Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
Idee: »Sagt bloß, dieses fette kleine Mistvieh hat sich in die ewigen Jagdgründe zu seinem Dackelmanitu verabschiedet?« Sogleich bereute er, was er gesagt hatte und schob schnell nach: »Keine Panik, war nur ein kleines, überflüssiges Späßlein zur Mittagszeit!«
Da keinem der Alten ein Wort über die Lippen kam, die Mutter nur verständnislos den Kopf schüttelte, bohrte er nach: »Was ist denn los mit euch?«
Keine Antwort.
»Los, Mutter, sag endlich, was los ist!«
Margot Tannenberg legte das Geschirrhandtuch beiseite und blickte in Richtung ihres Sohnes.
»Dein Vater will, dass ich unterschreibe …«
»Was sollst du unterschreiben?«, unterbrach Wolfram Tannenberg.
»Ich soll mich bereit erklären, die Sparbriefe zu verkaufen. Aber das will ich nicht!«
»Vater, warum willst du denn eure Sparbriefe verkaufen?«
Keine Antwort, nur ein grimmiges Brummen.
»Weil er mit dem Geld ganz riskante Sachen machen will!«
»Was für’n Quatsch! Weiber, haben doch überhaupt keine Ahnung von solchen finanziellen Dingen! Deine Mutter ist ja noch sturer als ein alter Holzbock!«, grollte der Senior, ohne von seiner Zeitung hoch zu schauen.
Zuerst wollte Tannenberg eine provokative Spritze setzen, entschloss sich dann allerdings angesichts der bedenklichen Stimmungslage zu einer Deeskalationsstrategie, wie man sein geplantes Verhalten in der kriminalistischen Fachsprache bezeichnet hätte.
»Vater, komm, sei nicht eingeschnappt! Ich denke, es ist besser, wenn ihr euer mühsam erspartes Geld auf der sicheren Seite liegen lasst.«
»Ist doch klar, dass mein Herr Sohn mal wieder seiner Mutter hilft. Genau wie umgekehrt. Ich bin doch bei euch beiden immer nur der Depp! Ihr haltet doch immer gegen mich zusammen! Aber der Heiner hat mir 5.000 Euro geliehen, und mit denen hab ich ganz tolle Midas -Fonds gekauft.«
»Was, du hast dir von Heiner Geld geliehen?«, fragte Margot Tannenberg entgeistert.
»Ja! Und damit mach ich ’nen Mordsgewinn! Die sind, seit dem ich sie gekauft hab, schon um 9% gestiegen. Also hab ich schon 450 Euro verdient – ohne einen Finger dafür krumm zu machen!«
»Wirklich, Jacob?«
»Ja. Das ist ganz einfach.«
Seine Frau überlegte einen Augenblick. »Aber ich will dein Wort. Du darfst nicht noch mehr Geld ausgeben. Und unsere Sparbriefe werden auch nicht verkauft!«
»Ja, du sollst halt deinen Willen haben!«, zeigte sich der Senior der Familie Tannenberg wieder versöhnlicher.
»Außerdem hat sich dein Vater vorhin über die Nachrichten im Radio aufgeregt. Als ob man sich über so was überhaupt aufregen müsste.«
»Was für Nachrichten denn, Mutter?«
»Die haben gesagt, dass das Saarland mit Rheinland-Pfalz zusammengelegt werden soll.«
Plötzlich kehrte noch mehr Leben in den alten Mann zurück. »Ich will diese Rucksackfranzosen nicht! Wir haben genug eigene Probleme! Die wollen sowieso bloß unser Geld haben! Genau, wie die aus der DDR!«
»Vater, du hast ja Recht! Aber ich hab gehört, dass jede pfälzische Familie einen Saarländer zugewiesen bekommen soll, den man dann als Küchenhelfer, Gärtner usw. einsetzen kann.«
»Was für’n Quatsch!«
»Ach, Gott Vater, mach dir doch keine Gedanken über ungelegte Eier. Das wird’s nie geben, weil die dann im Saarland ’ne Volksabstimmung machen würden. Und du glaubst doch nicht im Ernst, dass die zu uns wollen!«
»Hoffentlich wird da nix draus! Wie kommt denn eigentlich der Herr Hauptkommissar mit seinen ungelösten Mordfällen voran?«, fragte der alte Mann mit einem schelmischen Lächeln.
Durch diese Frage verflüchtigte sich Tannenbergs anfängliche Freude über das verbesserte Binnenklima zwischen seinen Eltern innerhalb von Sekundenbruchteilen. Die deprimierende Berufsrealität hatte ihn wieder eingeholt.
»Es gibt nichts Neues, wir kommen einfach nicht voran«, antwortete er traurig und nippte an seinem heißen Milchkaffee.
Sein Vater, der ansonsten von Natur aus nicht gerade üppig mit Sensibilität ausgestattet war, schien die angeschlagene Befindlichkeit seines Sohns intuitiv zu spüren. »Kennst du eigentlich die Sage von König Midas ?«
»Was? Die Sage von König Midas ? Nein.«
»Also dann pass mal auf! Da hatte bei den alten Griechen oder Ägyptern, oder was weiß ich wo, ein König einen Wunsch frei. Und weißt du, was er sich gewünscht hat?«
»Keine Ahnung!«
»Er hat sich gewünscht, dass alles, was er angreift, zu Gold werden soll! Und das hat dann auch geklappt: Alles, was er in die
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