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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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Gesicht, mit dem er in Zukunft bei den damit Beschenkten noch oft Erstaunen hervorrufen würde. Jetzt verblüffte es den Leutnant, der ihm seine Papiere aushändigte.
    Mit dem Marschbefehl im Gepäck, der ihn um sieben Uhr am Morgen des nächsten Tages, dem 12. November 1943, zur Sammelstelle am Ostbahnhof befahl, suchte Anton nicht etwa die Unterkunft in der Kaserne in einem Münchner Vorort auf, er machte sich auf die Suche nach dem Weißen Bräuhaus.
    Es hatte gerade erst geschneit in München, in frischem Weiß lag der Schnee auf den Dächern der Häuser, auf den Straßen, in den vielen Ruinen zerbombter Gebäude und ließ die Stadt, trotz der angeordneten Verdunkelung für die Abende und Nächte, licht und hell erscheinen.
    Anton beschleunigte seinen Schritt, er hoffte, das Weiße Bräuhaus unbeschadet vorzufinden und dort das Fräulein Mizzi wiederzusehen. Auch wenn er im Laufe der Jahre nur noch selten an sie gedacht hatte, nahm sie doch einen Platz in seinem bisherigen Leben ein, er nannte sie insgeheim seine erste große Liebe. Und so war er, als er nach einigem Umherirren und Nachfragen endlich das tatsächlich unbeschädigte Weiße Bräuhaus betrat, fest entschlossen, es nicht ohne das Fräulein Mizzi wieder zu verlassen.
    Obwohl mitten im Krieg, herrschte an diesem noch frühen Abend, ähnlich wie vor nunmehr neun Jahren, großer Andrang im Weißen Bräuhaus. Aber anders als damals blickte er jetzt, er war inzwischen um mindestens zwei Köpfe gewachsen, über die vielen Gäste hinweg. Wie bei seinem ersten Besuch blinzelte er unwillkürlich, auch jetzt wieder hing eine dicke Dunstglocke über dem Geschehen. Klopfenden Herzens ließ Anton seinen Blick umherschweifen und heftete ihn mal kürzer, mal länger an jede Kellnerin und an jede Serviererin, die näher oder auch weiter entfernt an ihm vorbeieilte, keine sah Fräulein Mizzi auch nur ähnlich.
    Hatte sie sich in den vergangenen Jahren so stark verändert, dass er sie nicht wiedererkannte? Sie würde ihn ganz gewiss nicht wiedererkennen, sich vielleicht aber an den blonden Jungen aus dem Norden erinnern, der sie damals vor neun Jahren aus den Pranken des Riesen befreit hatte.
    »Suchen S’ einen Platz?«
    Anton drehte sich nach der Stimme um, die ihn aus seinen Überlegungen gerissen hatte, und blickte in das Gesicht einer Kellnerin. Sie sah ihn fragend an, mit einem halben Dutzend leerer Bierkrüge in den Händen.
    Er suche das Fräulein Mizzi, erklärte Anton und bemühte sich, die Kellnerin nicht allzu aufdringlich anzustarren, denn auch sie war dunkelhaarig, hatte braune Haselnussaugen wie Fräulein Mizzi und trug ein Dirndl mit einem herzförmigen Ausschnitt.
    Die Mizzi, die sei schon lange nicht mehr da, die habe geheiratet und einen Haufen Kinder bekommen, sagte die Kellnerin. »Suchen S’ trotzdem noch einen Platz?«
    Nein, eigentlich suche er jetzt keinen Platz mehr, wollte Anton antworten, blieb aber vor Enttäuschung stumm.
    »Kommen S’ mit!«, forderte ihn die Kellnerin auf, »nun kommen S’ schon!« Mit einer Kopfbewegung deutete sie die Richtung an und Anton folgte ihr, erkannte dabei nach und nach jede Einzelheit wieder, nur schien alles geschrumpft zu sein, wirkte viel kleiner, als er es erinnerte. Die Portionen auf den Tellern aber waren tatsächlich kleiner geworden, die Lebensmittel hatten sich seit damals deutlich verknappt.
    Anton kämpfte mit dem Zweifel, ob es überhaupt richtig gewesen war, an diesen Ort zurückgekehrt zu sein, denn die unterirdisch labyrinthische Höhle, in die er im Schutz des Vaters, wenn auch zögernd und voller Furcht, eingedrungen war, die ihm dann im Verlauf des Vorabends zu seinem zehnten Geburtstag nicht nur Ort heimeligen Geborgenseins und ersten Begehrens wurde, sondern auch Schauplatz seiner bis dahin größten Mutprobe, diese Höhle suchte er ganz offensichtlich vergebens, nachdem er zum Erwachsenen geworden war.
    »Hier haben S’ einen schönen Platz.«
    Die Kellnerin blieb an der Schwelle zur Stube stehen und wies auf eine kleine Nische mit zwei leeren Plätzen, wo sie den neuen Gast einem älteren Kollegen überließ, der für den Gastraum zuständig war.
    Die kleine Nische befand sich in einiger Entfernung zu der großen Nische, in der er sich damals eng an den Vater gedrängt hatte, bevor er sich so wohl fühlte, dass er sie nie mehr verlassen wollte. Zumindest glaubte er jetzt, die Eckbank an den gestreiften Polstern wiederzuerkennen und dann auch den schmalen Beistelltisch, von dem das

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