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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Sklaven auf eisige Nächte eingestellt. Nach der ersten Nacht im Gebirge wachten etliche von ihnen nicht mehr auf. Auch mehrereunserer eigenen Männer klagten über Erfrierungen oder erkrankten an Fieber und rasselndem Husten.
    Der Häuptling, der unsere Totonaken anführt, heißt Mamexi. Cortés hielt ihm vor, sein König Pazinque habe niemals erwähnt, dass der Weg nach Tenochtitlan durch derart unwirtliche Gegenden führe. Er verdächtigte die aztekischen Führer, die uns der Statthalter von Xicochimalco mitgegeben hatte, uns absichtlich über diesen Pfad zu führen, damit wir in der Kälte umkommen oder zumindest den Mut verlieren und umkehren würden. Doch Mamexi zuckte nur mit den Schultern: Er war noch niemals so weit von zu Hause fort gewesen und kannte den Weg nach Tenochtitlan so wenig wie wir.
    Als wir den Gebirgspass endlich hinter uns hatten, fanden wir uns auf einer öden Ebene wieder, die größtenteils aus einem gewaltigen Salzsee besteht. Dort gab es keine Quellen oder Flüsse, aus denen man trinken, und keine Wälder, in denen man Wildbret jagen konnte. Außer Agaven und anderen Kakteenarten wächst in dieser Gegend so gut wie nichts. Unsere Kolonne schleppte sich auf schlammigen Pfaden um den Salzsee herum. Drei Tage lang mussten wir fast ohne Nahrung und Trinkwasser auskommen. Als wir schließlich wieder auf befestigte Straßen stießen, waren wir alle so erschöpft, dass wir wie Betrunkene dahintaumelten.
    In dem Städtchen Xalacingo wurden wir freundlich empfangen. Der Häuptling beschenkte Cortés mit einem goldenen Halsband, einigen einfachen Gewändern und zwei jungen Sklavinnen. Aber schon am nächsten Morgen mussten wir weitermarschieren: In Xalacingo und den genauso ärmlichen Nachbardörfern gab es einfach nicht genügend Nahrungsmittel, um uns auch nur einen weiteren Tag lang zu verköstigen. Nachdem wir uns abermals einen steilen Pass hinaufgequält hatten und dann auf einem schmalen Serpentinenpfad durch endlose Kiefernwälder wieder abwärts marschiert waren, erreichten wir drei Tage später die Indianerstadt Zautla.
    Wir waren am Ende unserer Kräfte. Eine Streitmacht entschlossener Angreifer hätte wenig Mühe mit uns gehabt. Doch glücklicherweise nahm uns Olintecle, der Herrscher von Zautla, gastfreundlich auf. Cortés befahl ihm, sich unserem König Karl als Vasall zu unterwerfen und uns alles Gold auszuhändigen, das es in seiner Stadt gab. Davon wollte der Herrscher jedoch nichts wissen. »Ich bin dem Großen Montezuma tributpflichtig«, erklärte er, »und ich werde mich niemandem sonst unterwerfen – außer wenn Montezuma selbst es mir befiehlt!«
    Olintecle ist ein stämmiger Mann von vielleicht vierzig Jahren, mit kupferfarbener Haut und würdevollem Gebaren. Er führte uns durch seine Stadt und versäumte es nicht, uns die gewaltig große Festung zu zeigen, in der eine aztekische Garnison stationiert ist. »Der Große Montezuma gebietet über dreißig mal hunderttausend Krieger«, behauptete er. »In Tenochtitlan werden Jahr für Jahr zwanzigtausend Menschen zu Ehren der Götter geopfert – dreimal so viele, wie meine ganze Stadt an Einwohnern zählt! Und da verlangt Ihr, bärtiger Herr, dass ich mich mit Euch gegen die Azteken verbünden soll?«
    Er schaute uns ungläubig an und wir alle starrten entgeistert zurück. Eine Armee von drei Millionen Kriegern? Doch noch ungeheuerlicher erschien uns die zweite Zahl, die Olintecle genannt hatte.
    »Zwanzigtausend Opfer pro Jahr?«, wiederholte Alvarado. »Was zum Teufel …?« Er unterbrach sich und schüttelte den Kopf. »Ich meine«, setzte er neu an, »so unersättlich kann doch nicht einmal der Satan sein!«
    Olintecle schaute verstohlen über seine Schultern. »Ich weiß nicht, wer dieser Gott namens Satan sein soll«, erklärte er, nachdem Marina die Worte des »Durchtriebenen« übersetzt hatte. »Montezuma und seine Hohepriester behaupten jedenfalls, dass der Blutdurst ihrer Götter seit jeher unstillbar sei. Für ihren wilden Kriegsgott Huitzilopochtli mag das stimmen – der standnirgendwo in besonders hohem Ansehen, bis die Azteken nach Mexiko kamen. Aber dem Wettergott Tlaloc oder auch unserem Mais- und Kriegsgott Tezcatlipoca wurden in früheren Zeiten bei Weitem nicht so viele Menschen geopfert. Auch nicht in den Anfangszeiten, als die Azteken aus dem Norden eingewandert waren und sich in Texcoco und anderswo als Söldner verdingten.«
    Wieder schaute er sich verstohlen nach allen Seiten um. »Unersättlich

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