Goldfasan
Haushaltsgegenstände deklariert. Die erste wird, wenn alles nach Plan verläuft, in wenigen Tagen eintreffen.«
»Wer wählt aus, was und vor allem wie viel an uns geht?«
»Das macht Müller. Wir haben abgesprochen, dass wir die Finger von Einzelstücken lassen. Es würde möglicherweise auffallen, wenn ein SS-Kommando ein besonders ausgefallenes Schmuckstück abliefert, es aber später in keiner Transportliste auftaucht. Also nur Allerweltsschmuck. Aber Gold bleibt schließlich Gold.«
»Sehr richtig. Und die Bezahlung?«
»Jeder meiner Freunde erhält fünfzehn Prozent des Warenwertes. Ursprünglich haben sie fünfundzwanzig verlangt, aber da wir das Transportrisiko in die Schweiz tragen und die unverkäuflichen Stücke lagern müssen, bis wir sie einschmelzen und verkaufen können, habe ich den Preis gedrückt. Der Erlös dessen, was du über deine Schweizer Geschäftspartner sofort verkaufen kannst, wird aufgeteilt und auf dortige Nummernkonten hinterlegt. Alles andere bleibt zunächst bei uns.«
»Wie können deine Freunde sicher sein, dass wir sie nicht hintergehen?«
»Sie führen eine Liste der übersandten Waren. Ein Durchschlag liegt jeder Lieferung bei. Vertrauen gegen Vertrauen. Dann erwarten sie natürlich die Auszüge der Nummernkonten. Und schließlich können sie sehr unangenehm werden, wenn sie betrogen werden.«
»Sie wissen also, dass sie nicht sofort über das Geld verfügen können?«
»Ja. Ihr Anteil wird erst fällig, sobald wir den Schmuck verkauft haben. Dass das dauern kann, ist ihnen bewusst.« Munder grinste. »Und bis dahin kann noch viel passieren.«
»Noch einen Schluck Wein?« Trasse hob die Flasche.
21
Dienstag, 6. April 1943
W ie befürchtet hatte die Anzeige, die Golsten in den Tageszeitungen in Herne und den umgebenden Städten geschaltet hatte, kein brauchbares Resultat erbracht. Sie wussten immer noch nicht, wer der tote Säugling war. Natürlich hatten sich die üblichen Spinner bei der Polizei gemeldet, Wichtigtuer oder Denunzianten, die endlich die Chance sahen, die Auseinandersetzung mit ihren Nachbarn ein für alle Mal für sich zu entscheiden. Aber das war es auch.
Bei der genaueren Untersuchung der Decke, in die die Leiche eingewickelt gewesen war, waren immerhin ein paar blonde Haare sichergestellt worden, die nicht von dem toten Kind stammen konnten. Und der Rechtsmediziner hatte seine Annahmen über den Todeszeitpunkt präzisiert. Er war nach der erfolgten Obduktion davon überzeugt, dass das Kind unmittelbar nach seiner Geburt zwischen dem 20. und 24. März ermordet worden war.
Golstens Telefon klingelte.
»Heil Hitler, Hauptsturmführer«, flötete Margot Schäfer. »Der Sturmbannführer möchte Sie sprechen. Einen Moment, ich stelle durch.«
Wie gewohnt, kam Saborski sofort zur Sache. »Ich hatte doch darum gebeten, in der Sache Munder über jeden Ihrer Schritte informiert zu werden, Hauptsturmführer.«
»Das habe ich auch getan.«
»Sie haben die Nachbarn Munders befragt.«
»Ja.«
»Warum wusste ich nichts davon?«
»Ich hatte Ihnen sehr wohl mitgeteilt, dass ich Erkundigungen im Umfeld der Vermissten einholen wollte. Und nicht mehr habe ich getan.«
»Ich hatte da nicht an die Nachbarschaft der Munders, sondern an die anderen Fremdarbeiter gedacht. Aber gut. Was haben Ihre Erkundigungen ergeben?«
Fieberhaft dachte Golsten nach. Gestern erst hatte er die Nachbarn befragt, heute schon war Saborski am Telefon. Die Quelle dieser Information hatte mit Sicherheit einen Namen: Munder.
»Beide Nachbarinnen, mit denen ich gesprochen habe, haben ausgesagt, die Polin nur selten gesehen zu haben. Doch es gibt auch Widersprüchliches. Wenn die eine Nachbarin recht mit ihren Beobachtungen hat, könnte die Ursache für das Verschwinden der Polin in der Behandlung durch die Familie Munder liegen. Die andere Nachbarin dagegen behauptet, die Munders behandelten die Polin vorbildlich.«
Golsten entschied sich, seinem Vorgesetzten nichts davon zu berichten, dass es einen Zusammenhang zwischen dem toten Kind und dem Verschwinden der Polin geben könnte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erschien ihm diese Annahme doch noch zu vage.
»Möglicherweise können die anderen Nachbarn …«
»Vergessen Sie die Nachbarn. Ich möchte nicht, dass es so aussieht, als würde das Reichssicherheitshauptamt gegen Munder ermitteln. Die Leute in der Schäferstraße zerreißen sich ohnehin schon das Maul. Also, keine Befragung weiterer Nachbarn.«
Als Golsten mit der
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