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Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Titel: Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Besuch abstattete, erbat sich der Vertreter des kriminalistischen Fußvolks die Handynummer des Herrn Professor Dr. Siegfried von Wandlitz, um ihn am nächsten Morgen zu einer intensiven Befragung ins Kommissariat zu beordern. Und zwar gänzlich ohne Dienerschaft!
     
    Als Kommissar Fouquet seinen Chef vor dessen Haustür in der Beethovenstraße absetzte, lief dieser seinen Eltern direkt in die Arme. Da die beiden Alten ihre Ausgehuniformen trugen, und Tannenberg sich daraufhin den aktuellen Wochentag in Erinnerung rief, wusste er natürlich sofort, warum sie sich so in Schale geworfen hatten: Sie machten sich wie an jedem Montagabend auf zum gemeinsamen Besuch des sogenannten Altenabends im städtischen Seniorenzentrum in der Parkstraße. Die Mutter, um für einen wohltätigen Weihnachtsbasar zu basteln, und der Senior, um bei einigen Bierchen mit seinen Altersgenossen Karten zu spielen, oder besser gesagt, um ihnen ein paar Euros abzunehmen.
    Die Vorfreude darauf versetzte Vater Tannenberg stets in Hochstimmung: »Du, Wolfram, ich hab noch was für dich rausgekriegt. Dieses Internet ist ja wirklich ein Teufelsding, da ist alles drin, was man wissen will. Man muss es nur finden.«
    Einem alten Ritual folgend wartete der Alte nun auf die interessierten Nachfragen seines Sohnes.
    »Und, was hast du rausgekriegt?«, spielte Tannenberg, der so schnell wie möglich in seine Wohnung wollte, den ihm zugedachten Part.
    »Na zum Beispiel, dass diese von Wandlitz zwar ein altes, aber inzwischen völlig verarmtes mecklenburgisches Adelsgeschlecht sind. Interessant, oder?«
    »Es geht! Hab ich mir sowieso schon gedacht«, sagte Tannenberg eher beiläufig und zwängte sich, so schnell es mit seinem lädierten Körper eben möglich war, an seiner Mutter vorbei durch den Türrahmen ins Treppenhaus, wo er sogleich heiseres Hundekläffen vernahm.
    »Halt’s Maul, du blöder Köter«, fasste er seine aufkeimenden Aggressionen in Worte und trat zur Untermauerung seiner tiefsitzenden Aversion gegen überfütterte, kleine Dackel mit seinem linken Fuß an die elterliche Wohnungstür – eine Affekthandlung, die natürlich nicht unbedingt dazu geeignet war, die angespannte Situation grundlegend zu deeskalieren, wie es so schön im Polizeijargon hieß.
    Tannenberg hatte sich gerade abgeschlafft in seinen Lieblingssessel fallen lassen, als das Telefon läutete. Am anderen Ende der Leitung meldete sich sein besorgter Bruder Heiner, der, obwohl er ja nur zehn Meter Luftlinie von ihm entfernt im anderen Haus wohnte, oft aus purer Bequemlichkeit zum Hörer griff. Er lud ihn zum Abendessen ein. Tobias und Marieke seien auch da, und Betty würde sich ebenfalls sehr freuen, wenn er kommen würde.
    Spätestens die Erwähnung des Namens seiner Schwägerin empfand er als derart abschreckend, dass er es doch lieber vorzog, sein Abendmahl auf eine Dose Feuertopf zu beschränken, die er für solche Notfälle immer in der kleinen Speisekammer neben der Gästetoilette bereithielt. Dies hatte gegenüber dem gemeinsamen Essen mit der Familie seines Bruders zwei entscheidende Vorteile: Zum einen hatte er seine Ruhe, und zum anderen kontrollierte niemand seinen Weinkonsum, den er aus medizinischen Gründen als zwingend erforderliches, schmerzlinderndes Narkoseverfahren fest in die Planung des heutigen Abends einbezogen hatte.
    Nach zwei großen Tellern reichlich mit der Pfeffermühle berieselten Bohneneintopfs und der ersten Flasche Montepulciano d’Abruzzo fühlte er sich schon bedeutend besser: Die Schmerzen hatten insgesamt etwas nachgelassen; und wenn er sich nicht bewegte, spürte er kurzzeitig überhaupt keine Beeinträchtigungen mehr. Sogar sein Kopfweh war wie weggeblasen. Seine recht depressive emotionale Befindlichkeit verbesserte sich mit jedem Schluck Rotwein, der seine Kehle passierte.
    Irgendwann legte er sogar seine aktuelle Lieblings-CD auf. Es handelte sich dabei um einen Sampler, den ihm sein Neffe Tobias vor einigen Monaten zusammengestellt hatte und der einen Querschnitt durch seine Lieblingsmusik enthielt. Darunter waren Titel von Joe Cocker, Eric Clapton, Deep Purple, Led Zepplin – und als letztes Stück ›Angie‹ von den Stones.
    Er schloss die Augen und sang bis zum Schluss mit: »But Angie, Angie, ain’t it good to be alive.«
    Das kann man wohl der armen Susanne Niebergall nicht mehr sagen, dachte er voller Mitleid für die arme Frau, die man zuerst brutal erschlagen und dann auch noch bis zur völligen Unkenntlichkeit

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