Goldfalke (German Edition)
verpetzte ihnen den Aufenthaltsort Sahmarans. Auf jeden Fall haben diese Typen dann Stücke von Sahmarans Schlangenkörper herausgeschnitten und gefressen, um sich die Weisheit der Schlangenkönigin anzueignen. Hat vermutlich nicht geklappt, wie ich das einschätze. Manche behaupten, Sahmaran wurde dabei getötet. Die meisten im Palast aber behaupten, sie hätte irgendwie überlebt.“
Was Kiana am meisten beunruhigte, waren Wörter wie Königin der Schlangen und Schlangenkörper. „Dann ist Sahmaran eine Schlange?“
„Zur Hälfte, sagt man . Mehr weiß ich auch nicht. Lass dich einfach überraschen!“
Kianas Lust auf Überraschungen hielt sich allerdings in Grenzen. „Und Sahmaran weiß, wo meine Mutter ist?“
„Wenn Soraya das denkt, muss wohl was dran sein.“
„Und warum haben die Leute im Palast Sahmaran dann nicht selber gesucht und befragt?“
„Keine Ahnung.“
Sie flogen tief hinein in das zackig geformte Gebi rge. Schon lange hatten sie keine Menschen mehr getroffen. Nur ein Adler zog hoch oben am sonnenüberfluteten Himmel seine einsamen Kreise. Auf einem Felsvorsprung, von wo aus man eine gute Sicht auf die umliegenden Berge und Täler hatte, landete Nesrin ihren Teppich. Kiana versuchte, es ihr gleich zu tun, traf allerdings härter auf dem Felsen auf.
Viel härter.
Sie spürte die Erschütterung bis ins Knochenmark. Als sie sich erhob, um sich wie Nesrin zu strecken und die Beine auszuschütteln, knackten ihre Gelenke.
Nesrin bückte sich und st upste auf die samtige rosa Nase ihres Dschinns. „So, Baski. Jetzt bist du dran. Finde Sahmaran, aber sei vorsichtig! Ich will nicht, dass du im Magen irgendeiner Riesenschlange endest.“
Riesen schlange - schon wieder etwas, über das man besser nicht weiter nachdachte. Kiana zog eine Wasserflasche aus ihrer Provianttasche und nahm einen durstigen Schluck. Erstaunlicherweise war die Flasche nicht aus edlem Glas, wie Kiana erwartet hatte, sondern aus einfachem Plastik. „Glaubst du, Baski findet Sahmaran?“
„ Das hoffe ich doch.“ Nesrin nahm sich ebenfalls eine Flasche.
„Und wie?“
„Baski geht einfach den Schlagen nach. Dort, wo alle Schlangen zusammenkommen, finden wir auch die Schlangenkönigin. Logisch, oder? Mach dir keine Sorgen! Baski findet fast alles.“
Das Letzte, was Kiana wollte, war, dorthin zu gehen, wo alle Schlangen zusammenkommen. Worauf hatte sie sich da bloß eingelassen? Als Soraya sie gebeten hatte, sich an Sahmaran zu wenden, hatte das so harmlos geklungen. So, als müsste man nur darauf warten, dass Sahmaran aus dem Kreis der Palastbewohner vortreten und sich mit Rat und Tat zur Verfügung stellen würde. Und jetzt befand sich Kiana mit Nesrin auf einem Felsvorsprung, aß im Stehen Käse mit Brot und Datteln und schaute dem Dschinn-Kätzchen hinterher, das einen ziemlich steilen Abhang hinunterlief.
„Ich glaube, Baski hat eine Idee, wo es hingehen könnte“, meinte Nesrin. „Wir sollten uns dranhängen.“
Rasch packten sie ihre Sachen zusammen, stiegen auf die Teppiche und glitten im Sinkflug den Abhang hinab. Kiana krallte sich am Te ppichrand fest und löste die Finger erst, als sie das Tal erreicht hatten. Nesrins Dschinn folgte unermüdlich einer Spur, die sich nur ihm selbst erschloss. Von einem Tal ins nächste. Und ins übernächste. Und noch weiter.
Gerade als sich Kiana fragte, ob sie jemals irgendwo ankommen würden oder ob sich Baski nur einen Spaß daraus machte, sich mal richtig auszutoben, beobachtete sie unter sich auf der steinigen Erde eine Bewegung. Ein Schlängeln.
Und da vorn unter dem vertrockneten Busch - das war doch auch eine Schlange, oder?
Oh ja, das war eine. Und was für eine! Sie war grau mit gezackten braunen Streifen und doppelt so groß wie eine weitere links davon. Kiana flog darauf zu, bis sie ihre Aufmerksamkeit und ihr Tempo gerade noch rechtzeitig drosseln konnte.
Auf dem Ast des Maulbeerbaums da drüben - war das nicht noch eine Schlange? Ja, und in der Erdmulde darunter auch. Und zwei weitere im Schatten dieses Schlehdorns rechts davon.
Mit einem beherzten Sprung setzte Baski über eine graue Otter hinweg und hielt auf eine Höhle zu, deren Eingang vor Schlangen nur so wimmelte. Baski hielt an und starrte in die Höhle, ging aber nicht hinein. Was Kiana gut verstehen konnte.
Nesrin lenkte ihren Teppich neben Kianas. „Ab hier musst du a llein weiter, Ki. Denk dran, immer den Schlangen nach!“
„Ich allein?“, keuchte Kiana en tsetzt.
„Du
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