Goldfinger
Während die Tür sich mit scharfem Klicken schloß, sah Bond Goldfingers Hand wie zufällig unter den Tisch schlüpfen. Nun erhielt Fakto sein Zeichen. Wofür wohl? Mr. Midnight sagte böse: »Bin froh, daß er weg ist! Ein ausgesprochenes Brechmittel! Aber jetzt« - er erhob sich plötzlich und wandte sich an Bond -, »wie war’s mit einem kleinen Drink?«
Alles begab sich zu dem vorbereiteten Büfett. Bond, zwischen Miss Pussy Galore und Tilly Masterton stehend, bot beiden Champagner an. Miss Galore musterte ihn kühl und sagte: »Geh mal rüber, Süßer, wir Mädchen haben Geheimnisse. Nicht wahr, Kleines?« Miss Masterton wurde rot und blaß.
»O bitte, sicher, Miss Galore!« hauchte sie hingerissen.
Bond lächelte sie ein wenig gequält an und machte, daß er wegkam. Jed Midnight, der die Abfuhr bemerkt hatte, trat ernst zu ihm: »Mister, wenn das Ihre Puppe ist, dann geben Sie lieber acht! Pussy kriegt jedes Mädel herum. Sie vernascht sie büschelweise - wie die Trauben.«
Bond sagte munter: »Ich werde aufpassen. Machen kann ich ja nicht viel, sie ist eher der selbständige Typ.«
»Ist sie das? Na, vielleicht kann ich mithelfen, sie kleinzukriegen. Auf später!« Er grinste und wandte sich ab.
Bond war eben bei Kaviar und Champagner, als die Tür aufging und einer der Koreaner rasch auf Goldfinger zukam. Der neigte seinen Kopf zu der geflüsterten Nachricht und wurde sehr ernst. Er klopfte mit der Gabel an sein Glas Vichywasser. »Meine Herrschaften!« Er blickte traurig um sich. »Eine schlechte Nachricht! Eben erfahre ich, daß unser Freund Mr. Springer einen Unfall gehabt hat. Er stürzte die Treppe hinunter und war sofort tot.«
»Ho, ho!« Mr. Rings Lachen war kein Lachen, es war ein Loch im Gesicht. »Und was sagt sein Torpedo Slappy Hapgood dazu?«
Goldfinger sagte ernst: »Mr. Hapgood ist leider auch die Treppe hinuntergefallen und seinen Verletzungen erlegen!«
Mr. Solo blickte mit neuem Respekt auf Goldfinger und sagte sanft: »Misterr, lassen Sie doch lieber reparieren diese Treppe, bevor ich und mein Freund Giulio sie benützen!«
Goldfinger sagte mit Würde: »Die schadhafte Stelle wird soeben ausgebessert.« Gedankenvoll fügte er hinzu: »Wenn man diese Unfälle in Detroit nur nicht mißversteht!«
Heiter meinte Jed Midnight: »Nicht der Rede wert! Dort lieben sie Begräbnisse. Und, zu Ihrer Beruhigung, das alte Ekel hätt’ es sowieso nicht mehr lange gemacht, der sitzt schon seit zwölf Monaten auf der brennenden Lunte.« Er wandte sich an Mr. Strap: »Hab’ ich nicht recht, Jacko?«
»Klar, Jed«, bestätigte Mr. Strap ernst. »Du sagst es. Mr. Helmut Springer war fällig.«
Als Bond an diesem Abend zu Bett ging, mußte er noch lange an das Ende Mr. Springers und seines Leibwächters denken. Nun, wahrscheinlich hatten beide es reichlich verdient. Nun aber waren sechzigtausend andere Menschen an der Reihe, wenn nicht er -und nur er - etwas dagegen unternahm.
Nach Auflösung der Gangsterversammlung hatte Goldfinger auch das Mädchen entlassen und nur Bond zurückbehalten. Länger als zwei Stunden ging er dann die ganze Unternehmung bis ins kleinste durch, wobei Bond sich Notizen machen sollte. Als die Präparierung der beiden Reservoire zur Sprache gekommen war, hatte Bond nach dem Gift und seiner Wirkungszeit gefragt.
»Das braucht Sie nicht zu kümmern.«
»Aber warum? Davon hängt doch alles ab!«
»Mr. Bond.« Goldfinger hatte wieder den in die Ferne gerichteten Blick. »Da Sie keine Gelegenheit haben werden, es weiterzusagen, sollen Sie die Wahrheit hören. Von jetzt an wird Fakto nicht mehr von Ihrer Seite weichen, und sein Auftrag wird sehr präzise sein. Ich kann Ihnen daher sagen, daß die gesamte Bevölkerung von Fort Knox um Mitternacht des Tages vor dem >Großen Schlag< tot oder unschädlich sein wird. Die außerhalb der Filteranlagen dem Wasser beigemengte Substanz ist ein GB-Konzentrat.«
»Sie sind wahnsinnig! Sie wollen doch nicht im Ernst sechzigtausend Menschen umbringen?«
»Warum nicht? Die amerikanischen Autofahrer tun das alle zwei Jahre.«
Entsetzt starrte Bond Goldfinger an. Das konnte nicht wahr sein! Gepreßt fragte er: »Was ist dieses GB?«
»GB ist das stärkste Nervengift der Trilongruppe. Es wurde 1943 von der Wehrmacht entwickelt, aber aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen nie eingesetzt. Es ist tatsächlich wirksamer als die Wasserstoffbombe. Sein Nachteil liegt in der schwierigen Anwendung. Die Russen erbeuteten die gesamten deutschen
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