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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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käme nicht gut mit einer Verletzung zurecht, wie Dietz sie hatte, die einen vom Training abhielt. Ich werde nie in irgend etwas Höchstleistungen vollbringen, aber zum Bekämpfen von Depressionen gibt es wirklich nichts Besseres. Ich machte am East Beach kehrt und lief zurück, jetzt ein bißchen schneller. Hinter mir ging die Sonne auf und goß Bäche gelben Lichts über den Himmel. Als ich verschwitzt und außer Atem wieder nach Hause ging, war ich guter Laune und fühlte mich wohl.
    Dietz stand unter der Dusche, als ich hereinkam. Er hatte die Zeitung geholt und auf den Küchentresen gelegt. Er hatte das Bettzeug weggeräumt, das Sofa wieder hochgeklappt und die Kissen irgendwo verstaut. Ich setzte Kaffee auf, ging nach oben und wartete, bis er die Dusche wieder abgestellt hatte, bevor ich meine andrehte. Um fünf nach halb neun war ich angezogen, hatte gefrühstückt und sammelte meine Jacke und meine Autoschlüssel zusammen. Dietz saß immer noch mit seiner zweiten Tasse Kaffee am Küchentresen, die Morgenzeitung ausgebreitet.
    »Bis später«, sagte ich.
    »Mach’s gut«, erwiderte er.
    Auf dem Weg in die Stadt machte ich an einer Wohnanlage in der Nähe halt, die beiden Vorladungen in der Hand. Ich übergab beide ohne Zwischenfall, obwohl der Typ und seine Freundin sich wohl kaum über meinen Besuch gefreut haben dürften. Gelegentlich habe ich es mit Leuten zu tun, die zu absurden Manövern greifen, um der Zustellung zu entgehen, aber meistens ergeben sie sich ihrem Schicksal. Wenn jemand protestiert oder ekelhaft wird, reagiere ich meistens mit der gleichen Entgegnung: »Tut mir leid, Freundchen, aber ich bin wie eine Kellnerin. Ich braue den Ärger nicht zusammen, ich serviere ihn nur. Schönen Tag noch.«
    Zur Abwechslung parkte ich auf dem öffentlichen Parkplatz gegenüber dem Gericht und ging die zwei Häuserblocks zur Arbeit zu Fuß. Mein derzeitiges Büro ist der frühere Besprechungsraum der Kanzlei Kingman und Ives, mitten in Santa Teresa. Von meiner Wohnung aus braucht man bei den üblichen Verkehrsverhältnissen mit dem Auto etwa zehn Minuten dorthin. Das Kingman-Haus wirkt wie ein ganz normales dreistöckiges Gebäude, aber das Erdgeschoß ist eine Illusion. Hinter einer Fassade aus Naturstein mit vergitterten Fenstern und Fensterläden befindet sich in Wirklichkeit ein kleiner Parkplatz mit zwölf namentlich zugeordneten Parkplätzen. Die meisten Büroangestellten und weniger bedeutenden Mieter im Haus sind gezwungen, ihre Autos woanders unterzubringen. In der Umgebung stehen zwar keine Parkuhren, aber es ist verboten, länger als maximal neunzig Minuten zu parken, und die meisten von uns bekommen mindestens einen Strafzettel im Monat. An manchen Vormittagen hat es schon etwas Komisches, uns hin und her fahren zu sehen, während wir versuchen, uns gegenseitig die vorhandenen Parkplätze wegzuschnappen.
    Ich stieg die zwei Stockwerke hinauf und verzichtete auf die Freuden des Aufzugs, der klein ist und ewig braucht und häufig den Eindruck macht, als werde er gleich steckenbleiben. Im Büro angekommen, tauschte ich Freundlichkeiten mit Alison, der Empfangsdame, und Lonnie Kingmans Sekretärin Ida Ruth aus. Ich sehe Lonnie selten, da er entweder bei Gericht ist oder eisern hinter geschlossenen Türen arbeitet. Ich betrat mein Büro und notierte kurz Datum, Uhrzeit und eine kurze Beschreibung des Pärchens, dem ich die Vorladungen zugestellt hatte. Ich tippte rasch eine Rechnung und griff mir dann das Telefon, während ich mich auf meinem Drehstuhl zurücklehnte und den Papierkram in meinen Ausgangskorb warf. California Fidelity machte erst gegen neun Uhr auf, aber Darcy kam meist früher.
    »Fle, Darcy. Ich bin’s«, sagte ich, als sie am anderen Ende abnahm.
    »Oh, hallo, Kinsey. Bleib mal kurz dran. Ich bin nicht an meinem Platz.« Sie warf mich aus der Leitung, und ich lauschte nicht mehr ganz taufrischen Weihnachtsliedern, während ich einigermaßen optimistisch gestimmt wartete. Ich nahm an, wenn sie nichts gefunden hätte, hätte sie das gleich gesagt.
    Eine halbe Minute verging, bis sie sich wieder meldete. »Okay. Guy David Malek besitzt im Bundesstaat Kalifornien keinen gültigen Führerschein. Seiner wurde 1968 eingezogen und offenbar nie neu ausgestellt.«
    »Tja, Scheiße«, sagte ich.
    Darcy lachte. »Würdest du bitte warten ? Ständig ziehst du vorschnelle Schlüsse. Ich habe doch nur gesagt, daß er nicht Auto fährt. Er hat aber einen kalifornischen Personalausweis, und daher

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