Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
Vom Netzwerk:
rasteten sie im Schatten einer hohen Erle am Wisperfluss. Hockster entfachte ein Feuer, Rok nahm Pfeil und Bogen und verschwand im Wald.
    Madigan hatte indes mehrfach die Richtung geändert, um zu der kleinen Ortschaft zu gelangen, die gleich hinter dem Wald lag, doch es schien kein gangbarer Weg durch den Wald und den Berg hinab zu führen. Bald stieß sie auf einen Fluss und folgte seinem Lauf. Double-T’s neuesten Informationen zufolge, die er auf ihren internen Chip gesendet hatte, trug er den Namen Wisperfluss. Eine seltsame Bezeichnung, aber nicht weniger seltsam als alles andere, was sie bislang über diesen Planeten erfahren hatte.
    Am Vormittag fragte sie sich, ob es nicht besser wäre, zu dem Platz, an dem sie die Nacht verbracht hatte, zurückzukehren und eine andere Richtung zu versuchen. Die Vegetation wurde hier immer üppiger und die Auwälder am Ufer des Flusses wuchsen mit jedem Schritt dichter. Sie schaltete über das integrierte Interface eine Verbindung zu ihrer Datenbank und betrachtete erneut die von Double-T generierte Landkarte. Dort lag die Ortschaft, keine zwei Kilometer von ihrem gegenwärtigen Standort entfernt, gleich am Waldrand, umgeben von Hügeln und Felsen.
    Sie betrachtete voller Sorge ihren linken Arm und ihre linke Hand. Die Prothese glänzte matt in ihrer neuen Farbe und schimmerte schwach. Madigan sah genauer hin. Die Farbveränderung schien noch immer nicht abgeschlossen. Das Bernsteinbraun hatte inzwischen eine gelbliche Tönung angenommen.
    Ohne sich weiter darum zu kümmern, studierte sie die Landkarte ein zweites Mal und stellte ungläubig fest, dass sie bisher nicht mehr als sieben, vielleicht acht Kilometer zurückgelegt hatte. Madigan musste diese Siedlung erreichen, sich endlich mit frischem Proviant versorgen und eine Möglichkeit finden, mehr Informationen über dieses Land und diese Welt zu sammeln. Dabei durfte sie sich auf keinen Fall als Außenweltlerin verraten. Schwierig mochte sich dabei der Glaube der Einheimischen an Magie und Zauberei erweisen, weil sie sich außer Aberglaube nichts greifbares darunter vorstellen konnte. Magie schien Madigan eher zu den dunklen Zeitaltern der Menschheitsentwicklung auf der Erde zu gehören. Hier in Heetland aber lagen viele beeidete Fälle vor, nach denen übereinstimmende Zeugenaussagen bewiesen, dass das Wetter von einem Zauberer verändert worden war. Die Legende um den falschen Auserwählten auf dem kleineren Kontinent der nördlichen Hemisphäre war eine noch haarsträubendere Geschichte. Dort wurden Lieder gesungen und Geschichten erzählt von vernichtenden Zaubersprüchen und Trugbildern und zu allem Überfluss gab es in Burnyk auch noch eine Art Traumland, das die Einheimischen Talikon nannten. Nach den Aufzeichnungen auf ihrem Chip handelte es sich dabei um die letzte Ruhestätte der ‘magischen Wesen’ Burnyks. Es schien, als hätten die Zauberei und ihre Folgen tatsächlich eine Art religiösen Glauben initiiert.
    Die Kriege - und davon gab es auf diesem Planeten wie auf jedem anderen auch viel zu viele - wurden noch mit metallenen und hölzernen Waffen ausgefochten: Schwerter, Lanzen, Pfeil und Bogen und natürlich Magie, was auch immer sich dahinter verbergen mochte. Madigan erinnerte sich dunkel an einen Glaubenskrieg auf der Erde, der vor mehr als dreitausend Jahren stattgefunden hatte und ‘Die Kreuzzüge’ genannt worden war. Darin hatten Männer in metallenen Rüstungen und langen, geraden Schwertern versucht, Angehörigen eines fremden Volkes, die nichts anderes getan hatten, als einem eigenen Glauben zu folgen, die Köpfe abzuschlagen. Und umgekehrt. Barbarisch! Wenn hier ähnliche Bedingungen herrschten, dann war soeben erst das Rad und die Verhüttung von Metall erfunden. Die Kommunikation über weite Strecken wurde entweder mittels Boten oder Brieftauben abgewickelt. Madigan sah sich um und entschied, es noch einmal mit dem direkten Weg zu versuchen. Vor ihr lag ein kurzer Abhang, sie ging darauf zu, rutsche hinab und setzte unten angekommen ihren Weg Richtung Räubermarkt fort. Als es Mittag wurde, suchte und fand sie einen Lagerplatz am Ufer des Flusses im Schatten einer alten Weide.
    Nicht weit entfernt brühte Hockster Tee auf und hielt das Feuer in Gang. Bestimmt würde der Söldner mit Wild zurückkommen. Bis dahin hatte er wenig zu tun. So saß er da, schlürfte nachdenklich seinen Tee und verlor sich im Anblick der frühsommerlichen Landschaft. In seiner linken Hand lag warm der Turmalin.

Weitere Kostenlose Bücher