Goldmarie auf Wolke 7
einen will ich aber nicht«, protestierte Jule und bekam plötzlich einen roten Kopf. »Und ich will auch niemanden, der andauernd in den Spiegel guckt, anstatt mir zu sagen, wie hinreißend ich aussehe. Nein, ganz im Ernst, der Typ war ein absoluter Fehlgriff, wovon er allerdings noch nichts weiß. Ich werde ihn nächste Woche elegant abservieren und hoffe, dass er das dann mit Fassung trägt. Ich bin zwar traurig darüber, dass es so gekommen ist, aber wie heißt es doch so schön: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende! Aber jetzt genug von mir. Sag mal lieber, wie es Freitag noch war. Hattet ihr Spaß?« Ich erzählte von dem lustigen Abend in der Karolinen-Passage und dass ich das Model Sarah Sandmann kennengelernt hatte. Das fand Julia zwar super, war aber natürlich nicht das, was sie eigentlich wissen wollte. »Das klingt aber jetzt alles nicht danach, als ob Sören dich weiter interessieren würde. Diese Sarah scheint dich weitaus mehr beeindruckt zu haben.« Umpf! Wenn Julia sich an einem Thema festgebissen hatte, ließ sie so schnell nicht locker. Also beschloss ich, die Wahrheit zu sagen: »Sören ist wirklich total nett, gut aussehend, liebevoll und klug. Aber mir geht ein ganz anderer nicht mehr aus dem Kopf.«
Und dann schwärmte ich Jule von Dylan O’Noonan vor, dessen Gesicht in den letzten Nächten ständig durch meine Träume gegeistert und in den Niki von Kopf bis Fuß verschossen war.
Und der genau aus diesem Grund absolut tabu für mich war!
26. Marie Goldt
(Montag, 28. November 2011)
Die Geheimnisse der Rauhnächte,
ein magischer Wegbegleiter für die Zeit
zwischen den Jahren
»Was ist das denn?«, wollte ich wissen, als ich das in Seidenpapier eingeschlagene Buch auf dem Verkaufstresen entdeckte. Einen Moment lang antwortete niemand, bis Niki schließlich hinter einem der Betten auftauchte, das Haar zerzaust und von oben bis unten mit Wollmäusen bedeckt. »Ich muss Tonja heute Abend unbedingt sagen, dass sie mal wieder unter den Möbeln saugen muss. Erinnerst du mich daran?«, bat sie, ohne auf meine Frage einzugehen. Während Niki sich vor einem der Spiegel zurechtmachte, blätterte ich in dem schmalen Büchlein und las für mich fremd klingende Kapitelüberschriften wie Andreasnacht, Wintersonnwende, Tagundnachtgleiche und Blutmond . Im Gegensatz zu Lykke, die neben Thrillern stapelweise Fantasybücher aus der Bücherei verschlang und deshalb bestimmt wusste, worum es sich hierbei handelte, sagten mir diese Begriffe so gut wie gar nichts. Aber sie klangen spannend! Wie ich herausfand, stand uns als erste der sogenannten Rauhnächte, die Andreasnacht, bevor. »Meinst du, Nives hat etwas dagegen, wenn ich kurz mal was im Netz nachschaue?«, fragte ich und Niki feixte. »Wenn es sie nicht stört, dass ich den ganzen Tag nebenbei auf Facebook bin, wird ihr das bestimmt auch nichts ausmachen. Außerdem ist sie gerade bei der Bank.« Ich googelte den Begriff Andreasnacht und wurde sofort bei Wikipedia fündig:
»Nach altem Volksglauben ist diese Nacht (sogenannte Losnacht, wie auch Weihnachten, Silvester oder Hl. Thomas 21.12.) besonders dazu geeignet, den gewünschten künftigen Ehepartner an sich zu binden oder erst mal herauszufinden, wer es denn sein wird. Dies begründet sich darin, dass der Hl. Andreas nicht nur Schutzheiliger der Fischer, sondern auch der Liebenden und des Ehestandes ist.«
Ich schämte mich dafür, dass ich eine Sekunde lang (oder auch länger) an Dylan dachte, als ich die Einleitung las. Gut, dass Niki gerade nach hinten verschwunden war, um sich die Hände zu waschen. Mal sehen, wie ging es weiter?
»Die Bräuche hierzu variierten: Man schaute ins Feuer und sagte ein Sprüchlein oder Gebet auf (Andreasgebet) und im Feuer oder Spiegel sollte dann der Zukünftige erscheinen. Oder man aß eine Semmel in drei Bissen, und wer einem dann als Erster begegnete, sollte es sein, usw. Die Brüder Grimm haben es in ihren »Deutschen Sagen« so aufgeschrieben:
›Es ist Glaube, dass ein Mädchen in der Andreasnacht, Thomasnacht, Christnacht und Neujahrsnacht seinen zukünftigen Liebsten einladen und sehen kann. Es muss einen Tisch für zwei decken, es dürfen aber keine Gabeln dabei sein. Was der Liebhaber beim Weggehen zurücklässt, muss sorgfältig aufgehoben werden, er kommt dann zu derjenigen, die es besitzt, und liebt sie heftig. Was der Liebhaber beim Weggehen zurücklässt, muss sorgfältig aufgehoben werden. Es darf ihm aber nie wieder zu
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