Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
was?«
»Fußspuren.«
»Fußspuren?«
»Ja. Und zwar führen die von dem, direkt vor dem Hintereingang befindlichen Parkplatz die Böschung hoch in den Wald bis zu einem breiten Wanderweg, auf dem aber leider keine verwertbaren Fußabdrücke mehr zu erkennen sind. Schuhgröße 43, glatte Sohle, wahrscheinlich aus Leder, kaum abgelaufen. Die müssen aber natürlich nicht zum Täter gehören, sondern können selbstverständlich auch von irgendjemand anderem stammen. Jedenfalls waren das ziemlich teure Schuhe.«
»Wieso? Woher willst du denn das schon wieder wissen?«
»Ganz einfach. Auf der Sohle befindet sich ein Armani-Emblem.«
»Sag mal, Karl, gibt’s in Kaiserslautern überhaupt ein Geschäft, wo man solche exklusiven Designer-Schuhe kaufen kann?«
»Keine Ahnung«
»Da haben wir ja auch schon eine Arbeit für den Kollegen Schauß: Da kümmerst du dich gleich nachher mal drum! – Und du Sabrina rufst mal alle Taxiunternehmen an, ob sie zur fraglichen Zeit Fahrgäste zur Firma FIT.net oder von dort weg transportiert haben. Und versuch auch mal die Busfahrer ausfindig zu machen, die auf dieser Strecke am Samstagabend Dienst hatten. Der Kerl muss doch aufgefallen sein. Der war doch bestimmt mit Blut bespritzt. Und vor allem muss der doch unheimlich nach Benzin gestunken haben. Karl, sag mir noch mal, wofür FIT.net die Abkürzung ist!«
»Finanz-Informations-Technologie«, antwortete Mertel mit lang auseinander gezogenen Worten. »Oder auf Englisch: financial …«
»Schon gut, du alter Angeber!« Tannenberg schaute nachdenklich an die Decke. »Wisst ihr was: Am nächsten Samstag um die Tatzeit herum verteilen wir dort oben Flugblätter. Vielleicht hat ja irgendjemand was mitgekriegt. – Wo stecken denn eigentlich der Geiger und der Fouquet?«
»Die sind wahrscheinlich noch immer bei meinen Kollegen im Reihenhaus der Toten und schauen sich dort um«, entgegnete der Chef der kriminaltechnischen Abteilung.
»Und wieso bist du dann hier?«
»Weil ich noch was im Labor zu erledigen hatte. Ist das erlaubt, werter Herr Kollege?«
»Natürlich, Karl, entschuldige. Wir müssten noch unbedingt die Mitarbeiter dieser Firma befragen.«
»Hab ich schon gemacht: Gestern war ich bei einigen Leuten zu Hause und heute Morgen in der Firma. Während du auf dem Weinfest versumpft bist …«, entgegnete Michael Schauß mit einem respektlosen Unterton, den Tannenberg sogleich mit dickem Rotstift auf dem Minuskonto seines Kollegen vermerkte.
»Respekt, Herr Kommissar! Und was hast du für wahnsinnige Ergebnisse ans Tageslicht befördert?«
»Na zum Beispiel, dass es in dieser Firma für unseren Mordfall eine sehr interessante persönliche Verbindung gibt«, begann Schauß nebulös, konnte seinen Überraschungscoup allerdings nicht landen, da ihm sein Vorgesetzter ganz schnell die Butter vom Brot nahm.
»Hatte unser sauberer Herr Professor etwa ein Verhältnis mit der Toten?«
»Ja …, woher weißt du das denn …? Ich hab das doch gerade vorhin erst erfahren … und noch mit niemandem bisher darüber gesprochen«, stotterte der junge Kommissar verblüfft.
»Daran siehst du mal, dass wirklich qualifizierte Kriminalbeamte sogar ermitteln, wenn sie im Festzelt sitzen und Federweißen trinken.« Plötzlich spürte Tannenberg, wie sich alles in ihm verkrampfte und sein gebrochener Arm eine Schmerzattacke in Richtung seines Gehirns schickte, so als wolle der gesamte Körper gegen diesen Begriff rebellieren. »Pfui Teufel! Nie mehr trink ich dieses schreckliche Zeug!« Er schüttelte sich. »Egal. Jedenfalls wissen wir nun von dem Verhältnis der beiden. Und was meinen die in der Firma dazu? Das war ja anscheinend kein großes Geheimnis, oder?«
»Nein. Die sind auch ganz offen damit umgegangen. Die Frau vom Professor zum Beispiel scheint das ganz locker gesehen zu haben. Die soll auch einen Lover haben, mit dem sie sogar bei Firmenfeiern aufgetaucht ist.«
»Interessante Leute! – Wisst ihr übrigens den richtigen Namen unseres werten Herrn Professors? Er heißt nämlich nicht von Wandlitz, sondern …?
Allseitiges, verblüfftes Schweigen.
»Der gute Mann heißt eigentlich Siegfried Kretschmer«, setzte Wolfram Tannenberg den Fangschuss, mit dem er seinen schier unglaublichen Informationsvorsprung dokumentierte.
Während ihn seine völlig verdutzten Mitarbeiter mit allen möglichen Fragen bombardierten, blieb er äußerlich betont gelassen, zupfte scheinbar gelangweilt an seiner Armschlinge herum, blickte aus dem
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