Goldmond
können, wie die Welt neu geschaffen wird. Wir werden die sein, die in Syths Namen die Welt regieren.«
»Hast du Tarind je wirklich geliebt oder liebtest du die Macht?«, fragte er leise und schloss die Augen, als ihre Hand zärtlich über seine Kehle strich.
Ireti erwiderte lächelnd seinen Blick und presste anschließend ihre Lippen auf sein Brustbein. »Lass uns darüber später reden«, wisperte sie. »Hast du die Meldung erhalten, die ich erwarte?«
Er holte Luft. »Noch nicht«, sagte er, wandte sich um und ging hinaus.
Ireti warf dem bewusstlosen Musikanten noch einen Blick zu, der von Bedauern sprach. Sie hatte nicht gelogen, als sie sagte, sie habe es anders gewünscht, und dachte einen Augenblick daran, wie es gewesen wäre, hätte sie mit ihm die Nebel der Leere betreten. Getragen von ihm, der wie sie diese Gabe beherrschte. Doch nun war es anders gekommen. Es geschah, was geschehen musste. Auch Ronan wusste das.
Feuchte Abendluft schlug ihr entgegen, als Ireti das Zelt verließ. Die Rote Stunde neigte sich dem Ende zu, Nebel stieg aus den Feldern und Gärten. Sie sah hinaus. Dunst war schon aufgekommen, als man den Musikanten in ihr Zelt gezerrt hatte, nun wallte er in immer dickeren Schwaden durchs Tal, und Ireti fragte sich unwillkürlich, ob die Nebel wirklich dichter waren als an den Abenden zuvor oder ob es die Erwartung des Kommenden war, das sie so wirken ließ.
Sie sah hinauf zum Eingang ins Heiligtum. Sie waren nicht weit entfernt; die gewaltigen Tore standen offen, dahinter schienSchwärze zu gähnen. Ireti schloss kurz die Augen. Es hätte Licht geben sollen. Feuer, Wind, Wasserspiele, die Erde hätte beben müssen angesichts der Tatsache, dass die neue Königin der Welt nun bald die Stufen zum Kloster der Tiefe hinaufsteigen würde.
»Wir können das Ritual beginnen«, sagte Iram in diese Gedanken hinein. »Sie werden gleich hier sein.«
Sie wirbelte in Vorfreude herum. »Man hat sie ins Allerheiligste gebracht? Und hast du den Dolch?«
»Ja. Ich werde sogleich dorthin gehen und alles Notwendige vorbereiten.«
»Ich danke dir, Bruder.« Sie warf Iram einen liebevollen Blick zu. »Du hast immer über mich gewacht« Sie beugte sich vor und berührte seine Wange mit ihren Lippen. Im Stillen dankte sie dem Schöpfergeist des Chaos dafür, dass er ihr mit ihrem Halbbruder einen Schutz an die Seite gegeben hatte.
Sie würde ihm das Vertrauen danken, das er ihr entgegenbrachte, gerade weil sie wusste, wie schwer es Iram manchmal fiel.
Ireti nickte ihm noch einmal zu und ging hinüber zu dem Schwarzsteinbecken, das neben einem niedrigen Altar stand, der genau nach Süden hin ausgerichtet war. Davor stand, auf einem weiteren Tisch, die Kugel aus Amethystopal, die die beiden menschlichen Schmiede ihr gemacht hatten. Sie nahm sie, schlug sie in ein Tuch ein und gab das Paket Iram in die Hand. Er nickte langsam, wandte sich um und verschwand.
Er würde nun tun, was in der geschaffenen Welt getan werden musste, um die Macht des Siegels zu erhalten, sodass sie es würde nutzen können.
Ihr blieb nur, das Gleiche auf der Jenseitigen Ebene zu tun.
Sie fiel vor ihrem kleinen Altar, der den gesamten Süden ihres ethandins ausfüllte, auf die Knie und betete. Die Zeit verging, doch die Gebete und Sprüche, die sie rezitierte, verrieten ihr, wann der Zeitpunkt gekommen war, das Ritual zu beginnen.
Sie warf eine Handvoll Kräuter in die Glut der Schwarzsteine. Rauch wallte auf und begann durch das Zelt zu ziehen.
»Ich glaubte, du wolltest mein Opfer nicht«, murmelte sie. Noch einmal schöpfte sie eine Handvoll Rauchwerk und warf es in die Glut. Wieder wallte intensiver Duft nach verbranntem Stein, nach Holz und Harz auf, breitete sich aus und betäubte für einen Moment ihre Sinne, bis sie sich fasste und begriff, dass die Macht, die sie erfüllte, nicht zulassen würde, dass sie das Bewusstsein verlor.
Sie schloss die Augen und begann zu singen.
Als sie in die Leere hinüberging, stockte ihr der Atem. Noch nie hatte sie die Jenseitigen Ebenen so gesehen.
Bisher waren die Ebenen der Leere für Ireti Landarias undeutlich gewesen. Sie, deren Gabe von der blauen Magie verwässert war, hatte hier nichts außer Nebel gesehen, gespürt und gefühlt. Er hatte sie umgeben und durchdrungen. Es war ihr schwergefallen, etwas darin zu finden, und sei es nur den eigenen Weg. Meist war sie an Ort und Stelle geblieben und hatte versucht, dem, den sie suchte, eine Gestalt zu geben und ihn zu sich zu rufen,
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