Goldgrube
sicher hocherfreut sein.«
»Das bezweifle ich. Ich hatte den Eindruck, daß sie alle glücklicher wären, wenn Guy sich als tot entpuppte.«
»Unsinn. Sie sind doch eine Familie. Ich bin sicher, es wird sich alles klären. Ich sage ihm, daß er dich anrufen soll.«
Innerhalb von fünfzehn Minuten klingelte es. Donovan war am Apparat. »Gute Arbeit«, sagte er. »Ich bin überrascht, wie schnell es ging. Ich dachte, die Suche würde Wochen dauern.«
»Es ist nicht immer so leicht. Wir hatten Glück«, sagte ich. »Brauchen Sie sonst noch etwas?«
»Darüber haben Tasha und ich gerade geplaudert. Ich habe vorgeschlagen, Sie persönlich dorthin zu schicken. Tasha könnte zwar brieflich Kontakt zu ihm aufnehmen, aber manchmal reagieren Leute merkwürdig auf Post von Anwälten. Sie fühlen sich bedroht, bevor sie den Umschlag aufmachen. Wir möchten nicht den falschen Ton anschlagen.«
»Sicher, ich kann mit ihm sprechen«, sagte ich, wobei ich mich verwirrt fragte, was wohl der richtige Ton wäre.
»Ich hätte gerne einen Bericht aus erster Hand über Guys momentane Lebensumstände. Haben Sie irgendwann in den nächsten zwei Tagen Zeit?«
Ich sah in meinen Kalender. »Ich kann heute nachmittag hinfahren, wenn Sie möchten.«
»Je früher, desto besser. Ich möchte, daß diese Sache mit Glacehandschuhen angefaßt wird. Ich habe keine Ahnung, ob er von Dads Tod erfahren hat, aber er könnte trotz der Entfremdung bestürzt sein. Außerdem ist das Geld eine heikle Angelegenheit. Wer weiß, wie er reagiert.«
»Möchten Sie, daß ich ihm von dem Testament erzähle?«
»Ich wüßte nicht, was dagegen spräche. Er erfährt es sowieso irgendwann.«
5
Ich sah auf meine Uhr. Da ich keine Termine hatte, konnte ich mich genausogut gleich auf den Weg machen. Es war gerade erst halb zehn. Eine Fahrt nach Marcella und zurück würde jeweils eine gute Stunde dauern. Wenn ich mir eine Stunde dafür zugestand, Guy Malek aufzuspüren, hätte ich immer noch Zeit, einen Happen zu Mittag zu essen und nachmittags wieder zurück zu sein. Ich zog die unterste Schreibtischschublade auf und holte meine Landkarte von Kalifornien heraus. Marcella lag ungefähr achtzig Meilen weiter nördlich und hatte wohl eine Bevölkerung von etwa fünfzehnhundert Seelen. Ich nahm an, daß es nicht mal eine Stunde dauern würde, ihn zu finden, wenn ich erst vor Ort war — vorausgesetzt, er lebte noch dort. Das Gespräch selbst würde vermutlich nicht länger als eine halbe Stunde dauern, was hieß, daß ich diesen ganzen Auftrag bis heute abend abschließen konnte.
Ich rief Dietz an und berichtete ihm von den Ereignissen. Im Hintergrund konnte ich den Fernseher laufen hören, eine dieser endlosen Nachrichtensendungen, die von Werbespots durchsetzt sind. Nach Ablauf einer Stunde weiß man mehr über Hundefutter als über das Weltgeschehen. Dietz ließ durchblicken, daß er nichts Besonderes vorhätte. Ich fragte mich, ob er womöglich auf eine Einladung, mich zu begleiten, aus war, aber da er die Frage nicht stellte, beantwortete ich sie auch nicht. Ich wollte mich ohnehin nicht für seine Unterhaltung verantwortlich fühlen. Ich erklärte ihm, daß ich gegen drei zurück wäre und nicht mehr ins Büro gehen, sondern gleich nach Hause kommen würde. Pläne fürs Abendessen konnten wir schmieden, wenn ich dann eingetroffen war.
Ich tankte meinen VW voll und fuhr auf der 101 in Richtung Norden. Wo die Landstraße sich an der Küste entlangschlängelte, war Nebel aufgekommen, und der Himmel erschien nun milchigweiß von bauschigen Wolken. Am Straßenrand hoben sich die immergrünen Gewächse in den verschiedensten dunklen Silhouetten bis zum Horizont ab. Der Verkehr floß zügig voran, überwiegend Autos mit nur einem Insassen und gelegentlich ein Pferdeanhänger, der vermutlich ins Santa Ynez Valley unterwegs war, das gleich nördlich von uns lag. Wir hatten nicht viel Regen gehabt, und die Hügel sahen aus wie stumpfe heufarbene Wälle, zwischen denen hin und wieder ein Ölbohrturm seine regelmäßigen, unterwürfigen Verbeugungen zur Erde hin vollführte.
Die Straße wand sich ins Landesinnere, und binnen einer Stunde hatten sich die Wolken wieder aufgelöst und waren einem blaßblauen Himmel gewichen, den noch vereinzelte Schwaden durchzogen, so zart wie Gänsedaunen. Kurz vor Santa Maria nahm ich die 166 in Richtung Osten und fuhr zehn Meilen auf der zweispurigen Straße, die parallel zum Cuyama River verlief. Die Wärme der Januarsonne war
Weitere Kostenlose Bücher