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Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Titel: Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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mit der verkohlten Frau aufzubieten?«, fragte er seinen alten Freund, nachdem der andere Zug wieder verschwunden war.
    »Neuigkeiten? Es gibt nichts Neues!«
    »Wie, nichts Neues?«
    »Nichts, das über das hinausgeht, was du sowieso schon weißt.«
    »Aber hast du nach diesem Mordsspektakel mit der Melone vorhin im Hof nicht zu mir gesagt, du hättest noch wichtige Untersuchungsergebnisse für mich?«
    Dr. Schönthaler lachte. »Daran kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Alter Kumpel, das war doch nur der Köder, damit du verpennte Schnarchnase überhaupt den Hintern hochgekriegt hast. Dich muss man ja immer zu deinem Glück zwingen!«
    »Was bist du doch für ein elender Drecksack!«, stellte Tannenberg grinsend fest. »Wie hat mal einer gesagt: Wenn man solche Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr! Der Mann muss dich gekannt haben!«
    »Weißt du eigentlich, wie lang der Heiligenbergtunnel ist?«, schwenkte der Gerichtsmediziner zu einem anderen Themenbereich über.
    »Nicht genau. So irgendwas um die 1.000 Meter.«
    »Exakt 1.326 Meter! Sei froh, dass wir nicht gewettet haben!«
    »Woher weißt du denn das?«
    »Hab ich gerade auf dem Schild am Tunneleingang gelesen. Es hat eben manchmal auch seine Vorteile, wenn man nicht in Fahrtrichtung sitzt!«
    Inzwischen war der Zug in Hochspeyer eingefahren und mit Hilfe seiner laut quietschenden Bremsanlage zum Stillstand gekommen.
    Eine mit zwei kleineren, braunen Koffern bepackte ältere Frau setzte sich zu ihnen.
    »Wissen Sie zufällig, wie viele Tunnel es zwischen Kaiserslautern und Neustadt gibt?«, stürzte sich der Pathologe gleich auf die verbiestert wirkende Alte.
    »Nee«, war alles, was sie anscheinend zu diesem Thema beitragen wollte oder konnte.
    »Da hinten, da vorne, da steht ein Tunnel – wenn man reinfährt wird es dunkel – wenn man rausfährt wird’s hell – Holladihia, holladiho«, intonierte plötzlich Dr. Schönthaler, während er der neben ihm sitzenden Frau unter den linken Arm griff und mit ihr zu schunkeln beginnen wollte.
    Mit großen Augen und weit geöffnetem Mund riss sie sich sofort los, schnappte ihr Reisegepäck und verließ fluchtartig ihren Sitzplatz.
    »30«, sagte Tannenberg plötzlich laut vor sich hin und rief damit bei seinem Begleiter grenzenloses Unverständnis hervor.
    »Was ist denn los mit dir? Warum schreist du ›30‹? Ein Verrückter reicht doch wohl in diesem Abteil, oder?«
    »30.«
    »An deiner Stelle würde ich deinen Intelligenzquotienten nicht so laut hier rumposaunen, das ist ja peinlich! Also, was soll das mit dieser Zahl?«
    »Ganz einfach: Ich hab eben gerade ausgerechnet, dass es höchstens noch 30 Kilometer bis zur Landespsychiatrie in Klingenmünster sein können«, löste der altgediente Kripobeamte das Zahlenrätsel auf.
    Der Rest der Zugreise ging vor dem Hintergrund dieser verbalen Entgleisungen weniger spektakulär – um nicht zu sagen: regelrecht gesittet – über die Bühne. Während Dr. Schönthaler sich in seine FAZ am Sonntag vertiefte, las Tannenberg in der graphisch sehr auffällig gestaltete Infobroschüre der Bundesbahn, die er vorhin bei der Abfahrt auf den leeren Sitz neben sich gelegt hatte, oder er blickte gedankenversunken aus dem Fenster.
    »Sag mal, hast du eigentlich unsere Wette vergessen?«, fragte plötzlich Dr. Schönthaler.
    »Wieso?«
    »Ja, weil du dir während der Fahrt gar keine Notizen gemacht hast. Ich hab jedenfalls, immer, wenn es draußen dunkel geworden ist, einen Strich gemacht. – Und wie viele Striche hab ich gemacht?«
    »Keine Ahnung! – Sag’s halt!«
    Der Pathologe hielt ihm demonstrativ die Zeitung entgegen, auf deren Titelblatt am Rand zwölf dünne Kugelschreiberstriche angebracht waren.
    »Es sind genau zwölf Tunnel zwischen Kaiserslautern und Neustadt. Und was hast du geschätzt?«
    »Du brauchst meinen Zettel gar nicht erst rauszuholen. Ich war mir nämlich ziemlich sicher, dass es nur fünf sind. Weil ich blöderweise die kurzen Tunnel vergessen hab.«
    »Also bei mir steht ›9‹«, entgegnete Rainer Schönthaler stolz und zeigte Tannenberg seinen auseinander gefalteten Zettel. »Dafür spendier ich uns aber auch das Taxi vom Landauer Bahnhof zum Festplatz«, ergänzte er großzügig.
     
    Als es draußen zu dämmern begann, saßen die beiden Freunde im gut besuchten, wohltemperierten Weinzelt, hatten bereits den zweiten Schoppen Federweißer geleert und machten sich gerade gierig über die dritte Portion Zwiebelkuchen her,

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