Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
Frederik?«
»Doch, doch … natürlich«, stotterte der Rechtsanwalt.
»Und im Übrigen war die Besprechung, aus der Sie mich vorhin so bühnenreif herausgeholt haben, auch nicht sonderlich wichtig. Wenn ich ehrlich bin, war sie sogar todlangweilig. Da sollte ich Ihnen für die Unterbrechung sogar dankbar sein. Also, Herr Hauptkommissar, machen Sie sich mal keine Gedanken und geben Sie bei Ihren Ermittlungen jetzt wieder Vollgas; schließlich laufen da draußen in der Stadt noch zwei Mörder herum; beziehungsweise ein Doppelmörder! Die Angelegenheit wird selbstverständlich keinerlei Konsequenzen für Sie haben, jedenfalls nicht von unserer Seite aus. Also los, auf zu neuen Taten, meine Herren!«, spornte von Wandlitz die Kriminalbeamten an und verabschiedete sich, drehte sich aber kurz vor der Tür nochmals zu Tannenberg um. »Ich hätte da noch eine Bitte, die Sie mir erfüllen könnten – quasi als Wiedergutmachung.«
»Und die wäre?«
»Wenn Sie mir die Handschellen, die mir Ihr Kollege vorhin – übrigens auf eine ziemlich unsanfte Art und Weise – angelegt hat, spontan schenken würden, hätte ich wirklich nichts dagegen einzuwenden.«
»Komm, Michael, rück die Dinger raus!«
»Aber, Wolf, das kannst du doch nicht machen!«
»Natürlich kann ich das! Gib ihm jetzt endlich die Dinger!«
»Und die dazugehörigen Schlüssel bitte nicht vergessen!«, bemerkte der Professor lächelnd.
Nachdem der Unternehmenschef mitsamt seinem Firmenjustiziar das Kommissariat verlassen hatte, trommelte Tannenberg alle Mitarbeiter in seinem Büro zusammen. Nun bahnte sich der aufgestaute, bislang doch so erfolgreich gezähmte Ärger seinen Weg nach außen.
»So eine verfluchte Scheiße!«, schrie er plötzlich los, stürmte an die Pinnwand, riss mit abrupten, hektischen Bewegungen das Zugmodell mitsamt allen aufgehefteten Pappkärtchen von der hellbraunen Korkfläche. »Wir brauchen dieses alberne Zeug nicht mehr. Alles Blödsinn! Wir müssen völlig neu anfangen! – Los, Leute: Was haben wir bis jetzt an Fakten?«
»Wir haben die Mordwaffen: eine Bärenskulptur und eine Plastiktüte«, begann Kommissar Fouquet zögerlich.
»Stimmt nicht!«, korrigierte Tannenberg.
»Wieso?«
»Weil beim Pennermord noch eine zweite Mordwaffe im Spiel war: nämlich ein Armeegürtel … oder jedenfalls ein Gürtel, der so ähnlich aussehen muss. Mit diesem wurde, so sieht es zumindest die Rechtsmedizin, der Mann erdrosselt, während man ihm gleichzeitig die Plastiktüte über den Kopf gestülpt hatte.«
»Hast Recht!«, bestätigte Fouquet.
»Gut! Dann weiter! Was haben wir noch an Fakten?«, fragte der Leiter des K1, während er ein großes weißes Kartonblatt an die Korktafel pinnte und mit einem roten Edding zwei Kreise darauf malte, in die er die Namen der beiden Mordopfer schrieb.
»Na, du hast es ja gerade hingeschrieben: die Namen der beiden Toten«, bemerkte Schauß.
»Wir haben die Fingerabdrücke des wahrscheinlichen Mörders von Susanne Niebergall: einmal auf der Alarm-
anlage und dann noch den identischen auf dem Bären.«
»Richtig, Albert: des wahrscheinlichen Mörders! Wie sieht es mit Motiven aus?«
»Das Motiv für den Mord an dem Obdachlosen scheint mir ziemlich klar zu sein«, stellte Sabrina fest. »Da wollte jemand einen Erpresser loswerden.«
»Verdammt noch mal! Was würde ich dafür geben, wenn ich bloß wüsste, was dieser Penner gesehen hat! Und wen er mit seiner Beobachtung erpresst hat!«, warf Tannenberg ohne direkten Zusammenhang in die Runde. Dann ging er aber gleich auf die Bemerkung seiner jungen Kollegin ein. »Gut, Sabrina, das ist sicher nahe liegend. Sehe ich auch so! Aber Leute, was ist denn mit dem Tatmotiv für den ersten Mord?«
»Ja, Wolf, das ist eigentlich auch ziemlich klar. Die Tat-
ausführung lässt doch mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf einen emotionalen Hintergrund schließen, also auf eine Beziehungstat.«
»Und warum, lieber Michael, kann das nicht auch eine unglaublich geschickt inszenierte Finte sein, auf die wir alle hereingefallen sind? Vielleicht sollten wir uns gerade wegen der brutalen, scheinbar irrsinnigen Tatausführung genau auf diese Motivart einschießen. Was aber wäre, wenn hinter diesem Mord, der ja ein blindwütiger Amoklauf zu sein schien, statt des von uns bislang vermuteten blanken Hasses, ein ganz rationales, nüchternes Kalkül stecken würde?«
»Chef, Sie wollen bestimmt darauf hinaus, dass der Mörder uns die ganze Zeit an der Nase
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