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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Stofffetzen, der, glaube ich, von Sanaras darstar stammt.« Er hielt Telarion das Stück Tuch hin. »Ich weiß allerdings nicht, ob man sie ins Allerheiligste brachte oder ins Zelt der Königin, wo sich diese sicherer fühlen dürfte«, fügte er noch hinzu.
    Telarion schob das daikon wieder in die Holzscheide, die er bereits in seine Schärpe gesteckt hatte. Den jibahan hatte er zuvor schon abgelegt, nun trug er nur noch einfache Reisekleidung.
    »Ich glaube nicht, dass sie Sanara, die das Siegel in sich trägt, ins Allerheiligste bringen und sich damit der Gefahr aussetzen würden, dass Syth selbst in ihren Plan eingreift«, murmelte Telarion grimmig. »Dafür ist diese Frau zu berechnend. Sie geht kein Risiko ein. Sie wird in ihrem Zelt sein.«
    »Weiß sie denn nicht, dass das Ritual im Heiligtum des Schöpfergeistes stattfinden muss?«
    »Syth ist nicht in dieser Welt, sondern in der Leere. Und sospielt es wohl keine Rolle, von welcher Stelle in der geschaffenen Welt Ireti ihn aufsucht«, erwiderte Telarion. »Ich bin sicher, dass sie in der Nähe ihrer Soldaten bleibt, denn sie wird die Nachrichten aus Sirakand bereits bekommen haben.«
    »Wollt Ihr das Risiko eingehen?«, fragte Sinan.
    Telarion zögerte. »Ihr habt recht«, murmelte er. »Doch ich kenne mich im Berg nicht aus. Ich wüsste nicht, wo ich suchen sollte.«
    »Dann werde ich dorthin gehen«, bot Sinan an.
    Telarion gab zu bedenken: »Ihr habt einem Elben wenig entgegenzusetzen.«
    Sinan lächelte freudlos. »Die Vertrauten der Königin sind Halbelben. Und wie Ihr sagt: Es werden nicht viele sein.«
    »Ich weiß, dass Ihr die Euren bis zum letzten Atemzug beschützen würdet, Meister Sinan«, sagte Telarion nach einer Pause, und Sinan vernahm mit Genugtuung die Anerkennung in der Stimme des Elbs. »Und so weiß ich, dass es keinen Sinn hätte, Euch das ausreden zu wollen. Und in das Lager der Elben könntet Ihr mich ohnehin nicht begleiten. – Ich wünsche Euch Glück.«
    Er nickte Sinan noch einmal zu und stand einen Augenblick später bereits an der Kante des Felsvorsprungs. Dort wandte er sich noch einmal um. »Ich wünsche Euch Glück und den Segen der Schöpfergeister, Meister.«
    Sinan ertappte sich dabei, dass er nickte und das Zeichen des Vanar vor der Stirn schlug, als Telarion im Unterholz des nahegelegenen Ölbaum-Hains verschwand.
    Es war, als seien ihre Finger, ihre Hand, schwerer als zuvor. Töne, Melodien, Lieder tanzten als rote Funken in Iretis Fingerspitzen und ließen das Wasser in ihr, das sonst so still und tief dalag, erst aufglänzen, dann sprudeln, ja, beinahe kochen vor Hitze und Energie.
    Ireti Landarias hatte ihre elbische Gabe, anderen Geschöpfendie Kraft und Magie zu rauben, bisher nur selten angewandt und noch nie bei reinen Dunkelmagiern. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass sich alle Geschöpfe der Zwillingsmonde leichter mit und durch Furcht beherrschen ließen als durch Macht, die man tatsächlich ausübte.
    Doch als nun rote Magie des Mannes, der vor ihr lag und die aus Licht und Klang bestand, durch sie hindurchfloss, spürte sie, dass sie stärker als je zuvor wurde. Ihre Sicht wurde klarer und ging über die Gegenstände des ethandins hinaus. Auf einmal besaß alles Magie. Alles war voller Energie, die Luft gehaltvoller, der Duft der Räucherstäbchen intensiver, das wenige Licht heller und der Schwarzstein in den Becken heißer. Sie hatte nie verstanden, warum Tarind so eine Vorliebe für Dunkelmagierinnen in seinem Lager gehabt hatte, hatte nie begriffen, warum Telarion Norandar, dessen Wesen aus Kälte bestand, so der Tochter des Siwanon hatte verfallen können.
    Jetzt verstand sie es.
    Sie atmete tief ein, als sie dem, der vor ihr kniete, noch einmal Kraft nahm. Schwere breitete sich in ihr aus, als wäre Energie zu Materie geworden, doch gleichzeitig fühlte sie sich unendlich leichter, so als verleihe das Gewicht ihr zusätzlich Präsenz und helfe ihr auch, beides zu ertragen.
    Ein Seufzer drang an ihr Ohr, und erst einen Herzschlag später wurde ihr bewusst, dass sie selbst es war, die ihn ausgestoßen hatte.
    »Ich hatte vergessen, wie es sich anfühlt«, murmelte sie. »Ich hatte vergessen, welchen Rausch es auslöst. Ich wünschte fast, du könntest es auch erleben!«
    Sie sah auf den Musikanten hinab, der vor ihr kniete, festgehalten von ihrem Bruder. Iretis Hand lag auf seiner Wange, sein Brustkorb hob und senkte sich hastig. Er war im Halbdunkel des Raums kaum zu sehen, zumal seine Haut noch

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