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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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göttlich.
    Tama suchte nicht mit und sah mir auch nicht über die Schulter. War sie vielleicht Analphabetin? Wahrscheinlich. Das war bedauerlich, aber durchaus weit verbreitet, vor allem unter Frauen. Ich hatte nur Lesen und Schreiben gelernt, weil es eine gute Beschäftigung schien, in den Pausen zwischen den Stürmen des blanken Kriegsterrors die Zeit totzuschlagen. Eine Menge Jungs machten das. Es wurde dazu auch ermutigt. Geschriebene Mitteilungen wurden über Zeit und Entfernung hinweg weniger entstellt. Und Karentas gebildete Einheiten waren über den ganzen Krieg gesehen letztlich doch einen Tick effektiver und effizienter als Venagetas letzte Generation.
    Jetzt jedoch hatten Karentas Machthaber Sorgen. Sie kamen langsam auf den Trichter, dass es ein schwer wiegender Fehler gewesen sein könnte, dem gemeinen Volk den Zugang zu Büchern gestattet zu haben. Literatur schmuggelte verrückte Ideen in Köpfe, die hohl weit nützlicher gewesen waren. Bücher gestatteten Kerlen, die schon seit hundert Jahren tot waren, ihre Erfahrungen weiterzugeben, die sie damals gemacht hatten, was für zahllose Entgleisungen des Staates Unsterblichkeit bedeutete.
    Es gab sogar unheimliche Gerüchte, dass der Mob seinen Jungen das Lesen und Schreiben beibringen und damit diese Perversionen fortsetzen wollte. Der heutige Wahnsinn der Gedankenfreiheit würde möglicherweise noch Generationen andauern. Es könnte sogar die natürliche Ordnung der Dinge ins Wanken bringen.
    Mädchen jedoch widerfuhr nur selten Bildung. Tinnie ist eine Ausnahme, weil unter den Tates alle produzieren. Die Tates ähneln in vielen Belangen eher den Zwergen. Tinnie führte ihre Buchhaltung.
    »Ich bin kein Nachtmensch, Garrett«, erklärte Tama nach einer Weile. »Und ich war in letzter Zeit oft lange wach. Ich muss ins Bett.«
    Ich begriff sie nicht direkt. Also wiederholte sie es, diesmal etwas direkter.
    »Ich will in die Kiste hüpfen, Garrett. Adolph würde mich erwürgen, wenn ich Sie hier unbeaufsichtigt herumwühlen ließe.«
    »Oh.«
    »Ich zeige Ihnen Ihre Zimmer. Ich vertraue darauf, dass Sie sich nicht heimlich des Nachts mit dem Familienschatz der Sankt Nordens aus dem Staub machen.«
    Ohne Licht? Auf Zehenspitzen im Slalom durch Hakulas Donnerechsenschätzchen? Ob ihn das freuen würde?
    Mir passte Tamas Entscheidung gar nicht, während Tinnie es anscheinend kaum hatte erwarten können. Sie wartete auf mich und warf mir glühende Blicke zu.
    Tinnie war auch nicht entgangen, dass Tama Zimmer gesagt und offenbar die Mehrzahl gemeint hatte. Wie in: »Lasst schön eure Türen geschlossen.« Vielleicht sorgte sie ja sogar dafür, dass keiner wusste, wo der andere schlief.
    Ich wurde zuerst verstaut, vermutlich auf Grund der Annahme, dass Tinnie wohl eher nicht herumstreunen würde.
    Es war sehr dunkel in meinem Zimmer, jedenfalls außerhalb des Lichtkegels, den Tamas Laterne warf. »Da steht Ihr Bett«, erklärte sie. »Der Nachttopf steht drunter. Ich wecke Sie und den Vogel morgen früh.« Dann verschwand sie und nahm Tinnie mit.
    Ich schaffte es zurück zur Tür, ohne mir den Hals zu brechen, und steckte den Kopf in einen Flur hinaus, in dem es stockdunkel war. Die Frauen waren schon außer Sicht. Und Tinnie hatte leider keine Spur aus Brotkrumen hinterlassen, die im Dunkeln phosphoreszierten. Das böse Mädchen. Vielleicht war sie auch einfach nicht böse genug.
    Der Gottverdammte Papagei keckerte leise.
    Ich fragte mich allmählich, ob es nicht doch amüsanter wäre, die alte, großschnäblige Version des Vogels wieder zu haben.
    »Im Dunkeln lauern jede Menge Dinge«, warnte ich ihn. »Also pass auf!« Ich schlurfte zum Bett, legte mich hin und verzichtete darauf, mich auszuziehen.

 
75. Kapitel
     
    Das Bett war eine gewaltige Masse aus Daunen, und es verschlang mich mit einem Bissen. Sekunden später schlief ich ein, zu erschöpft, um über meine Einsamkeit lange enttäuscht zu sein.
    Ich war allerdings auch nicht sonderlich traurig, als ich kurz darauf aufwachte und feststellte, dass die Einsamkeit ein Ende hatte. »Hast du ein Wollknäuel benutzt, um dir den Weg zu merken?«
    »Woher wusstest du, dass ich es bin?«, zischte mich Tinnie an.
    »Wer hätte es sonst sein sollen?«
    »Zum Beispiel dieses dürre Miststück Montezuma? Oder ist sie etwa schon hier gewesen?«
    Ich weiß, dass du es bist, weil ich es an dem Geruch deines Haars erkenne und an deiner Figur und daran, wie sich der ganze Rest anfühlt. Ich hütete mich, das laut zu

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