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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Götzenpriester unter der Folter offenbarten: Montezuma ändert seine Meinung mehrmals am Tag. Und gerade eben scheint er wieder einmal angeordnet zu haben, dass uns vorläufig kein Haar gekrümmt werden darf. Siehst du?«
    Die Krieger unten auf dem Platz löschen einer nach dem anderen ihre Fackeln und lassen sie achtlos zu Boden fallen. Der Ring aus Tausenden kampfbereiter Indianer, der eben noch unseren Palast umzingelt hatte, löst sich zu einer schwatzenden Menschenmenge auf. Auch die Krieger auf den Dächern gegenüber scheinen die neue Botschaft erhalten zu haben. Sie erheben sich, strecken ihre taub gewordenen Gliedmaßen, und viele von ihnen klettern durch eine der Luken, aus denen Leitern herausragen, ins Innere der Häuser zurück.
    »Ja, Herr, es sieht ganz so aus«, sage ich. »Hoffentlich hältMontezuma diesmal an seiner Meinung fest, dass wir ihm willkommen sind.«
    Cortés wirft noch einen Blick auf den Platz hinunter und wendet sich wieder ab. »Erinnere dich an unser Gespräch vor einigen Wochen!«, antwortet er mir. »Montezuma ist ein Zauderer, aber bestimmt kein Dummkopf. Er ist sich nicht sicher, ob er uns töten lassen kann, ohne dadurch den Zorn seiner Götzen herabzubeschwören. Falls es ihm aber gelingt, diese Zweifel zu überwinden, so wird er nicht zögern, die Schlinge zuzuziehen.«
- 2 -
    Die Feuer unten auf dem Platz sind erloschen, die Menge hat sich zerstreut. Nur ein paar Dutzend Chololla-Krieger kauern noch immer dort, unbeweglich wie Steinfiguren. In dieser Nacht brauchen wir wohl keinen Angriff mehr zu befürchten, trotzdem harrt Cortés mit seinen Vertrauten auf dem Palastdach aus. Auch Diego und mir, Marina und Carlita hat er befohlen, in seiner Nähe zu bleiben.
    Bei Einbruch der Dunkelheit hat es zu regnen begonnen. Ich liege neben Carlita unter einem der rasch aufgespannten Baldachine. Ihre Augen sind geschlossen, aber sie schläft so wenig wie ich. Wenn ich leise ihren Namen nenne, hält sie kurz den Atem an, doch sie gibt mir keine Antwort.
    Auch ich schließe irgendwann meine Augen. Das gleichmäßige Rauschen des Regens lullt mich ein, aber ich weiß genau, dass ich in dieser Nacht nicht schlafen werde. In meinen Gedanken kehre ich zu den Geschehnissen der letzten Monate zurück. Bin ich wirklich mitschuldig daran, dass wir in diese Falle getappt sind? Hätte ich unser aller Leben retten können, wenn ich Cortés nur rechtzeitig alles berichtet hätte, was Carlita mir anvertraut hat? Hätte er unseren Marsch nach Tenochtitlan abgebrochen, wenn er erfahren hätte, dass Montezuma uns in die Tiefe der Hölle zu schleudern vermag?
    Je öfter ich mir wegen dieser Fragen den Kopf zermartere, desto unmöglicher scheint es mir, eine Antwort zu finden. Zaudernd und schwankend wie Montezuma denke ich einmal: Aber ja!, und im nächsten Moment: Natürlich nicht! Sicher bin ich mir eigentlich nur in einem Punkt: Als wir Mitte August von Vera Cruz aufbrachen, konnte nicht einmal Cortés voraussehen, welche Gefahren und Strapazen vor uns lagen.
    Unter der Führung des getreuen Juan de Escalante ließen wir hundertfünfzig Männer in Vera Cruz zurück, überwiegend Seeleute und Handwerker. Die verbleibenden gut dreihundert Soldaten wurden in sechs Kompanien zu jeweils fünfzig bis sechzig Mann aufgeteilt. Außer unseren hundertfünfzig kubanischen Sklaven folgten uns rund achthundert Totonaken-Krieger. Ohne zu murren, verrichteten sie jede Arbeit, die wir ihnen befahlen. Wenn wir in offenem Gelände übernachteten, erbauten sie Hütten, suchten Feuerholz, machten Jagd auf essbare Tiere und kochten für uns. Tagsüber trugen sie die drei Kanonen, die wir mit uns führten, und alle anderen Ausrüstungsgegenstände.
    In den ersten Tagen kamen wir rasch und beinahe mühelos voran. An die feuchtheiße Witterung waren wir mittlerweile gewöhnt. Montezumas Statthalter in den Städten Jalapa und Xicochimalco hießen uns freundlich willkommen. In Xicochimalco ist eine aztekische Garnison stationiert und von der mächtigen Festungsanlage zeigte sich sogar Portocarrero beeindruckt. Wir wurden großzügig bewirtet und verbrachten die Nacht recht bequem unter dem Dach des aztekischen Statthalters.
    Am nächsten Tag ließen wir die tropische Ebene hinter uns und folgten dem schmalen Felspfad zu einem steilen Gebirgspass hinauf. Dort kämpften wir uns tagelang durch Frost und Nebel. Unsere aztekischen Führer trugen warme Baumwollgewänder, doch die Totonaken waren ebenso wenig wie unsere kubanischen

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