Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
verschmitzt. „Eine Frau, die mich heiratet, hat für das Leben ausgesorgt, was ungefähr einem Sechser im Lotto entspricht. Wenn du das Belästigung nennst... – du hast ja nur Angst, dass ich dir Kira wegschnappe!“, setzte er hinzu.
„Ganz genau“, entgegnete Raik und alle lachten.
Christine war weg, hatte mir jedoch viele gute Ratschläge zurückgelassen, und hinter mir lag eine schlaflose Nacht. Immer wieder klang das Stöhnen aus dem Turmzimmer in meinen Ohren und im Nachhinein versuchte ich mir einzureden, dass es tatsächlich durch das Holz der Dielen oder Fenster verursacht worden war. Aber wo ist die Puppe geblieben? Und woher kam das Blut bzw. die rote Flüssigkeit? – verbesserte ich mich. Ich hoffte, der Besuch bei Klaus Luchterhand würde mich der Lösung nicht nur diesen Rätsels näher bringen.
Gegen Morgen war ich etwas eingedöst, aber sofort wieder hellwach, als eine Amsel auf der Regenrinne über meinem Fenster lautstark den Tag begrüßte. Resignierend sprang ich aus dem Bett und fragte mich jetzt schon genervt, wie ich wohl die vielen Stunden bis zum Nachmittag überstehen sollte. Einen klaren Gedanken zu fassen war nicht möglich, deshalb fiel das Arbeiten aus, obwohl ich es versuchte. Doch nachdem ich mich regelmäßig dabei ertappte, völlig abwesend fantasievolle Krakeleien auf meinem Notizblock zu produzieren, gab ich es auf und widmete mich anspruchsloseren Sortierbeschäftigungen, bei denen ich ohne größere Probleme meinen Gedanken nachhängen konnte.
Das Mittagessen wollte mir ebenfalls nicht schmecken und je näher die vereinbarte Zeit rückte, um so aufgeregter wurde ich. Auf Raiks Aufforderung hin, doch ein paar Happen zu mir zu nehmen, antwortete ich, dass ich erst wieder etwas hinunterbekommen würde, wenn Klaus Luchterhand mir alles, aber auch wirklich alles, erzählt hätte.
Rudi protzte mit munteren Sprüchen als wir übersetzten, aber ich bekam kein Wort mit und lachte nur aus Höflichkeit. Über der Spree hingen dunkle Regenwolken wie flauschige Ungetüme. Auf dem Weg in meine alte Heimat schwieg ich und auch Raik sagte nicht viel. Als wir den Parkplatz erreichten, begann es zu schütten und Raik stellte fest, dass er sich wohl auf einen längeren Kneipenbesuch einrichten könne. Vielleicht würde er ja Stammgast in der Eckkneipe gegenüber werden. Ich hörte kaum zu und nickte, während er mich mit einem seltsamen Seitenblick bedachte. Dann küsste er mich warm auf dem Mund und lief mir noch einige Schritte hinterher, um mir das Handy zu geben, das ich voller Gedankenverlorenheit im Auto liegen gelassen hatte.
Trotz dreimaligen Klingelns öffnete niemand und ich glaubte bereits, mein ehemaliger Nachbar hätte mich versetzt, da hörte ich Geräusche hinter der Tür und sie öffnete sich. Herr Luchterhand lächelte schüchtern und wirkte entsetzlich verschwitzt und abgekämpft. Die Wohnung war ungewohnt unordentlich. Schubladen und Schranktüren standen offen, Sachen lagen auf dem Boden - ganz anders, als ich sie bisher kannte. Doch den Grund dafür erfuhr ich sogleich.
„Du musst entschuldigen, ich war gerade dabei, etwas zu suchen.“ Er machte eine Pause, aber die Erklärung schien ihm noch nicht ausreichend. „Du wolltest alles genau wissen und mir fiel ein, dass ich einmal Tagebuch geschrieben habe. Na ja, und da ich so viel vergessen habe, dachte ich mir, es würde helfen. Leider kann ich es einfach nicht finden.“ Er wirkte bekümmert.
„Hm, vielleicht können wir ja nachher noch einmal zusammen schauen? Und eventuell brauchen wir es ja gar nicht. Manchmal fällt einem nur beim Erzählen unheimlich viel wieder ein.“
Sein Gesicht hellte sich auf. „Stimmt. Aber seltsam ist es doch, dass ich es nicht finden kann. Ich habe hier sozusagen schon die ganze Bude auf den Kopf gestellt und bin mir absolut sicher, dass ich es niemals wegwerfen würde.“
„Ach“, beflissen räumte er verstreut herumliegende Gegenstände vom grünen Sofa, „setz dich doch erst einmal.“ Etwas unkoordiniert schaute er sich danach im Zimmer um, als wüsste er nicht, was als nächstes zu tun sei. Er wirkte mindestens ebenso abwesend, wie ich es in den vergangenen Tagen gewesen war und leicht verwirrt. Dann fiel ihm wieder ein, was er wollte: “Möchtest du etwas trinken?“ Ich lehnte dankend ab und fragte, was mit ihm los sei.
Er ließ sich seufzend in einen Sessel fallen und machte zuerst keine Anstalten zu antworten, aber ich merkte, dass er
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