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Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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nach Verlassen ihres Laserbirds an ihren Füßen spürbar geworden war, hatte sich inzwischen über ihren ganzen Körper bis hinauf zum Hals ausgebreitet und hinderte sie ebenfalls daran, erholsame Ruhe zu finden. Sie ging davon aus, dass es sich um eine allergische Reaktion auf Frühlingspollen oder Gräser handelte, die diese besondere Art von Juckreiz verursachten. Unter den ausgesuchten Medikamenten, die sie mitgenommen hatte, fand sich kein wirksames Gegenmittel. Sie schloss die Augen und versuchte, wenigstens ein bisschen Ruhe zu finden, bevor der Tag begann.
    In Räubermarkt zog der Söldner Talusien seine Stiefel aus, ließ sich aufs Bett fallen und schlief ein.
    Eine Stunde später fuhr Madigan erschrocken aus dem Halbschlaf auf. Etwas war anders: das Prickeln war verschwunden. Erleichtert atmete sie auf und zugleich erwachte auch ihr Misstrauen. Ihr Körper, ihre Haut, alles fühlte sich wieder richtig an und doch wusste sie, dass etwas nicht so war, wie es sein sollte. Sie setzte sich auf und lehnte sich an den Baumstamm. Sie bewegte ihre Zehen, ihre Füße und Beine, ihre Finger und Hände und zuletzt die Arme. Alles war so, wie sie es kannte. Kein Grund zur Besorgnis. Aber an Schlaf war trotzdem nicht zu denken. Zu fremd war der Wald mit seinen nächtlichen Geräuschen, zu seltsam die Empfindungen, die sie hatte.
    Sie vertrieb sich die Zeit bis zum Morgen und hörte die von Double-T erstellten Sprachlektionen an. Irgendwann fiel sie in einen leichten Schlaf, aus dem sie wenig ausgeruht bei Sonnenaufgang erwachte. Vereinzelte Lichtstrahlen fielen durch das dichte Blätterdach bis hinab zum Waldboden. Madigan begrüßte die Helligkeit des Morgens, vertrieb sie doch die unangenehmen Geräusche der Nacht. Obwohl ihr die Umgebung fremd war, fühlte sie sich unter der Kuppel aus Ästen, Zweigen und Blättern des von Tageslicht durchfluteten Waldes wohler, als unter dem unendlich scheinenden freien Himmel.
    Sie zog ihre Handschuhe aus und sah mit Schrecken, was geschehen war. Die einst glänzende Prothese hatte sich verändert. Das Silber hatte sich verändert oder war gar ganz verschwunden, lag nun verborgen unter einer stumpfen, matten Patina. Sie checkte die verschiedenen Funktionen des künstlichen Gliedes, konnte aber keine Beeinträchtigung feststellen. Bislang war ihr gerade die Prothese als unzerstörbar erschienen. Sorgen um ihr persönliches Wohlergehen hatten sich niemals auf den künstlichen Teil ihres Körpers bezogen. Unvorstellbar, dass sie den Arm verlieren könnte. Sie wischte kräftig über das stumpfe Metall. Ohne Erfolg.
    Sie erhob sich, aß eine Proteinkugel, trank etwas Wasser dazu und betrachtete sinnierend ihre Armprothese. An manchen Stellen zeigten sich hellbraune und bernsteinfarbene Flecken.
    Sie spuckte auf ihren Handschuh und wischte erneut über die Prothese. Aber das feste Reiben verschlimmerte alles noch mehr. Mit jeder Bewegung zeigten sich mehr dieser braunen Stellen. Madigan versuchte es mit dem kostbaren Wasser aus ihrer Flasche. Sie träufelte ein wenig über die Prothese und rieb erneut. Das Ergebnis war das Gleiche wie zuvor. Zwar verschwand der stumpfe Belag, aber darunter schimmerte es in einem satten Goldbraun. Nach mehrmaligem, festem Reiben funkelte die Prothese in neuem, nie gekanntem bernsteinfarbenen Glanz. Madigan wusste nicht, was sie noch tun sollte und fragte sich, ob es nicht klüger wäre, zum Schiff zurückzukehren und eine Antwort für dieses Phänomen zu finden. Solange der Arm aber keine seiner vielfältigen Funktionen einbüßte, hatten Informationen, die letztendlich über Wohlergehen und Überleben entscheiden konnten, absoluten Vorrang und sie beschloss, ihren Weg fortzusetzen. Plötzlich sehnte Madigan sich nach der sicheren Geborgenheit der Independence. Dort kannte sie sich aus, hier war alles fremd und erschien ihr lebensbedrohlich. Sie schaute nach oben, durch die Äste in die kleinen Stücke Himmel, die zu sehen waren und langsam wurde ihr bewusst, dass sie wahrscheinlich nie wieder von diesem Planeten wegkommen würde und für immer hier gestrandet war. Kraftlos sank sie auf ein Knie und lehnte ihre Stirn an die raue Rinde einer Buche. Nur eine Minute, sagte sie sich, eine Minute, dann stehe ich auf und steige hinab in dieses Dorf.
    Zur gleichen Zeit verließen Hockster und der Söldner das Gasthaus in Räubermarkt, füllten für teures Geld ihre Vorräte auf und machten sich auf den Weg durch den Diebeswald nach Nordwesten. Gegen Mittag

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