Goldmond
Schmied hätte wetten mögen, dass die Kraft des Bedauernswerten, der sie trug, beinahe völlig erloschen war.
Der General hatte sich auf einen gepolsterten Stuhl gesetzt. Er ließ Githalad nicht aus den Augen.
Der Schmied ging neben dem Unglücklichen in die Knie. Er hatte nur selten in seinem Leben bedauert, das Verarbeiten von Erzen und Metallen aus der Erde lediglich als Handwerk, nicht als etwas Magisches erlernt zu haben. Doch jetzt, als er den Gequälten so vor sich sah und erkannte, dass seine braune Haut leblos grau erschien, seine Haar strähnig war und das Feuer in ihm erloschen, wünschte er sich leidenschaftlich, er hätte mit der Magie, die er wie jeder Mensch in der Seele trug, so umgehen können, dass er es vermocht hätte, sie mit diesem Gefangenen zu teilen.
Kein Wesen hatte es verdient, so zu leiden.
»Nun? Ich denke, du kennst diesen Mann«, ergriff der General erneut das Wort. Seine Stimme klang auch weiterhin so gelassen und höflich, als habe er es nicht mit einem Sklaven, sondern einem Soldaten zu tun.
Githalad legte dem Mann die Hand aufs Gesicht. Auch wenn er nicht wusste, wie man die Magie der eigenen Seele auf einen anderen übertrug, so hoffte er doch, dass der Gefangene die Wärme spürte. Und tatsächlich, er hatte den Eindruck, dass sich die Wange des Erschöpften in seine Handfläche legte, so als wünsche sie mehr von der Wärme, die sie dort spürte.
Githalad schluckte seine Bitterkeit hinunter und antwortete. »Ja, ich kenne ihn«, sagte er mit rauer Stimme. »Es ist der Schmied Mojisola. Ich lernte ihn im kastron der Feste Bathkor kennen.«
Aus den Augenwinkeln sah er, dass der General beiläufig nickte. »Das dachte ich mir. Du wurdest oft mit ihm gesehen. Er ist einer der vier Dunkelmagier, die aus dem Lager flohen.«
»Warum zeigt Ihr mir, wie grausam Ihr zu sein vermögt?«, brach es aus Githalad heraus. »Als hätte ich das nicht schon oft genug gesehen! Kein Wesen verdient es, so zu leiden.«
»Mein Bruder ist keineswegs grausam«, erklang jetzt eine sanfte Stimme in Githalads Rücken. »Dieser Mann fühlt keine Schmerzen.«
»Welche größere Qual könnte es für ein Kind des Akusu –einen Schmied zumal – geben, als die, ihm alle Kraft und alles Feuer zu nehmen?«, widersprach Githalad.
Ein leises Lachen erklang. Es war nicht höhnisch oder spöttisch und klang gerade deshalb in Githalads Ohren umso bösartiger. Zudem war es nicht zuzuordnen, ob es von der Königin oder ihrem Bruder, dem General, kam. Es wurde still, das unheimliche Lachen verklang.
Dann raschelte es leise. Githalad wagte nicht aufzublicken. Er ließ Mojisola, der nach wie vor die Augen geschlossen hielt, nicht los, doch ihm wurde langsam bewusst, wie unverschämt seine Worte in den Ohren der Königin geklungen haben mussten. Mit Schrecken kam ihm in den Sinn, dass er sie auch wohl kaum angemessen begrüßt hatte.
Er räusperte sich und wollte sich gerade erheben, um bei der Herrin und ihrem Bruder um Vergebung zu bitten, da berührte etwas Kühles und Feuchtes seine Wange.
Githalad schauderte und zuckte zurück. Als er aufblickte, sah er einer blassen Frau ins Gesicht. Ihre dunklen Haare waren so lang und glatt, dass sie das schmale Gesicht anmutig umrahmten. Sie lächelte, doch Githalad hatte den Eindruck, dass das Lächeln ihre Augen nicht erreichte, die so dunkelblau waren, dass sie beinahe violett wirkten. Ihre Gestalt schien schmal und zierlich, doch genau war das in den knisternden Seidengewändern, die sie um sich geschlungen hatte, nicht zu sehen.
Als er zurückgezuckt war, hatte auch sie ihre Hand zurückgezogen, doch nun streckte sie sie wieder aus und legte die Fingerspitzen erneut an seine Wange.
»Ihr Menschen«, sagte sie leise. »Es ist bewundernswert, wie sehr ihr einander beisteht. Wie sehr ihr euch unterstützt. Dieser Mann hier tat nichts weiter, als einem anderen dabei zu helfen, sich gegen die Elben zu wehren. Er wäre sogar dafür gestorben, wenn wir ihn nicht gefunden und mitgenommen hätten.« Ihre Finger strichen erneut über Githalads Stirn und Wange, ganz leicht nur, doch waren sie dabei von einer so durchdringendenKälte, dass er glaubte, sie durchdrängen die Haut an seiner Schläfe und bohrten sich tiefer bis in sein Gehirn, ja, sogar in seine Gedanken. Er wollte zurückzucken, sich dem Griff entziehen, doch das mädchenhafte Gesicht der Königin sah ihn so unverwandt an, dass er den Blick nicht abwenden konnte. Der schwere Geruch von Nachtblumen stieg in
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