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Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Titel: Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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oder?«
    »Doch! Dann gibt’s nämlich einen nahezu gigantischen Rabatt, den wir dann auf alle Mitreisenden umlegen können! Außerdem buchen wir jetzt für eine Woche im Voraus – das bringt zusätzliche 40%!«
    »Und was nutzt uns das, wenn wir heute fahren wollen? Bist du jetzt völlig durchgedreht? Komm, jetzt kauf endlich zwei Fahrkarten!«
    »Gut, dann liefern wir uns eben dem Herrn hier bedingungslos aus und bezahlen ohne zu Murren den Preis, den er von uns haben will«, gab sich der Rechtsmediziner vordergründig geschlagen und drückte seinem Freund das rote Heftchen in die Hand. Allerdings konnte er es sich nicht verkneifen, seinen Abgang mit einer kritischen Bemerkung an die Adresse des sichtlich überforderten Bahnbediensteten zu untermalen: »Obwohl ich einfach das Gefühl nicht loswerde, dass der gute Mann hier selbst nicht durchblickt.«
    Als der einlaufende InterRegio endlich zur Ruhe gekommen war, drängte sich Tannenberg gleich als erster an den herausquellenden Menschenmassen vorbei in das Großraumabteil und schaffte es sogar, für sich und seinen Begleiter einen der heißbegehrten Fensterplätze zu ergattern. Als ob es sich dabei um das Selbstverständlichste auf der Welt handelte, nahm er, ohne auch nur einen Gedanken an eine andere Möglichkeit zu verschwenden, für seine Person das Recht in Anspruch, sich in Fahrtrichtung zu platzieren.
    Selbst nachdem der Zug sich in Bewegung gesetzt hatte und sich nun ruckelnd über die vielen Weichen der verästelten Gleisanlage bewegte, wollte Dr. Schönthaler noch immer keine Ruhe geben. »Weißt du, was das Schlimmste an diesem neuen Tarifmodell ist?«
    Tannenberg reagierte nicht.
    »Das Schlimmste daran ist, dass die Bahnmitarbeiter das neue Kostensystem selbst nicht verstehen. Ist ja auch kein Wunder, dass die so begriffsstutzig sind. Schließlich waren sie jahrzehntelang hinter Panzerglas eingesperrt. Und nun sind sie privatisiert – und kommen mit der schwierigen Welt außerhalb ihres sterilen Glaskäfigs nicht zurecht.«
    »Jetzt lass aber mal gut sein. Was willst du denn? Wir haben doch unsere Fahrkarten«, bemerkte Tannenberg unwirsch.
    »Okay, wenn der Herr sein Geld zum Fenster hinauszuwerfen gedenkt. Weißt du was, eigentlich könntest du dann ja auch die Fahrkarten bezahlen!«, meinte der Gerichtsmediziner angesäuert.
    »Von mir aus.«
    »Aber ich hab ’ne viel bessere Idee: Wir zocken um die gesamten Kosten unseres gemeinsamen Kulturtrips: Fahrt, Essen und Trinken. Ja?«
    »Ja, können wir machen. Und wie gedenkt der Herr das auszuspielen? Ein Schachbrett hat ja wohl keiner von uns dabei, oder?«
    »Nein, leider nicht! Aber ich hab ’ne ganz einfache Wettaufgabe, mit der wir den Sponsor unseres Ausflugs ermitteln können: Wir raten, durch wie viele Tunnel der Zug bis Neustadt fahren wird. Danach gibt’s ja keine mehr.«
    »Keine schlechte Idee!«
    »Also ich schwöre, dass ich es nicht weiß!«
    Tannenberg überlegte kurz, ob er bei diesem Spiel wirklich mitmachen sollte. Aber da er sich wegen der vielen Bahnfahrten nach Heidelberg gute Chancen ausrechnete, die richtige Anzahl zu erraten, gab er siegessicher sein Einverständnis: »Ich weiß es auch nicht. Aber wir können ja schätzen.«
    Dr. Schönthaler zog einen kleinen Notizblock aus seiner Jacke, schrieb eine Zahl auf die obere Hälfte der ersten leeren Seite, riss diese heraus, halbierte sie, faltete den von ihm beschrifteten Teil zusammen und steckte ihn in die Tasche. Dann übergab er seinem Gegenüber die andere Hälfte nebst seinem goldenen Kugelschreiber, schaute demonstrativ aus dem leicht beschlagenen Fenster und steckte anschließend das von Tannenberg bekritzelte und mehrfach gefaltete Papierstückchen in die andere Manteltasche.
    »Da kommt ja schon die Nummer eins: der Heiligenbergtunnel. Das …«
    Die weiteren Worte des Pathologen konnte man nicht mehr verstehen, weil ein anderer Zug mit einem Höllenlärm genau in dem Augenblick den InterRegio passierte, als dieser in den Tunnel einfuhr.
    Tannenberg zuckte erschrocken zusammen und schaute reflexartig in Richtung des markanten Pfeifgeräuschs. Seine übermüdeten Augen bekamen hinter den leicht verschmutzten Scheiben ein eindrucksvolles Wechselspiel von grellem Licht und dunklen Karosseriefetzen dargeboten. Diese merkwürdige Mixtour aus hell flackerndem Lichtschein und enormem Lärmpegel wirkte auf ihn wie ein Aufputschmittel.
    »Rainer, sag mal, was hast du denn nun eigentlich noch für Neuigkeiten in der Sache

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