. Nur starren. Dann, von einem pochenden Herzschlag zum anderen, verwandelte sich die Schlange. Das Nackenschild wurde zum ausgestellten Kragen eines schillernden Kleides, zart geschwungene Lippen erschienen, wo nur eine Maulspalte gewesen war, und das Schlängeln des Schlangenleibes ging nahtlos über in den eleganten Hüftschwung eines kurvigen Frauenkörpers. Sahmaran - diese schöne Dame musste Sahmaran sein - glitt nach hinten auf den Diwan, der jetzt wieder ein Diwan war, und deutete einladend auf das Sitzkissen daneben.
    „Friede sei mit dir, Königin“, brachte Kiana mit Mühe he raus.
    „ Sei willkommen, Heilerin-Spross, wo es schon lange kein Willkommen mehr gibt“, sagte Sahmaran im heiseren Flüsterton einer Frau, die Geheimes mitteilt. „Setz dich zu der, die nie Besuch empfängt!“ Die Worte klangen aber auch wie das Zischen einer Schlange. Es war beides zugleich. So wie das mit Diamanten bestickte Sitzpolster, auf dem sich Kiana fügsam niederließ, im nächsten Moment ein Steinbrocken war mit Quarzeinschlüssen. Bequem und hart zugleich.
    „ Ich habe Kunde von dir, seit du geschlüpft“, flüsterte/züngelte Sahmaran.
    Überrascht schluckte Kiana. „Das ist …“ - seltsam, verwirrend, unmöglich - „… eine E hre!“
    „S eit Verrat schnitt grausam in unschuldiges Fleisch, um vergeblich sich zu laben an den Schlingen der Frauenweisheit, lag ich so viele Häutungen lang, so viele Schmerzen lang, so viele Zeitalter lang nicht lebend nicht sterbend. Bis deiner Mutter heilende Güte mich fand.“
    Das erklärte, warum Soraya ausgerechnet Kiana hierher geschickt hatte. Langsam fasste das Mä dchen so etwas wie Mut.
    „Du bist gekommen mit Schlangenfressertochter“, sprach die Königin weiter, wodurch sich Kianas Mut sogleich wieder verflüchtigte. Sahmarans Kopf wiegte schlangengleich hin und her.
    „Nesrin wollte nicht … sie konnte nichts dafür“, stammelte Kiana. „Sie wurde so aufgezogen, aber jetzt hat sie es aufgegeben, das Schlangenfressen meine ich.“
    Oh nein! Ihr Gefasel war zu gedankenlos, zu atemlos, zu schädlich! Schnell etwas Richtiges sagen! „Soraya, Sayed, Ava, Fatima, der ganze Palast lässt dich grüßen, erhabene Königin.“
    Das schien einigermaßen angemessen gewesen zu sein, denn Sahmaran räkelte sich nun entspannter, wie es schien. „Wenn Hunger sich regt, labe dich!“ Mit einer fließenden Geste ihres schlanken Armes deutete die Königin auf ein Tischchen, auf dem eine flache Keramikschale stand. In der Schale lagen ein paar tote Tiere: Mäuse, Frösche und eine Ratte.
    Schlangenfraß.
    Nur einen Wimpernschlag später war das Tischchen nur ein Gesteinsklotz und die Schale eine Mulde darin. Doch die toten Tiere blieben tote Tiere.
    „ Nein, nein danke, danke vielmals, ich möchte keine Umstände machen!“, beeilte sich Kiana zu beteuern. „Ich bin hier, um dich, ehrenwerte Königin, um eine Auskunft zu bitten.“ Argwöhnisch beobachtete sie eine kleine Schlange, die über ihren Schoß kroch, wagte aber nicht, etwas dagegen zu unternehmen.
    „ Ehrliche Auskunft oft ersucht“, äußerte Sahmaran, „und selten begrüßt.“
    Was auch immer das bedeuten mochte.
    Würde es zu ungehobelt klingen, wenn Kiana jetzt gleich zur Sache kam? Ja, bestimmt sogar. Doch wie hielt man höflichen Plausch mit einer Schlangenkönigin? Bevor ihr Mut sich gänzlich verabschiedete, platzte Kiana heraus: „Erhabene Königin, ich bitte dich, mir zu sagen, wo meine Mutter ist!“
    Anmutig neigte Sahmaran ihr Haupt. Die Edelsteine in ihrem Kop fputz funkelten selbst im Dämmerlicht. „Als

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