Goldmond
damit dem Haus Landarias die Anerkennung zu verschaffen, die ihm ihrer Meinung nach gebührte.
Iram wusste, dass Telarion Norandar glaubte, sein Tun folge der Ys und dem Vanar und damit dem Leben, und in der Tat schaffte er es mit einer Hartnäckigkeit, die ihren Ursprung in den Schöpfergeistern selbst zu haben schien, die Pläne Iretis immer wieder zu durchkreuzen. Doch es schien Iram häufig, als trage dieser Mann damit nur zur Erhaltung einer Starre bei, die das Haus Landarias seit Generationen aufzubrechen versuchte.
Wieder biss Iram die Zähne zusammen, als er seine Schwester so still dasitzen sah. Wie immer beschlich ihn die Furcht, ihr Geist könnte sich in den Nebeln verirren und nicht wiederkehren.
Iram wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, doch als Ireti wieder erwachte, war es so plötzlich, dass er vor Schreck beinahe aufgeschrien hätte. Sie sprang auf und schleuderte mit einer fließenden Bewegung eine weitere Schale mit Sand und Räucherstäbchen von dem Schemel, auf dem sie gestanden hatte. Die Schale klirrte, als sie gegen einen der Zeltpfosten prallte und der Sand sich über den Boden ergoss.
Keuchend und mit wildem Blick starrte sie Iram an, der nur langsam wieder zu Atem kam. Dann ging er auf die am ganzen Leibe zitternde Schwester zu und fasste sie an den Schultern. Wie immer war er überrascht. Sie machte einen großen, kraftvollen Eindruck. Obwohl halb Mensch, war sie von elbischer Statur. Niemand hätte vermutet, dass menschliches Blut in ihren Adern floss. Doch jedes Mal, wenn Iram sie berührte, überraschte ihn die Zerbrechlichkeit dieser Frau.
Er zwang sie, ihn anzusehen. »Was ist los, Schwester?«
Sie versuchte, ihren Atem zu beruhigen, doch ihre Augen flackerten, als glimme ein Feuer in ihnen. »Ich kann ihn nicht sehen! Dieser Verfluchte schützt sich mit den Zeichen des Lebens! Warum bestand ich nur nie darauf, dass mein Gemahl sich seiner entledigt?«, stieß sie hervor. »Jetzt muss ich büßen, dass ich so nachgiebig war!«
»Du meinst Telarion Norandar?«, fragte Iram.
»Er hat sich in den vergangenen Mondumläufen mehr und mehr in die Seele dieser Feuermagierin geschlichen. Erst dachte ich, sie wäre die treibende Kraft. Doch mittlerweile bin ich sicher, es ist umgekehrt! Der Musikant war Zeuge, gerade sagte er mir, was er sah: Die Siwanonstochter gab sich dem Fürsten hin. Er konnte es nicht verhindern. Dieser Verdammte hat es erreicht, jetzt gehören ihm die Seele und der Geist dieser Feuermagierin ganz und gar! Sie, deren einziger Lebenszweck es ist, das Siegel zu bergen, wird es nur für ihn tun!«
Ireti warf den Kopf in den Nacken und gab erneut einen leisen Wutschrei von sich. Es war lange her, dass Iram sie so zornig gesehen hatte.
»Es war der Musikant, mit dem du gerade gesprochen hast«, sagte Iram und nahm vorsichtig ihren Arm, um sie zu einer Bank zu führen. »Es gelang ihm also nicht, in ihr die Begierde nach dem Fürsten zu löschen.«
»Nein!«, zischte Ireti und riss sich los. Sie ließ sich auf einen nahen Stuhl fallen. Ihre Fäuste schlossen und öffneten sich wieder. Ihr Blick loderte, doch diese Lebendigkeit jagte Iram beinahe noch mehr Furcht ein als ihre Reglosigkeit zuvor.
»Ich hatte darauf gesetzt, dass dieser dumme Flötenspieler die Lage ernster nimmt. Dass er den skrupellosen Charakter des Verräters Telarion Norandar ernster nimmt. Wie konnte er so naiv sein, so dumm! Er hätte nicht gestatten dürfen, dass die Siwanonstochter auch nur einen Wimpernschlag länger in der Gesellschaft dieses Verbrechers an der Schöpfung bleibt, als es unbedingt notwendig war!«
Sie sprang wieder auf und ging rastlos auf und ab, nur um sich wieder hinzusetzen.
»Doch Ronan Abhar ließ nicht nur zu, dass der Fürst die Feuermagierin in den Worten und Magien des Lebens unterrichtete, obwohl ich ihn warnte. Er ließ sie sogar mit ihm fortgehen! Er ließ sie allein, und sie entkam. Nun sind sie beinahe am Berg Seleriad, nur wenige Tagereisen trennen sie noch vom Ziel –dem Siegel, das mir zusteht, mir und dem Haus Landarias allein!«
Iram tat es in der Seele weh zu sehen, wie sehr dieser Misserfolg Ireti schmerzte. Er konnte den Zorn seiner Schwester verstehen, der daher rührte, dass sich Telarion von Norad durch seine aufrechte Haltung und seinen unbeirrbaren Glauben daran, zum Heil aller Wesen eingesetzt zu sein, immer wieder als Hindernis auf ihrem Weg erwies.
»Was willst du tun?«, fragte er schließlich. »Ihm das Siegel
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