Goldfinger
zunächst die Eisenbahn benützen, da für mich das Transportproblem größer ist. Ich nehme an, Sie sind damit einverstanden.« Ohne eine Entgegnung abzuwarten, setzte er fort: »Verglichen mit dem Transportproblem sind die übrigen Anordnungen relativ einfach. Zuerst müssen wir einen Tag vor der Operation die gesamte militärische und zivile Einwohnerschaft von Fort Knox außer Gefecht setzen. Die Vorkehrungen dafür sind getroffen, es bedarf nur meines Zeichens. Die Wasserversorgung der Stadt erfolgt durch zwei Quellen und zwei Filtrieranlagen, die von einem Stationsingenieur betreut werden. Dieser Ingenieur wird zwei Herren meines Stabes als Direktoren der Tokioter Wasserwerke empfangen. Die beiden besichtigen die Anlagen angeblich zu Studienzwecken. Der Stationsingenieur war sehr geschmeichelt über die Ankündigung des Besuches und wird ihnen in jeder Weise entgegenkommen. Die beiden Herren werden relativ geringe Mengen eines hochkonzentrierten Opiats bei sich tragen, das deutsche Chemiker entwickelt haben. Diese Substanz verteilt sich sehr rasch, über das ganze Wasservolumen und bewirkt sofortige Narkose. Ein halbes Glas des infizierten Wassers genügt. Nach etwa drei Tagen erwacht der Schläfer sehr erfrischt. Meine Herren, da im Juni in Kentucky jedermann mindestens ein halbes Glas Wasser pro Tag trinkt, werden wir in eine Stadt mit schlafender Bevölkerung kommen, ein paar hartgesottene Alkoholiker vielleicht ausgenommen.«
»Nur weiter, Mister«, sagte Jack Strap. »Bisher läßt sich’s hören. Aber wie kommen wir in die Stadt?«
»Wir kommen mit einem Sonderzug, der am Vorabend des Stichtages von New York abgeht. Wir werden etwa hundert sein und als Rotkreuzhelfer kommen. Miss Galore wird, wie ich hoffe, das nötige Schwesternkontingent stellen. Wegen dieser kleinen, aber wichtigen Rolle ist sie hier.«
Miss Galore sagte begeistert: »In Ordnung, da mach’ ich mit! Meine Mädchen werden in Steifleinen einfach süß sein, was meinst du, Jacko?« Sie puffte Mr. Strap in die Rippen.
»Zementmäntel ständen ihnen besser«, sagte Mr. Strap.
»Red nicht immer drein! Weiter, Mister.«
»In Louisville werden ich und mein Assistent darum ersuchen, auf der Diesellok mitfahren zu dürfen, weil wir bei der Annäherung an Fort Knox Luftproben nehmen müßten. Bis dahin wird man bereits Nachricht von der rätselhaften Seuche haben, und wahrscheinlich wird in der Umgebung, wenn nicht im ganzen Land, Panik ausbrechen. Da wir bald nach unserem Eintreffen mit Rettungsflugzeugen rechnen müssen, wird es nötig sein, frühzeitig den Kontrollturm zu besetzen, den Flugplatz für gesperrt zu erklären und alle Flugzeuge nach Louisville zurückzudirigieren. Inzwischen werden mein Assistent und ich uns so human wie möglich des Lokomotivführers und Heizers entledigt haben.« (Das wert’ ich, dachte Bond.) »Ich selbst bringe dann den Zug durch Fort Knox zu den Verschubgleisen längs des Depots.« Goldfinger hielt inne und blickte ernst um sich. Befriedigt fuhr er fort: »Zu diesem Zeitpunkt, meine Herren und Madame, sollten Ihre Lastwagen bereits eintreffen. Der Transportleiter wird sie nach Plan einweisen. Das Flugplatzpersonal wird mit Lastwagen zum Flughafen gebracht und dort eingesetzt. Wir selbst betreten das Depot ohne Rücksicht auf die Schläfer, mit denen die Gegend - äh - dekoriert sein wird.«
Mr. Solos dunkle Augen glühten über den Tisch. Er sagte leise: »Gewiß, so weit, so gutt. Und jetzt Sie machen Pfff! - und Zwanzigtonnentür fällt um! Ja?«
»Ja«, sagte Goldfinger gleichmütig, »fast genauso.« Er stand auf, trat an den Tisch bei der Tafel, nahm den gewichtigen Karton auf und legte ihn vor sich auf den Tisch. Dann nahm er wieder Platz und fuhr fort: »Während zehn geübte Mitarbeiter die Öffnung des Gewölbes vorbereiten, werden Tragbahrenmannschaften möglichst viele der Insassen in Sicherheit bringen.« Bond hörte jetzt einen verräterischen Ton mitschwingen. »Wir sind uns ja sicherlich alle darüber einig, daß unnötige Verluste an Menschenleben vermieden werden sollten. Außer zwei Angestellten der Illinois Central, die etwas Kopfschmerzen bekommen haben, hat es ja bis zu diesem Punkt noch keinerlei Verluste gegeben! Nun, meine Herren« - er legte seine Hand auf den Karton -, »nur eine einzige Waffe ist stark genug, die Panzertür von Fort Knox aufzubrechen. Ich erhielt sie nach langem Suchen von einem alliierten Militärstützpunkt in Deutschland. Das hat mich genau eine Million
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