Goldfieber
was da eben passiert war.
76. Kapitel
Sollte Tama Montezuma irgendetwas über die Vorfälle der letzten Nacht wissen oder gar etwas damit zu tun haben, ließ sie sich davon beim Frühstück jedenfalls nichts anmerken. »Guten Morgen, Garrett. Ich hätte Sie früher geweckt, aber Tinnie hat mir berichtet, dass Sie in letzter Zeit nicht viel Schlaf bekommen haben.«
Mist! Ich hatte Tinnie nicht vorgewarnt. Aber sie hatte Recht, also spielte es keine Rolle.
»Er steht sowieso selten vor Mittag auf«, erklärte Tinnie.
»Selbst das ist schon früh für ihn.«
»Hey!«, protestierte ich. »Schon gut, Tama. Tinnie zufolge haben Sie angeblich gehört, dass Adolph heute nach Hause kommt?«
»Vor ein paar Stunden ist ein Bote gekommen. Er hat ausrichten lassen, dass Adolph unterwegs ist. Seine Laune ist nicht besonders gut.« Einen Augenblick schien ihr Blick unstet, ausweichend, besorgt. »Es ist gestern Abend wohl nicht so gut für ihn gelaufen.«
»Wieso hat er Sie überhaupt hier zurückgelassen?« Ich hatte darüber nachgedacht. Da ich nicht gerade Adolphs Busenfreund war, hatte ich einige sehr schlimme Vermutungen angestellt, Adolphs Interesse an Frauen betreffend, die weder seine Ehefrau noch seine Nichte waren. Ich weigerte mich einfach zu glauben, dass Sankt Norden sich so stark seinen Überzeugungen hingab, dass er sich aufmachte, um dabei zu helfen, die nicht-menschliche Bevölkerung von TunFaire einzuschüchtern.
»Man hat eine sehr gefährliche Zuspitzung der Konfrontation erwartet.« Das klang beinahe wie ein Zitat von Adolph. »Aber bevor Sie irgendwelche voreiligen Schlüsse ziehen: Ich habe es vorgezogen, hier zu bleiben.« Das wiederum klang wahrer als alles, was sie seit einer ganzen Weile von sich gegeben hatte.
Ich sah Tinnie an. Die war mit ihren Gedanken jedoch ganz woanders.
Ich hatte gestern nichts gesehen, was den Schluss zuließ, dass hier etwas Dramatisches vorging. Andererseits war ich auch die ganze Zeit abgelenkt gewesen. Tinnies Gegenwart lässt mir selten die Möglichkeit, mich noch auf etwas anderes zu konzentrieren.
Trotzdem gelingt es einem kaum, die großen Gruppen von Jungs zu übersehen, die alle braun gekleidet sind, hin und her marschieren, Lieder singen und jedem den Schädel einschlagen, der nicht braun gekleidet ist, nicht hin und her marschiert und nicht ihre Lieblingslieder singt.
Ich hakte nicht weiter nach. »Er sagte, es wäre viel zu gefährlich«, erklärte Tama von sich aus. Ihre beherrschte Haltung bekam allmählich Risse.
Der Mob kehrte zurück.
Erst erschienen einige Freicorps-Typen, die durch das Haus tobten und lautstark nach Atzung verlangten. Sie waren ziemlich zerzaust. »Die anderen müssen ja echt schlimm aussehen«, meinte ich. Überall sah ich Schlingen und Kopfbandagen. Strahlen und Lachen dagegen so gut wie gar nicht.
Vielleicht hatten sich die anderen ja nicht mal die Hände schmutzig gemacht.
Es kamen immer mehr Rechts-Heinis zurück, allein, zu zweit, in kleinen Grüppchen. Viele waren verletzt. Die Stimmung war gedrückt. Ich vermutete, dass einige womöglich gar nicht mehr zurückkehren würden.
Sie achteten nicht auf mich. Und würdigten sogar Tinnie keines Blickes.
»Was haben die Jungs denn?«, fragte ich Tama, als wir endlich wieder in der Bibliothek waren. Sie hatte eine Weile geholfen, die Heinis abzufüttern. »Sie benehmen sich so gar nicht menschlich.«
»Man hat ihnen gehörig in den Hintern getreten. Ihre große Schau ist nach hinten losgegangen.«
Mist! TunFaire hatte einer gewaltigen Demonstration Des RUFs so aufgeregt entgegengefiebert. Und ich hatte sie verpasst! War nicht in der Stadt gewesen, sondern beim … Fischen.
War ich nun ein Glückspilz oder nicht?
»Wie kommt es, dass keiner dieser Kerle von Ihnen oder Tinnie Notiz nimmt? Von den Burschen ist doch niemand über hundert.«
»Adolph ist ziemlich unflexibel, wenn es um das geht, was er korrektes Verhalten nennt. Er hat klargemacht, dass korrektes Verhalten das Kennzeichen eines überlegenen Wesens ist. Diese Männer sind alle überlegene Wesen. Also müssen sie den höchsten Maßstäben genügen. Ihre Freundin und ich sind bereits vergeben. Also wäre es unkorrektes Verhalten, wenn sie ihren natürlichen Neigungen nachgeben würden. Sie müssen sich selbst beweisen, dass sie die überlegenen Wesen sind, die zu sein sie vorgeben. Adolph besteht darauf. Und Adolph bezahlt die Rechnungen.« Tamas ernstes Gesicht machte jedem sofort klar, dass sie am
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