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Goldfinger

Titel: Goldfinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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aussahen.
    Beim Portier fragte er nach Miss Soames. Wie zu erwarten, gab es keinen Gast dieses Namens. Die Frage war nur, ob sie abgereist war oder unter anderem Namen logierte.
    Über die schöne Montblanc-Brücke fuhr Bond zur Bavaria, jener einfachen elsässischen brasserie, dem Treffpunkt der Großen in den Tagen des Völkerbundes. Er wählte einen Fensterplatz, nahm einen Enzian und spülte mit hellem Löwenbräu nach. Dann überlegte er. Kein Zweifel, Goldfinger finanzierte ein
    Spionagenetz, wahrscheinlich SMERSH, und verdiente ein Vermögen mit dem Goldschmuggel nach Indien. Nach dem Verlust seines Brixham-Fischdampfers ließ er nun die Panzerplatten seines Wagens jeweils durch achtzehnkarätiges Weißgold ersetzen, dessen Nickel-Silber-Legierung genügend Härte besaß und dessen Farbe ihn nicht einmal bei einem Zusammenstoß verraten würde. Wäre Goldfinger nicht ein so unangenehmer Mensch gewesen, hätte er nicht ausgerechnet für SMERSH gearbeitet, Bond hätte für diesen Riesengauner Bewunderung empfunden, dessen Unternehmungen sogar der Bank von England Sorgen bereiteten!
    Es war acht Uhr geworden. Der Enzian begann Bond innerlich zu wärmen und seine Spannung zu mildern. Er bestellte noch einen doppelten, dazu eine Portion Sauerkraut mit Wurst und Speck und eine Karaffe Pendant.
    Was aber mochte das Mädchen wollen? Golf? Bond erhob sich und ging zur Telefonzelle am Ende des Saales. Er rief das Journal de Genève an und verlangte den Sportredakteur. Der war recht hilfsbereit, staunte jedoch über Bonds Frage. »Damenmeisterschaft?« Nein, die verschiedenen Meisterschaften wurden natürlich im Sommer ausgetragen, sobald die ausländischen Wettspiele zu Ende waren! Man bekam sonst zuwenig amerikanische und englische Spieler herein, die das Publikumsinteresse erhöhten.
    Bond ging zu seinem Tisch zurück und aß weiter. Also eine Dilettantin! Niemand vom Fach hätte einen Vorwand benützt, der durch einen einzigen Anruf aufzudecken war. Und er hatte schon erwogen - ungern, denn sie war ihm sympathisch -, ob sie nicht eine SMERSH-Agentin sei, die Goldfinger oder Bond im Auge behalten sollte, vielleicht beide!
    Bond bestellte eine Portion Gruyere, Pumpernickel und Kaffee. Nein, sie war ihm ein Rätsel. Er konnte nur hoffen, sie verfolgte keine privaten, ihn oder Goldfinger betreffenden Pläne, die seine Arbeit stören würden!
    Denn seine Arbeit war nahezu getan. Er brauchte sich nur noch mit eigenen Augen von der Richtigkeit seiner Vermutung zu überzeugen. Ein Blick in die Fabrik in Coppet, ein einziges Weißgoldpartikel - und er konnte noch heute nacht den diensthabenden Beamten in Bern informieren! Dann würde alles wie von selbst abrollen: Die Bank von England würde in aller Stille Goldfingers sämtliche Guthaben blockieren, und die Schweizer Bundespolizei würde vielleicht schon morgen an das Tor der Entreprises Auric klopfen. Nach Goldfingers Auslieferung würde dieser nach einem ruhigen Prozeß ein paar Jahre bekommen, die Staatsbürgerschaft würde ihm aberkannt und sein Goldschatz in die Kellertresore der Bank von England zurückgebracht werden. Und bei SMERSH würden sie Bonds anschwellender Zapiska zähneknirschend ein weiteres Blatt hinzufügen.
    Zeit für die letzte Runde! Bond zahlte, trat hinaus und bestieg seinen Wagen.
    Langsam überquerte er die Rhone und reihte sich in den abendlichen Verkehr auf dem hellerleuchteten Kai. Die Nacht war für seine Absichten nur halbwegs geeignet: Der Schein des zunehmenden Mondes gab gute Sicht, hingegen erschwerte die Windstille das Anschleichen. Noch einmal vergegenwärtigte Bond sich die Ortsverhältnisse und den Weg, während er den Wagen automatisch die breite Landstraße längs des nächtlich stillen Sees hinunterlenkte.
    Er nahm denselben Weg wie am Nachmittag. Nachdem er von der Hauptstraße abgebogen war, fuhr er mit Standlichtem. Schließlich lenkte er den Wagen von der Seitenstraße auf eine Waldlichtung, stellte den Motor ab, blieb sitzen und lauschte: Nur das leise Knacksen des erhitzten Metalls unter der Haube und das rasche Ticken der Uhr am Armaturenbrett waren hörbar. Er stieg aus, schloß geräuschlos ab und schlich den schmalen Pfad zwischen den Bäumen hinunter.
    Das schwere Stampfen des Aggregats wurde vernehmbar, ein irgendwie bedrohliches Geräusch. Bond schlüpfte durch die Öffnung des Gitters und spähte mit angespannten Sinnen zwischen den mondbeschienenen Bäumen nach vorn. Das schwere Stampfen war überall. Bond straffte

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