Goldmond
empfand er Neid. Denn die Geschöpfe waren lebendig und machten Vanar Freude, indem sie schätzten, was er sie lehrte und tun konnte. Doch die Dinge, die Akusu geschaffen hatte, überstrahlten die des Goldmonds, und so ging er hin und formte aus der roten Erde des Landes Entarat eine Gestalt, die aussah wie er selbst. Er nährte sie im Feuer und machte sie beständig, auf dass sie in Ländern leben und gedeihen könne, die Vanar vernachlässigte. Und Akusu hegte und pflegte seine Geschöpfe, sodass sie lebendiger wirkten als die aus Blättern, Wasser und Luft geschaffenen, und er unterwies sie in allen Gaben, die er selbst von den Schöpfergeistern erhalten hatte.«
Von den Gaben der Kinder des Akusu
Dritte Rolle der Schriften des Klosters der Weisen Zwölf
V orsichtig strich Githalad mit dem Finger über das Goldblech. Doch die Glyphe fiel noch nicht zu seiner Zufriedenheit aus. Er setzte das abgerundete Ende des Sickenhammers erneut an und klopfte die Rille am Ende weiter aus. Dabei summte er unwillkürlich eine Melodie, die er von Sinan in der Feste Bathkor gelernt hatte und die dem Werk Beständigkeit verleihen sollte. Es schien ihm, als schimmere das Gold im Licht der Roten Sonne noch ein wenig schöner. Doch er wagte nicht zu entscheiden, ob es an der Melodie lag, an der Tageszeit, die für diese Arbeit am angemessensten war oder einfach nur daran, dass er gute Arbeit verrichtet hatte.
Githalad wusste, dass er selbst nicht annähernd die Macht besaß, auch wirklich Magie in seine Arbeit zu weben. Diese Macht besaßen nur wenige. Sinan war einer davon, und es tat Githalad leid, dass es wohl gerade diese Macht gewesen war, die Sinan immer wieder gegen die Herrschaft der Elben hatte rebellieren lassen. Und nun war er wahrscheinlich tot.
Erneut strich Githalad mehr, als dass er hämmerte, über das Gold, mit dem er den Sarkophag des Königs der Elben verzierte. Wieder stimmte er die Melodie an, die Sinan ihn gelehrt hatte. Bedauern mischte sich in das Lied und ließ es in Githalads Herzen zu einer Klage über Sinans Tod werden.
»Heda, Schmied! Schweig!«
Der Eiselb, der diese Worte zu ihm herüberrief, kam mit schnellen Schritten näher heran. Er hatte die Schwerthand halb erhoben, als wolle er Githalad damit schlagen.
Githalad brach ab und warf dem Elb nur einen kurzen Blick zu, bevor er weiterhämmerte. Die Arbeit musste beendet werden. Morgen, bei Aufgang des Goldmonds, wollte die Königin die Riten zur Übergabe des Königs an die Elemente vollziehen. Dabei waren die Zeichen, Figuren und Glyphen, die ihn schmücken und die Reise der Seele Tarinds zu seinem Schöpfer begleiten und fördern sollten, noch nicht abgeschlossen.
Githalad selbst war hin- und hergerissen. Man hatte ihn geholt, um diese Arbeit zu tun. Nun, da sie morgen vollendet werden sollte, war der Zweck seines Aufenthalts hier erfüllt. Bertalan hatte um seine Rückkehr gebeten. Gerade in der königlichen Festung wurde ein kunstfertiger Handwerker wie Githalad gebraucht und konnte nicht lange entbehrt werden. Und Githalad hatte das Leben in der Feste zu schätzen gelernt. Es war zwar anstrengend, im Dienst der Elben zu leben, die von so viel größerer Kraft und Ausdauer waren als Menschen, doch man hatte in der Hauptstadt gelernt, Menschen ihre Arbeit tun zu lassen. Wer diese zur Zufriedenheit der Elbenherren erledigte, hatte keine Repressalien zu fürchten und konnte gut leben.
Githalad gehörte zu denen, die sich den Regeln fügten, die die elbischen Herrscher aufgestellt hatten. Und da seine eigene Magie begrenzt war, machte ihm nicht einmal das Halsband etwas aus, das jeder Sklave des Königs trug. Es war aus Gold und der weichen Rinde des Resatbaums gemacht und dämpfte die Magie der Elemente, die die Elben dunkel nannten – Feuer, Erde und die der Macht über die Nebel. In wem solche Magien stark waren, den quälte es. Für die anderen blieb die Rute. Und das Bewusstsein, ein Sklave zu sein.
Dennoch wäre Githalad anderen Tags gern wieder nach Bandothi zurückgekehrt. Zurück in die Sklaverei, hatte ihm einer seiner Mitgefangenen, ein Nomade aus Entarat, ihm gestern bei einem Gespräch nach der Abendsuppe vorgeworfen. Doch Githalad schämte sich nicht dafür, sich in den geregelten Tagesablauf und das verhältnismäßig angenehme Leben in der Hauptstadt zurückzuwünschen, zurück in seine Stube, die er über einer Taverne bezogen hatte, deren Wirtin ihm gefiel und die ihn an seine von Elben getötete Frau in Kharisar
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