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Goldmarie auf Wolke 7

Goldmarie auf Wolke 7

Titel: Goldmarie auf Wolke 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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konnte, also hast du mich gerettet.« Irrte ich mich oder verzog Delia das Gesicht, während sie uns einschenkte? Zum Glück war der Laden momentan leer und wir konnten erst mal in aller Ruhe ein paar Spekulatius knabbern, die Nives am Vormittag gebacken hatte. »Es wäre übrigens toll, wenn ihr beide nachher die Kekse zusammen mit den Aprikose-Mandel-Wolken, den Zimtsternen und Baiser-Flocken in durchsichtige Tüten verpacken und rote Schleifen darum binden könntet«, bat Nives. »Ab heute sollen all unsere Kunden, egal ob sie etwas gekauft haben oder nicht, einen kleinen, himmlischen Gruß mit nach Hause nehmen können.« Kurze Zeit später verschwand sie mit einer Kundin, die ich schon häufiger gesehen hatte, zu einer kinesiologischen Sitzung. Delia und ich verpackten derweil das Gebäck, bedienten Kunden und zwischendurch dekorierte ich sogar ein Schaufenster neu. Mittlerweile war es wieder dunkel geworden und es begann erneut zu schneien.
    Nur noch drei Tage bis Weihnachten …
    Gestern hatte Kathrin vorgeschlagen, Freitagabend gemeinsam einen Tannenbaum im Topf zu kaufen, den wir im neuen Jahr in den Garten einer ihrer Freundinnen pflanzen wollten. Außerdem hatte sie beschlossen, am ersten Weihnachtstag groß zu kochen und diesmal sogar den Rotkohl selbst zu machen, anstatt den aus dem Glas zu nehmen. Lykke und ich bekamen Aufgaben zugeteilt, damit die Arbeit nicht allein an Kathrin hängen blieb. Meine Schwester hatte erstaunlicherweise weder protestiert noch sich über die neu erwachte Freude ihrer Mutter am Fest der Liebe lustig gemacht.
    Wie würde Dylan die Feiertage verbringen? Würde er zusammen mit seiner zauberhaft durchgeknallten Familie unter einer Riesentanne stehen und mit seiner wunderbaren Stimme irische Weihnachtslieder singen? War er überhaupt religiös? Es gab so vieles, das ich nicht von ihm wusste und was ich im schlimmsten Fall niemals erfahren würde. Bei dem Gedanken daran, dass ich ihn womöglich nie wiedersehen würde, wurde mir schwindelig und übel. »Also ich will ja nichts sagen, Marie, aber heute machst du mir wirklich ein bisschen Sorgen. Geht’s dir nicht gut? Du bist weiß wie eine Wand! Trink doch mal ein Glas Wasser und leg dich einen Moment im Sitzungsraum auf die Liege, nicht dass du mir hier noch umkippst!«
    »Aber Nives ist nicht da und du bist dann ganz alleine hier vorne«, protestierte ich, während meine Knie immer weicher wurden und farbige Blitze vor meinen Augen tanzten.
    »Das schaff ich schon«, versuchte Delia, mich zu beruhigen und lächelte. »Und jetzt ab nach hinten mit dir! Sollte es wirklich brenzlig werden, rufe ich dich.« Ich schleppte mich mühsam nach hinten und versuchte, gegen das altbekannte Gefühl anzukämpfen, das ich so sehr hasste. Nach einer etwa zehnminütigen Pause im reichlich überhitzten Sitzungsraum (Wie hatten Nives und ihre Kundin das nur ausgehalten?), beschloss ich, in den Hinterhof zu gehen, um frische Luft zu schnappen. Kaum war ich dort, atmete ich tief ein und aus, wie ich es von Dr. Hahn gelernt hatte. Während ich das tat, versuchte ich, mich mit dem Anblick der weihnachtlich erleuchteten Fenster zu beruhigen. Im einen hing ein roter indischer Stern aus Papier, im nächsten stand die klassische Weihnachtspyramide aus dem Erzgebirge. Auf einigen Balkonen waren quietschbunte Lichterketten drapiert, jeder schmückte sein Zuhause nach seinem ganz persönlichen Geschmack. Es war mucksmäuschenstill, nur das Kraraaaa einer Krähe schreckte mich auf und erinnerte mich an den Abend, als ich gedacht hatte, jemand sei in den Brunnen gefallen. Ich ging ein Stück auf die Statue zu, in deren Nähe ich vor einiger Zeit Nives’ vor Angst zitterndes Frettchen gefunden hatte. Ich wurde melancholisch, als ich an die pelzige Honeypie dachte, deren Unfall alles auf den Kopf gestellt hatte. Wäre sie nicht vor das Auto gelaufen und wäre ich ihr nicht hinterhergejagt, würde ich weder bei Traumzeit jobben, noch hätte ich Dylan kennengelernt. Schon erstaunlich, wie Bruchteile von Sekunden ein ganzes Leben verändern können, dachte ich. Da bemerkte ich plötzlich ein rötliches Leuchten, das aus dem Brunnen zu kommen schien. Neugierig ging ich noch näher, obwohl eine innere Stimme mir zuflüsterte: Tu es nicht, Marie! Tu es nicht! Doch etwas zog mich magisch an und ich konnte nicht anders, als mich über den Brunnenrand zu beugen. Das Leuchten war so schön, so fantastisch … und mir war, als hörte ich ein helles Kinderstimmchen singen.

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